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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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charakteristisch, daß Mahan auf Krause nicht zählte.
    Eve Bilkins wurde in ihrer Erregung ebenso rot wie Mac Lean. Havermans Gesicht hatte sich durch die Furcht vor weiteren unangenehmen Sachen ins Weißgelbe verfärbt. Mac Lean senior, keinen Widerspruch gewohnt und voll traditionellen Hochmuts, fühlte seine Nerven reißen. Er wollte Mahan anpacken. Da ihm Miss Bilkins dabei im Wege stand, schob er sie unsanft beiseite. Sie stolperte dabei über eines der hervorstehenden, in harter Erde verwurzelten Grasbüschel. Krause und Kate Carson fingen sie auf.
    »Mac Lean!« rief Krause zornig.
    Frau Haverman schrie auf.
    Mac Lean aber hatte Raum gewonnen. Er war breitschultrig und schwer, nicht ganz so groß wie Mahan. Nach gewohnter Manier wollte er seinen Gegner lächerlich machen, indem er ihn an den Hüften hochhob und zur Seite stellte; er packte ihn an. Mahan reagierte unmittelbar, nicht durch eine Überlegung vermittelt, für die ihm auch keine Zeit geblieben wäre. Er war kein achtjähriger Junge mehr, den man prügeln, brennen, halb ersticken konnte. Er war ein Mann. An dem Indian Center in Chicago hatte es Unterricht in Karate gegeben; er war darin geübt. Der moralische Widerstand war in seiner Psyche durch tausend jahrelang gehegte Wunschträume programmiert, der körperlich-technische durch das Training. Sein rechter Arm war durch die Schußverletzung und eine Zerrung zwar kaum zu gebrauchen. Er verfügte nur über seine Beine und den linken Arm. Aber das genügte. Er stieß einen abgehackten Kampfschrei aus.
    Mac Lean, auf die Art der Gegenwehr nicht gefaßt, flog im Bogen ins Gras und prallte hart auf, denn der Schwung war kräftig, sein Gewicht schwer und der ausgedörrte Boden fest wie Stein.
    Ein paar kurze Jubelrufe klangen bei den jungen indianischen Zuschauern auf. Über Oisedas Züge glitt ein rasch wieder schwindendes Aufleuchten.
    Mac Lean junior sprang herbei, nicht, um es mit Mahan aufzunehmen, sondern um seinem Vater aufzuhelfen. Aber der Vater knurrte und winkte dem Sohn mit einer unwirschen Kopfbewegung ab. Mit einiger Mühe kam er wieder auf die Beine.
    »Das büßt du mir noch! Ihr alle werdet von uns hören, rotes Pack!«
    Ohne irgend jemanden zu grüßen oder auch nur anzusehen, ging er zu dem Mercury. Sein Sohn lief ihm nach, stieg mit ihm zusammen ein und setzte sich neben ihn auf die Rücksitze. »Fahren wir alle«, sagte Kate Carson. »Hier kann nichts mehr besser, sondern nur noch etwas schlimmer werden.« Sie berührte Eve vorsichtig am Arm, und als diese es duldete, hängte sie sich ein und führte die vor Erregung zitternde Dezernentin zum Mercury.
    Haverman und Frau folgten.
    Als alle zu dem Mercury gehörenden Besucher im Wagen saßen und Kate Carson startete, sagte Haverman vernehmlich und seufzend: »Er ist eben Kings Doppelgänger, und die Schwierigkeiten verdoppeln sich.«
     
    Des Nachmittags, als der Mercury die Agentursiedlung erreichte, lud das Ehepaar Haverman nicht nur Eve Bilkins und Kate Carson, sondern auch die beiden Mac Leans zu einem Imbiß ein.
    Vater und Sohn wollten in der Agentursiedlung George Mac Lean erwarten, der zur Kingsley-Ranch gefahren war, um über die Büffel zu verhandeln.
    Der Aperitif, den Haverman einschenkte, beruhigte zunächst die Gemüter. Es gab Schinken und pikanten Salat. Die als Haushalthilfe angestellte Gärtnersfrau tischte auf. Die Suche nach einem ablenkenden Thema verlief ergebnislos. »Was soll denn nun werden?« fragte Kate Carson schließlich, gewohnt, der Katze die Schelle anzuhängen. »Werden Sie Anzeige erstatten, Mister Mac Lean?«
    Mac Lean schaute Kate Carson überrascht und ziemlich lange an.
    »Ja, allerdings, Sie haben begriffen, Missis Carson. Ich zeige den Burschen wegen tätlichen Angriffs auf einen reservationsangehörigen Weißen an. Das wird streng bestraft. Drei Jahre sind ihm sicher. Und Zeugen habe ich übergenug.«
    In Eve Bilkins überstürzten sich düstere Zukunftsbilder. Der Erzieher, dem sie drei Jahre College-Stipendium verschafft und den sie empfohlen hatte – trotz eines umgeschriebenen Gutachtens – zum Glück umgeschriebenen Gutachtens – immerhin empfohlen hatte – vor Gericht – drei Jahre – sie selbst als Zeugin – Rektor Snider als Zuhörer im Raum – Mister Carrs Hohn gegen die unerfahrene Dezernentin!
    Sie wußte selbst nicht, wie es kam, daß sie zu sprechen anfing; ihr Gehirn hatte unversehens ihrer Zunge einen solchen Befehl erteilt. »Sie werden unter anderen eine Zeugin haben,

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