Welt Der Elben (1-3)
dagegen, weiter zu reden. Am liebsten hätte er dem fremden Mädchen, das sich übermächtig und ungefragt in sein Leben, seine Gedanken und sogar seine Träume geschlichen hatte, überhaupt nichts erzählt.
Nie träumte er. Und dann hatte er ausgerechnet von ihr geträumt.
Was für ein furchtbarer Traum!
Er war an einem Felsen abgerutscht, und sie hatte ihm die Hand gereicht. Doch er konnte es nicht zulassen, dass sie mit ihm abstürzte. Also ließ er los. Als er dann in die Tiefe fiel, hatte er eine merkwürdige Erleichterung verspürt.
Schweißnass war er erwacht. Stundenlang hatte er wach gelegen, weil ihm der Traum so real vorgekommen war. Schlimmer noch: Er hatte seinen eigenen Tod gesehen. So realistisch – so wahr. Das war seine Zukunft. Das musste sie sein. Und sie hatte mit ihr zu tun. Sie würde nie mehr aus seinem Leben verschwinden. Bis zu seinem Tod ...
Noch einmal hatte er fast denselben Traum gehabt. Doch war er da nicht mehr so fassungslos, und er konnte es zulassen, dass der Traum weiter ging – über den Tod hinaus.
Er stürzte. Und dann war er endlich angekommen. Irgendwo im unerreichbaren Traumzeit-Aionland – das Land, das auf jeder Aion-Karte ganz oben eingezeichnet ist, obwohl es kein reales Land ist. Und da hatte er die Geschichten der Weisen zum ersten Mal begriffen, die Geschichten vom Land der Ahnen – gebaut auf Gedanken, Träumen und den Gefühlen zweier Götter:
Aion und Tellus.
Die Verschmelzung von Raum und Zeit.
Er hatte gespürt, dass er nicht alleine war.
Aion, der Gott der Zeit und Tellus, die Göttin des Bodens und des Lebens – beide waren da gewesen.
Es hätte ein feierlicher Moment sein können. Aber die Götter waren nicht so, wie er erwartet hatte. Nein, ganz und gar nicht. Irgendetwas an ihrem Verhalten war merkwürdig. Gewundert hatten sie sich über sein Erscheinen. Gestört hatten sie sich gefühlt.
Dann war er endlich aufgewacht aus dem Albtraum.
Moryn war müde und sein Hals trocken. Es gab kein Entrinnen. Sie saß immer noch vor ihm. Für einen Moment hatte er den Faden verloren. Von Pakal wollte er erzählen. Er überlegte und streckte seine langen Beine aus.
»Da wäre noch etwas! Als sich 683, im Alter von 80 Jahren, Pakals Tod abzeichnete, ließ er als Grabstätte den Tempel der Inschriften bauen. Du erinnerst dich?«
Sicher erinnerte sie sich. Sie hing doch förmlich an Zalyms Lippen, als er davon erzählte. Als ob mir das entgangen wäre.
Moryn blickte auf die weißen Knöchel seiner Faust. Er durfte sich keine Emotionen erlauben. Gefühle waren nur etwas für Schwache. »Der Tempel der Inschriften ist bei uns der Rückzugsort für die sterbenden Elben, wo oben die Göttin Sefyra die Seele in Empfang nimmt.«
Heather nickte. Er meinte ihre Gedanken lesen zu können. Was gehen mich eure Tempel an? Es ärgerte ihn, dass es ihm etwas ausmachte, was sie über ihn dachte.
»Und ihr glaubt, ich bin eine Ururur… Enkelin?«
»Könnte sein. Würde jedenfalls manches erklären.«
Heather schüttelte den Kopf. »Aber ich heiße doch Wakal. Und der König hieß Pakal.«
»Das hat nichts zu sagen.«
»Wieso?«
»Man schrieb Pakal , sprach den König aber mit Wakal an. Damit drückte man seine Achtung vor ihm aus. Denn er hatte eine enge Verbindung zu den Elben. Das W ist ein Doppelzeichen wie bei uns.«
Moryn erkannte sich selbst nicht wieder, jetzt klang er schon wie Zalym. »Wer den Namen mit W aussprach, respektierte damit beide Welten, die der Menschen und die der Elben. So drückte man seine Sympathie aus.«
»Und wie kam dann das gesprochene W in das geschriebene Wort?«
»So, wie es tausendfach geschieht. Pakal wird einen Sohn gehabt haben – alle Könige müssen Söhne haben, um die Blutlinie zu erhalten. Das wurde von ihm verlangt, trotz … ach, dazu später. Der Sohn hatte auch wieder einen Sohn … und so weiter … Dann kamen die Spanier, eroberten das Land. Weitere Generationen später hat ein Pakal eine spanischstämmige Mexikanerin geheiratet. Die kriegte Heimweh. Sie sind zurück nach Spanien. Und wahrscheinlich hat sich jemand von der Einwanderungsbehörde gedacht, wenn es schon Wakal ausgesprochen wird, dann kann ich auch Wakal schreiben. Peng, war es passiert. Aus Pakal wurde Wakal. Ein Nachfahre hat dann eine hübsche Nordländerin geheiratet und zog mit ihr in ihre Heimat. Die kriegten auch wieder einen Sohn. Und als Letzter kam dein Vater.«
Für einen Moment war Moryn erleichtert, er hatte es geschafft, ihr das
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