Welt Der Elben (1-3)
dich zu mir.«
Sie streckte ihr die Hände entgegen. »Meine Schwester hat dir eine große Bürde aufgeladen!«
Heather hockte sich auf die Kante des Sitzes und nickte. Das kann man wohl sagen. Bei uns würde das niemand tun. Nein, in ihrem Herzen wusste sie, dass es nicht stimmte. Auf unserem Planeten verlangten manche bösartigen Menschen noch ganz andere Sachen von Kindern.
»Du weißt, warum du hier bist?«
»Vielleicht.« Sie senkte den Blick. Hatte Moryn ihr wirklich die Wahrheit erzählt? Und wieviel wusste Maya?
Maya lächelte, aber ihre Augen wirkten traurig. »Ich habe die Ahnenpriesterin Lyla aufgesucht und sie hat ihr Orakel befragt. Denn natürlich ist es ungewöhnlich, dass du zu uns gefunden hast, und dass dir das Schicksal eine so große Aufgabe zugewiesen hat.«
Die Priesterin machte eine Pause bevor sie weiter sprach. »Du bist eine direkte Nachfahrin des großen Königs Pakal!«
Stimmt es also doch. »Ich hatte es geahnt.«
»Woher?«
»Ich hatte einen Traum. Moryn hat ihn mir erklärt.«
»Moryn? Der schlaksige junge Mann mit den schwarzen Haaren?«
»Ja.«
»Gut!« Maya schwieg einen Moment. »Du weißt, was das bedeutet?«
Sie zögerte. Was sollte sie antworten? Sie schüttelte den Kopf.
»Du bist eine Pakal, du bist aus seinem Blut. In dir stecken seine Kraft, seine Weisheit, Güte und Führungsstärke.«
»Ich … so cool bin ich nicht«, wehrte Heather ab und hob die Hände. In den letzten Tagen hatten die Elben mehrmals ihre Überlegenheit gezeigt und auf sie herab geblickt. Jetzt sollten auf einmal in einem Menschen derartige Fähigkeiten stecken? Das konnte nicht sein.
»Finde einen Zugang zu deinen inneren Stärken! Sie schlummern alle in dir. Vertrau mir, Heather!«
Maya griff nach den Enden des Gürtels und betrachtete die Kristalle. »Behalte das Lebensband bitte! Dein Weg ist noch nicht zu Ende.«
»Ich … ich kann das alles nicht, was ihr von mir verlangt.«
»Oh doch. Wenn einer das Begonnene beenden und das Böse aufhalten kann, dann du.«
»Ich wäre mir da nicht so sicher.«
»Warum zweifelst du an dir?«
»Na, ich bin …«
»Du bist eine Pakal. Alles, was du brauchst, steckt in dir. Das bedeutet nicht, dass wir die Verantwortung auf dich abwälzen. Ich werde Vorsorgemaßnahmen treffen. Sollte meine Schwester sich opfern müssen, dann brauchen wir einen Nachfolger. Wind, Temperatur und Wasser müssen in der Balance bleiben. Kommt es zum Ungleichgewicht zwischen den Welten, dann gibt es eine Katastrophe. Der Orkan war erst der Anfang.«
Maya seufzte. »Mein ältester Sohn Maarloy wird bald die Priesterzeremonie empfangen. Ich stecke bereits mitten in den Vorbereitungen. Für die Balance ist es wichtig, dass immer zwei Priester im Amt sind. Mayas Lücke müssen wir so schnell wie möglich schließen.«
»Und was muss ich tun?«
»Heather, das kann ich dir nicht sagen. Lass mich erzählen, was geschah. Mein Sohn, Maarloy, verschwand plötzlich vor drei Wochen aus seiner Schlafkammer. Ein Wächter wurde brutal ermordet. Wir haben den Mörder und Entführer in unseren Reihen vermutet und abgewartet. Aber nichts geschah. Mein Sohn blieb verschwunden.« Mayas Augen verdunkelten sich. »Als meine Schwester davon erfuhr, kam sie sofort hierher.«
Mayas Gesicht verriet, dass sie aufgewühlt war. Sie senkte ihre Stimme. »Dann hat meine Schwester in Palenque verhandelt. Irgendetwas muss dort passiert sein. Denn wohin meine Schwester danach aufgebrochen ist, das hat sie geheim gehalten. Sie sagte, sie dürfe mir ihren Aufenthaltsort nicht bekannt geben. Aber ich habe natürlich Kontakte. Maya ist zur Stunde entweder in Berlin oder in Frankfurt.«
Heather sah, wie die Priesterin eine Hand um die Armlehne krallte, so fest, dass die Haut auf dem Handrücken spannte. Sie ließ los und legte die Hand schlaff in den Schoß. Ihr Gesicht wirkte plötzlich müde. Es zeigte das Antlitz einer Mutter, die sich um ihren Sohn sorgte.
»Mein Sohn ist seit vorgestern wieder frei und auf dem Weg hierher. Meine Schwester muss mit ihren Verhandlungen Erfolg gehabt haben. Heute, am späten Nachmittag, trifft mein Sohn im Palast ein. Vielleicht erfahren wir dann mehr.«
Am Eingang zur Halle bimmelte ein leises Glöckchen. Die Flügeltür öffnete sich. Zwei Wächter mit Speeren säumten den Rahmen. Olvyn stellte sich in den Durchgang.
»Ich muss mich entschuldigen, aber wichtige Termine stehen an.« Maya erhob sich und stieg vom Thron herab. Heather folgte. Als sie sich kurz
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