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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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stärker auf. Es war, als ob eine Stimme aus einem wächsernen Gesicht spräche. Der Eindruck auf die Geschworenen war offensichtlich.
    Der Staatsanwalt befragte seine Zeugin.
    »Missis Mac Lean, Sie befanden sich während der fraglichen Vorgänge im Haus, aber Sie bemühten sich selbstverständlich, so viel wie nur irgend möglich von dem wahrzunehmen, was vorging.«
    »Ja. Ich hatte die Vorhänge ausnahmsweise aufgezogen, obwohl ich mich damit auch als Ziel freigab.«
    »Sie haben vor allem das Verhalten Ihres Gatten in der gefährlichen Situation genau beobachtet.«
    »Ja.«
    »Bitte schildern Sie, wie er sich verhielt.«
    »Da auf der King-Ranch Bewaffnete standen, zum Angriff bereit, wollte er sich und seine Familie schützen. Die Cowboys waren weit fort auf der Weide, also hing alles an ihm. Mein Sohn George war nie so entschlossen, wie es mein Mann gewesen ist. Er hatte die Waffe weggeworfen, als sich nach Jerome Patton auch noch Byron Bighorn uns näherte und Joe King ihm Feuerschutz gab. Mein Mann hatte Deckung hinter einer Bodenwelle genommen. Als er sah, daß er auch von George keine Unterstützung mehr haben würde, wollte er sich ins Haus zurückziehen. Er machte uns Zeichen, die uns von seiner Absicht unterrichteten. Als er seinen Platz verließ, um zurückzukommen, verfolgte Joe mit dem Gewehrlauf alle seine vermutlichen Bewegungen, und als sich mein Mann einen Augenblick eine Blöße gab, erschoß er ihn. Aus reiner Mordlust.«
    »Das alles haben Sie so genau beobachten können, daß Sie es beschwören?«
    »Ja.«
    Die Spannung bei den Geschworenen löste sich.
    Alles schien klar. Durch diese Aussage war der Schuldspruch vorweggenommen. Lucie hatte den Kopf gesenkt und malte auf dem Papier.
    Der Angeklagte Joe King schien unberührt von dem, was vorging. Leroy erhielt die Erlaubnis, seinerseits Fragen an die Zeugin zu stellen.
    »Nur einige Ergänzungen, Missis Mac Lean«, begann er sehr höflich. »Sie standen bei der halbgeöffneten Tür hinter Ihrem Sohn George, als Sie das Verhalten Ihres Gatten beobachteten?«
    »Ja.«
    »Und von wo aus haben Sie Joe King gesehen?«
    »Ich verstehe nicht.«
    Mrs. Mac Lean wurde aus einem dunklen Verdacht heraus abweisend gegen den Fragesteller.
    »Einfacher. Sie haben Joe King gesehen, der das Gewehr angelegt und auf Ihren Gatten abgedrückt hat, als dieser sich zurückziehen wollte?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und von wo aus haben Sie Joe King gesehen? Sie standen im Haus hinter Ihrem Sohn George und konnten von da aus Ihren Gatten beobachten. Aber Sie konnten unmöglich um die Ecke schauen und Joe King wahrnehmen. Joe King haben Sie offenbar von einem anderen Standplatz aus beobachtet.«
    Mrs. Mac Lean hatte die Falle deutlicher erkannt und sich gefaßt.
    »Von meinem Standplatz aus konnte ich nicht nur durch die Tür, sondern auch nach links durch das Fenster in der Seitenwand schauen. In dieser Richtung nahm ich Joe King wahr.«
    »Ah, gut. Können Sie bitte beschreiben, was Sie von King wahrgenommen haben? Ein so erfahrener Schütze wird doch wohl ebenso wie Ihr Gatte in Deckung gegangen sein?«
    »Natürlich. Bei seinen Wagen.«
    »Alle anderen Zeugen haben ausgesagt, hinter seiner Appalousa-Stute.«
    »Man läßt ja eher einen Wagen beschädigen als eine Zuchtstute erschießen.«
    »Das ist einleuchtend, Missis Mac Lean. Also bei den Wagen. Wir müssen noch klären, warum die anderen Zeugen etwas anderes aussagen; auch Ihr Sohn George hat im ersten Verfahren immer von Joe hinter dem Pferd gesprochen. Aber vielleicht ist das nicht so erheblich, wie es zunächst scheint. Ich stelle die Frage zurück. Ihr Gatte hat Ihnen Zeichen gegeben?«
    »Ja.« Mrs. Mac Lean glaubte offenbar, eine Klippe umschifft zu haben. Sie war noch abweisend gegen Leroy, aber eher in der ruhigen Haltung eines Siegers als in der aufgeregten eines Bedrängten.
    »Ihr Sohn George hat in seinem Verfahren ausgesagt, daß sein Vater, hinter der Bodenwelle liegend, ihm ein Zeichen gegeben habe, auf Jerome Patton zu schießen. Er habe geschossen, Jerome sei gefallen, darauf habe er sein Gewehr, für die Leute auf der King-Ranch sichtbar, weggeworfen, um einen unmittelbaren Racheakt von dort zu verhindern, und habe Sie sowie seine Frau Ann in das Haus zurückgedrängt und die Tür zugezogen. Sie haben das damals unter Eid bestätigt.«
    »Ja.«
    »Von wo aus haben Sie also King beobachtet, als er auf Ihren Gatten anlegte?«
    »Das sagte ich Ihnen schon. Durch das Seitenfenster.«
    »Ja. Durch

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