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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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zu treten. Doch in seinem Kopf war es still geblieben, nur die dumpfen Geräusche seiner eigenen düsteren Gedanken hatte er vernehmen können. Daher war es besser, alle Hoffnung fahren zu lassen und sich damit abzufinden: Ewen war verloren, würde nie wieder erwachen. Doch konnte er sich nicht der Trauer hingeben, erst musste er seine Aufgabe vollenden, für Martul und für Ewen.
    Es war Mittag, als er die Quelle entdeckte. Hätte sein Instinkt ihn nicht geleitet, die schwachen Nebel, die aus ihr aufstiegen, hätten ein Auffinden kaum möglich gemacht. Er brauchte fast bis zum Einbruch der Dunkelheit, um die Kraft der Quelle zu erneuern. Aber an diesem Tag wäre er ohnehin nicht mehr vorangekommen. Er wusste nicht, wohin er sich nun wenden sollte. Bisher war es klar gewesen, doch es gab keine Anhaltspunkte, wo sich die fünfte Quelle befand. Wenn er sich nur mit Ewen beraten könnte. Vielleicht sollte er erst mal in das Dorf an der Rogmündung zurückkehren?
     

    Jahr 3638 Mond 2 Tag 15
    Rogmündung, Martul
    Zehn Tage war es nun her, dass es ihr gelungen war, die Augen zu öffnen. Seitdem war es stetig aufwärtsgegangen. Sie konnte inzwischen sowohl ihren Kopf drehen als auch Arme und Beine bewegen. Je mehr Fortschritte sie machte, desto schneller vollzog sich der Prozess ihrer Genesung. Erst gestern war es ihr gelungen, sich selbstständig auf die Seite zu drehen. Malinca hatte zunächst irritiert reagiert, doch nun unterstützte sie Ewen in ihren Bestrebungen. Da Ewen noch nicht mit ihr sprechen konnte, hatte sie erst überlegt, ob sie ihre Gabe zur Kommunikation einsetzen sollte, hatte sich dann aber dagegen entschieden. Weder wollte sie Malinca erschrecken noch allzu viel von ihren Fähigkeiten enthüllen. Also blieb ihr vorerst nur die Kommunikation mit Händen und Blicken. Ihre Pflegerin stellte viele Fragen. Glücklicherweise wusste Ewen, was Btol den Dorfbewohnern erzählt hatte. So konnte sie sich nicht in Widerspruch zu seiner Geschichte begeben.
    Neben ihren Bestrebungen, ihren Körper wieder vollständig unter Kontrolle zu bekommen, hatte sie auch weiter an ihrer Gabe gefeilt. Sie fühlte sich jetzt stark genug, um einen Versuch zu unternehmen, Kontakt zu Btols Geist herzustellen. Sie wollte wissen, wo er sich befand und ob es ihm gut ging. Angesichts ihrer Erfahrungen an der Nebelquelle machte sie sich große Sorgen um ihn.
    Anfangs schien es, als bestätigten sich ihre Vorahnungen. Es gelang ihr nicht, Kontakt zu ihm herzustellen. Doch sie gab nicht auf. Sie rief sich ins Gedächtnis, wie es sich angefühlt hatte, mit Btol verbunden zu sein. Sie streckte ihre Sinne in alle Richtungen aus. Dann spürte sie ein schwaches Echo. Sorgfältig verstärkte sie das schwache Band. Zuerst setzten die Geräusche ein, dann die Bilder. Sie sah Schnee. Er war in den Bergen, mehr vermochte sie jedoch anhand der Eindrücke nicht festzustellen. Mehr Informationen konnte sie nur erlangen, wenn sie in der Lage war, mit ihm zu kommunizieren. 'Ich bin es, Btol. Kannst du mich hören?'
    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Seine Gedanken sandten ihr eindeutige Signale. 'Ewen? Geht es dir gut?'
    'Noch nicht gut, aber es wird jeden Tag besser. Wo bist du?'
    'Ich bin vor sieben Tagen von der vierten Quelle an der östlichen Küste aufgebrochen. Ich will die Berge überqueren, um zu dir zu kommen.'
    Sie spürte, wie sehr sie die Verbindung anstrengte, daher schickte sie noch eine letzte Nachricht. 'Pass auf dich auf. Ich melde mich wieder.'
    Sie wusste nicht, ob er das Letzte noch vernommen hatte. Sobald sie sich wieder erholt hätte, würde sie ihn erneut kontaktieren. Fürs Erste aber war sie erleichtert, dass es ihm gut ging. Doch es gab noch so viel zu klären.
     

    Jahr 3638 Mond 2 Tag 18
    Große Berge, Martul
    Drei Tage wartete er nun schon auf eine weitere Nachricht von Ewen. Hoffentlich hatte sich ihr Zustand nicht wieder verschlechtert. Er war so erleichtert gewesen, als er von ihr gehört hatte. Nun aber machte er sich erneut Sorgen. Hatte sie sich während ihrer letzten Gedankenverbindung zu sehr verausgabt? Wenn er gekonnt hätte, er hätte sein Reisetempo nochmals erhöht. Doch in der schneegekrönten Winterwelt des Gebirges musste er Vorsicht walten lassen. Zu leicht hätte er abstürzen können.
    Glücklicherweise war er sich seines Weges sicher, die Karte verzeichnete jeden Gebirgspfad und alle Pässe. Wenn er sich nicht täuschte, würde er schon in zwei Tagen den Kamm des Gebirgszugs überqueren.

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