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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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gestrickten Pullover, in dem ihre jungen Formen sichtbar waren. Ihre Haut atmete, und ihre Augen waren der Morgen.
    Hugh Wasescha begriff.
    Sie glaubte, daß er um ihretwillen zurückgekommen sei. Er konnte sie in die Arme nehmen und küssen; es war der Augenblick, in dem sie ihm ihre Liebe nicht verweigern würde. Aber die Erinnerungen des vergangenen Abends standen zwischen ihr und ihm.
    Darum lächelte er nur und sagte unvermittelt:
    »Komm! Wir gehen alle zusammen auf die King-Ranch. Mutter Hetkala und Iliff nehmen wir auch mit. Gerald wird Cowboy bei Stonehorn King.«
    Tatokala schien von alledem nichts zu hören als das »Wir gehen zusammen«. Ihr Gesicht glühte vom belebten Kreislauf ihres Blutes; sie sprang auf den Apfelschimmel, der schneller war als der Braune, und preschte los.
    Hugh schwang sich auf den Braunen und folgte, so rasch sein Tier es vermochte.
    Bei der Blockhütte glitt Tatokala vom galoppierenden Pferd; das ledige Tier fiel in Schritt und kam zu Hughs Braunem heran. Das Mädchen lachte und eilte zu Hetkala, die ihr weniges Hab und Gut schon zusammengepackt hatte. Das schwerste Gewicht hatten die große alte lederne Zeltplane, der büffellederne Rock des verstorbenen Mannes und zwei Lederdecken. Die Zeltstangen wurden in der Blockhütte verstaut, das Haus verschlossen.
    Hugh nahm Iliff in einer Wolldecke auf den Arm. Alles andere packten das Eichhörnchen und die Antilope den beiden Pferden auf, die die beiden Frauen bis zum Parkplatz führten. Dort wurden die schweren Pakete in den Wagen übernommen. Tatokala bestieg den Apfelschimmel, Hetkala den Braunen; das Mädchen winkte noch einmal zurück zu dem Autofahrer, der auf der ersten nicht sehr wegsamen Strecke den Pferden an Schnelligkeit unterlegen war.
    Auf der Straße änderte sich das. Hugh fuhr voran, die beiden Pferde und ihre Reiterinnen blieben weit zurück.
    Während Wasescha den Wagen mit leichter Hand lenkte, gestand sein Gefühl sich ein, daß es von der Frische und Hitze von Tatokalas Empfinden berührt und geweckt war. Aber in allen Frauen, die ihn nicht gleichgültig ließen, erschienen ihm zugleich Ikagiya und eine Nacht, die unerwartet und überwältigend, ein Lichtwunder inmitten der vollkommenen Trostlosigkeit zweier junger Menschen gewesen war. Der Wunsch, die, die er seine Frau nannte, wieder zu umarmen, stand mit Heftigkeit in ihm auf und zerriß alle Decken der Geduld und des Schweigens vor sich selbst. In seinem Ohr schwang ihre Stimme, ihre Hände legten sich um seine Schultern. Seine Nerven wurden heiß und unruhig wie Luft über dem Feuer.
    Alle seine Leiden, sein Haß und seine Hoffnung flossen mit seinem Traum zusammen, den er körperlich empfand. Die Worte, die er am Prärieabend zu Inya-he-yukan gesprochen hatte, hatten ihn selbst in Besitz genommen.
    Was waren sechs Winter und Sommer des Nichts-voneinander-Wissens? Ein verwehtes Gras. Die Wurzel war nicht verdorrt. Hugh Wasescha hielt sich weit entfernt von dem Gedanken, daß er eine Tote oder eine ihm für immer Verlorene wiederfinden könnte.
    Er hielt an, wartete und schaute in den windigen Tag hinein, bis die beiden Frauen mit den Pferden ihn einholten. Miteinander zog die kleine Karawane in das Tal der Weißen Felsen.
    Die Ankunft auf der King-Ranch ging nicht wie eine Begegnung Fremder vor sich, es war wie eine Heimkehr.
    Die drei kleinsten Kinder standen aus dem Gras auf und sahen, daß ihre Mutter Queenie Tashina wahr gesprochen hatte, wie sie es auch nicht anders erwarteten.
    Wakiya-knaskiya, der als krankes Kind Tashinas Großmutter besonders vertraut hatte, schaute Mutter Hetkala Ena-ina-yin zurückhaltend, prüfend an, und als er in ihren Augen die Stille eines langen Verzichts und die Liebe entdeckt hatte, die nichts mehr für sich selbst erwartete, sagte er: »Untschida!« Hetkala legte den Arm um seine Schultern.
    Hanska ging zum Ärger Jeromes Tatokala nicht von den Fersen. Er wollte wissen, ob dieses Mädchen etwa ein Reiterkunststück mehr gelernt hatte als er selbst.
    Iliff schloß Freundschaft mit Mutter Tashina. Sie trug heute ihr weißes Kleid, und sie erschien ihm schön wie die Rose, die zu Beginn des Sommers an den Bachufern der Prärie blüht. Er konnte sich nicht satt sehen an ihr, und er war nicht der einzige, der den Zauber spürte. Gerald und Jerome begannen in die Zukunft zu phantasieren, in der sie Dinge tun würden, für die Frau Tashina sie ohne Worte bewunderte.
    Joe Inya-he-yukan lächelte in sich hinein. Er hatte

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