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Welt im Fels

Welt im Fels

Titel: Welt im Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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Giftzähne zum Zuschlagen entblößt. Er verjagte sie, indem er sie mit Wasser bespritzte. Dann brach er sich einen dürren Ast ab für den Fall, daß er noch mehr dieser tödlichen Reptilien begegnete.
    Dann lag Sonnenschein vor ihm und ein schmaler Streifen Wasser zwischen den Bäumen und den übereinandergetürmten Felsblöcken. Er stieg auf einen großen Felsen und genoß die Sonne.
    Aufgedunsene schwarze Gebilde, so lang wie ein Finger, hingen an seinem Körper. Blutegel! Jeder einzelne mußte vorsichtig abgelöst werden, und als er das getan hatte, war sein Körper mit kleinen Wunden bedeckt. Nachdem er das Blut und die Blutegelreste abgewaschen hatte, betrachtete er die Felsenbarriere, die sich vor ihm auftürmte.
    Er würde nie imstande sein, die Wand zu übersteigen. Sie wurde aus riesigen Felsblöcken gebildet, manche so groß wie der Tempel, einige hingen über und wurden von noch größeren überragt. Wenn er einen von ihnen überwinden konnte, würde der nächste vor ihm liegen. Trotzdem mußte er es versuchen, wenn sich nicht in Höhe der Wasseroberfläche ein Ausweg finden ließ. Während er sich das überlegte, hörte er ein Freudengeheul und sah einen Priester auf einem nur etwa hundert Meter entfernten Felsblock stehen. Er hörte Rufe und Planschen im Sumpf und stürzte sich zurück ins Wasser, um unter den Bäumen Schutz zu suchen.
    Es wurde ein schrecklich langer Tag. Chimal wurde von seinen Verfolgern nicht gefunden, aber oft hatten sie ihn eingekreist, ohne daß sie ahnten, daß er sich zwischen ihnen befand. Spät am Nachmittag war er völlig erschöpft und wußte, daß er nicht mehr länger durchhalten konnte. Ein Schrei und laute Rufe retteten ihm das Leben – auf Kosten eines der Verfolger. Er war anscheinend von einer Wasserschlange gebissen worden, und der Unfall entmutigte die anderen. Chimal hörte, wie sie sich aus dem Sumpf zurückzogen, aber er blieb noch eine Zeitlang in seinem Versteck unter einem herunterhängenden Ast.
    »Chimal!« rief eine Stimme in der Ferne, dann wieder: »Chimal! Du kannst nicht entkommen. Gib auf und komm heraus …«
    Chimal duckte sich tiefer ins Wasser und antwortete nicht.
    Als der Himmel sich verdunkelte, arbeitete er sich vorsichtig wieder zum Rand des Sumpfes vor.
    Er mußte in Ufernähe für einige Zeit ohnmächtig geworden sein, denn als er seine schmerzenden Augenlider wieder öffnete, sah er, daß der Himmel dunkel war und die Sterne glitzerten.
    In diesem Augenblick hörte er von weit links, aus der Richtung des Flusses, ein böses Zischen.
    Coatlicue!
    Er lag vor Angst gelähmt auf dem Bauch und starrte in die Dunkelheit, als er plötzlich ein Knirschen auf Kies und rennende Füße auf dem trockenen Grund hörte. Sein erster Gedanke war, daß es Coatlicue sein mußte, aber dann erkannte er, daß sich jemand in der Nähe zwischen den Felsblöcken versteckt gehabt hatte. Wer immer es war, er hatte Coatlicue auch gehört und rannte um sein Leben.
    Das Zischen kam wieder, diesmal erheblich näher.
    Da er wußte, daß am Ufer Leute auf der Lauer lagen, schob er sich ins Wasser zurück. Langsam, ohne ein Geräusch zu machen, watete er hinein, bis das Wasser ihm an die Hüften reichte.
    Und dann tauchte Coatlicue über dem Hügel auf, beide Köpfe auf ihn gerichtet und laut und zornig zischend, während das Sternenlicht auf ihren ausgestreckten Scheren schimmerte.
    Chimal konnte seinem Tod nicht ins Auge sehen, er war zu schrecklich. Er holte tief Luft, tauchte unter und schwamm mit aller Kraft unter der Wasseroberfläche davon.
    Als er es nicht mehr aushalten konnte, hob er langsam den Kopf aus dem Wasser und sah zum leeren Ufer hinüber. Von weit oben am Fluß hörte er undeutlich ein schwaches Zischen.
    Lange stand Chimal ganz benommen da, während ihm das Wasser übers Gesicht rann, und versuchte zu begreifen, was eben geschehen war. Coatlicue war weg. Sie war gekommen, um ihn zu holen, und er hatte sich unter Wasser versteckt. Sie hatte ihn nicht gefunden und aufgegeben!
    Was konnte das bedeuten? Er stieg aus dem Wasser und legte sich auf den Sand, der noch warm von der Sonne war. Dann dachte er angestrengt darüber nach. Er war anders als die andern, er hatte das immer gewußt. Er hatte merkwürdige Dinge gesehen, und die Götter hatten ihn nicht niedergeschlagen – und jetzt war er Coatlicue entkommen. Hatte er einen Gott überlistet? Das war nicht zu glauben, aber auch nicht zu bestreiten.
    Dann schlief er, ruhelos, schreckte immer wieder

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