Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Morgenstern leuchtete kräftig. Über das Gras strich der Wind; dünne Zweige der Kiefern rührten sich. Die Hunde schnüffelten schon. Aus den Kleintierställen kamen die ersten Geräusche. Pferde, die sich im Gras gelagert hatten, standen auf.
    Die vier zogen sich wieder an und nahmen die Hüte auf den Kopf. Joe, Gerald und Hanska trugen heute keine Festtagskleider, sondern die Bluejeans und abgetragene Hemden. Sie wollten zu den Herden reiten und erst abends zurückkehren. Als sie zu den Pferden kamen, hatten Tashina und Oiseda die Satteltaschen schon mit dem nötigen Proviant gefüllt. Die drei schwangen sich auf und ritten los.
    Mahan ging zu seinem Wagen hinunter, ließ den Motor an und begann seine Fahrt. Unwillkürlich schaute er noch einmal zu dem Haus der Mac Leans hinauf, das wie tot in dem grauen Morgen lag. Es rührte sich dort noch nichts. Nur das Pferd hatte schon begonnen zu grasen.
    Mahan konnte fahren, wie er wollte. Außer dem seinen war kein Wagen auf der einsamen Präriestraße. Er gelangte verhältnismäßig schnell zu der Abzweigung und am hellen Morgen zu seinem Prärie-Parkplatz, der jetzt schon durch Rad- und Bremsspuren gekennzeichnet war. Er stellte seinen Wagen sorgfältig wie immer ab, steckte die Papiere in die Innentasche seiner Jacke und begann den Fußmarsch mit einigen Variationen, die ihn als Kindheitserinnerungen lockten.
    Mutter Hetkala saß bei Iliff auf der Wiese, als Hugh überraschend auftauchte. Er trat zu den beiden heran und freute sich, daß sie damit beschäftigt waren, das Bilderbuch zu betrachten, das er Iliff mitgebracht hatte. Es war die Geschichte des Indianerjungen Two Feet, der sich immer ein Pony gewünscht hatte und endlich in der Prärie eines fand, das ein Bein verletzt hatte und darum nicht recht laufen konnte. Two Feet pflegte das Pony, und als es gesund war, trug es Two Feet auf seinem Rücken, wohin immer er wollte. Eine weiße Frau hatte die Geschichte erzählt, ein Weißer hatte die bunten Bilder gemalt, aber es war eine indianische Geschichte: einander helfen. Hugh setzte sich zu Hetkala und Iliff; der Junge las ihm die je zwei Zeilen vor, die jedem Bild beigegeben waren. Er tat es ohne Mühe, sagte auch auf englisch noch einiges dazu, was er sich selbst gedacht hatte. Hugh atmete auf. Diesen Buben wollte er in einem Schuljahr ein so gutes Stück Wegs voranbringen, daß er dann in die zweite oder vielleicht sogar in die dritte Klasse seinem Alter entsprechend aufgenommen werden konnte. Die King-Kinder würden ihm bei den Schularbeiten helfen, besser als Mutter Hetkala allein, der es schwerfiel, ein englisches Wort zu lesen. Die Schule, in die sie gegangen war, hatte nur einen Raum und in diesem drei Klassen gehabt.
    Hugh fragte nicht nach Tatokala, aber Iliff erzählte ihm, daß sie mit den beiden Pferden fortgeritten sei. So blieb Ruhe und Zeit, Mutter Hetkala von der King-Ranch, von den vielen Kindern dort, von Gerald und von den Feinden auf der Mac Lean-Ranch zu erzählen.
    Sie hörte sich alles schweigend an, dann fragte sie: »Was hast du mir nun zu sagen, Wasescha?«
    Er trug seine Bitte vor.
    Hetkala Inayin runzelte die Falten langen Kummers tiefer und dachte nach. Endlich stimmte sie zu.
    »Den Winter über. Für die Kinder und für Gerald. Ja. Ich komme mit. Wir sollten bald fahren, aber Tatokala wird vielleicht erst zurückkehren, wenn die Sonne schon sinkt.«
    »Ich suche sie.«
    Hugh holte sich eine Handvoll Beeren; er wußte, wo Hetkalas Vorratstopf stand. Dann eilte er zu dem Platz, wo die Pferde des Nachts angekoppelt waren, und folgte von da aus der Spur, die nicht schwer zu finden war. Das Mädchen war im Galopp geritten und hatte das zweite Pferd mitlaufen lassen, ohne es zu führen. Der Boden war von den Hufen aufgeschlagen; in Sandstrecken hatte sich die Fährte tief eingeprägt. Sie war so leicht zu erkennen, daß Hugh ihr im Dauerlauf folgen konnte.
    Die Pferde waren in Trab gefallen, und die Reiterin hatte keine bestimmte Richtung mehr gehalten. Sie hatte die Pferde laufen lassen, geradeaus, in Bogen und Kreis, Galopp und Trab wechselnd. Die Spur führte zurück zu dem versumpften Brunnenloch.
    Hugh verlangsamte seine Gangart und ging endlich nur noch im Schritt. Er hatte die Pferde entdeckt, die nicht weit von dem Sumpfloch weideten; das Gras war hier saftiger als anderswo. Als er die Pferde erreicht hatte, stand auch Tatokala-Taga vor ihm. Sie trug Bluejeans, die eng an ihre schmalen Hüften anschlossen, und einen blauen

Weitere Kostenlose Bücher