Welt Der Elben (1-3)
und übergab ihm auch die zusammengefalteten Papiere aus dem Büro in Berlin. »Pass gut darauf auf!«
Zalym nickte.
Endlich drehte Moryn sich zu den Mädchen um.
»Wann?«, rief Zalym ihm leise hinterher.
Moryn blieb stehen und überlegte. Er drehte sich noch einmal um und hob die Hand. »Drei Stunden. Gib uns drei Stunden!«
Schließlich liefen die Vier über den Rasenplatz zur Villa.
Mit Hilfe des Steinschiebers verschwanden sie an einer Seite des Gemäuers und kamen im vorderen Kellerraum heraus. Sie nahmen einen Weg, der nach Moryns Einschätzung unterhalb der Eingangshalle liegen musste. Er überlegte und beschloss, den kürzesten Weg zu den weiter hinten gelegenen Kellerräumen zu nehmen.
Dorthin, wo niemand ein Schreien hören würde.
Die Kellerräume waren verwinkelter und zahlreicher, als er angenommen hatte. Das Gebäude schien nicht nur komplett unterkellert, sondern darüber hinaus weitere Gruften unterhalb des Grundstücks zu haben. Die Gänge und Türen, manche aus Eisen, andere aus Holz, nahmen kein Ende.
An einer Kreuzung blieb Moryn stehen. »So hat das keinen Sinn. Wir teilen uns auf!«, entschied er. »Wir gehen so lange in eine Richtung, bis es nicht mehr weiter geht oder wir Maya gefunden haben. Dann befreien wir sie, kommen hierher zurück und treffen uns wieder hier, gegenüber dieser Treppe.«
Er tippte gegen die Hemdtasche, in die er sein Handy gesteckt hatte.
»Hat zufällig noch jemand ein Telefon dabei?«
Die Mädchen schüttelten wie nicht anders erwartet den Kopf.
»Das weißt du doch. Nur Zalym. Und der ist draußen«, flüsterte Tessya. Sie wirkte genervt.
Doch Moryn blieb ruhig. »Ja, der braucht das auch. Im Notfall muss ich ihn anrufen können.«
»Wer geht mit wem?«, fragte Kynka und trat von einem Bein aufs andere.
»Ich geh mit Heather!«, sagte er und machte einen Schritt auf sie zu.
»Moryn. Wieso?«, fragte Kynka. Sie schien überrascht und klimperte mit ihren langen Wimpern. »Ich könnte auch ein bisschen Schutz gebrauchen. Nichts gegen dich Tessya, aber…«
»Nein Kynka!«, unterbrach Moryn. »Heather ist als Trägerin des Silbernen Bandes am meisten gefährdet. Du weißt doch: Nur sie kann es beenden.« Er packte Heather fest an den Schultern und schob sie vor sich her. »Wir treffen uns später hier!«, sagte er, ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, und bog mit ihr rechts ab.
58 Kalte Keller
H eather hätte keine Chance gehabt, zu protestieren, so bestimmend hatte Moryn einen Arm um ihre Schulter gelegt und sie von den anderen fortgeschoben. Für den Moment begrüßte sie sogar seine Entschlusskraft. Sie hingegen fühlte sich unsicher. War sie nicht ein lumpiger Eindringling? Eine schnöde Einbrecherin? Ihr Herz klopfte wie wild vor Angst. Was ist, wenn uns jemand entdeckt? Hoffentlich weißt du, was du tust, du arroganter Sturkopf!, dachte sie. Ich verlass mich auf dich.
Im Keller roch es muffig und feucht. Sie stoppten an der ersten Tür im Gang. Heather drückte vorsichtig die Klinke und spähte in den Raum. Drei gefüllte Weinregale standen an der hinteren Wand. Sie spürte Moryn hinter sich. Er berührte ihren Rücken, als er über sie hinweg spähte. Ihr fiel auf, wie ruhig er atmete. Das gab ihr ein sicheres Gefühl. Sie musste auch ruhiger werden. Und vor allem klarer denken.
»Weiter!«, flüsterte er.
Die zweite Tür hatte nur ein paar Holzstäbe. Dahinter stapelten sich verstaubtes Gerümpel und alter Hausrat.
»Hallo?«, rief Heather leise hinein. Stille.
Die dritte Tür war verschlossen, hatte aber oben eine kleine Luke. Moryn schob die Klappe beiseite und sah in den Raum. »Auch leer.«
Die nächste Tür war wieder unverschlossen. Dahinter befand sich ein Kellergewölbe mit alten Schränken und Kisten. Fahles Mondlicht fiel durch einen Schacht hinein. Oder brannte im Hof eine Laterne?
Müde setzte Heather sich auf eine Kiste und überlegte, während Moryn die Schränke und Kisten kontrollierte. Vielleicht war Maya da irgendwo drin – gefesselt und geknebelt.
Ausgerechnet jetzt fiel ihr erneut ein, worüber sie schon eine Weile nachdenken wollte. Die weinende Tante und der Vater hatten sich über Anselm von Rittershausen unterhalten. Ihr Vater hatte damals gesagt, dass dieser Mann nicht würdig sei, einen Adelsnamen zu tragen. Und die Tante hatte darauf etwas geantwortet.
Was war das bloß, was sie gesagt hatte?
In einer Ecke scharrte etwas und riss Heather aus den Gedanken. Moryn hob eine alte Tür zur Seite. Eine
Weitere Kostenlose Bücher