WELTEN-NEBEL
schlechte Idee, sich zu entschuldigen. Ihre Legende bot ihr sogar eine passable Entschuldigung für ihr Verhalten, schließlich hatte sie kürzlich ihre Eltern verloren.
Manchmal war das Wetter unberechenbar. Von einem Augenblick zum nächsten waren große schwarze Wolken aufgezogen. Er hatte gehofft, dass ihnen ein Unwetter auf See erspart bleiben würde. Es war noch ein Tag bis Bellan, die Küste zu weit entfernt, um dem Unwetter zu entgegen. Er hatte genug Ahnung von der Seefahrt, um zu wissen, dass ihnen unruhige Stunden bevorstanden. Rihnall warf noch einen Blick auf den nun vollends verdunkelten Himmel, dann ging er zum Kapitän, um dessen Befehle zu vernehmen.
Welle um Welle schlug gegen den Bug und mit jeder vergrößerte sich ihre Übelkeit. Die Tatsache, dass sie in der engen Kabine gefangen war, trug nicht gerade dazu bei, dass Süylin sich besser fühlte. Lieber hätte sie dem Unwetter an Deck getrotzt, doch der Kapitän hatte alle Passagiere ins Innere des Schiffes geschickt.
Sie wusste, sie würde sich gleich übergeben müssen und das wollte sie auf keinen Fall in der Kabine tun. Die Anordnungen des Kapitäns waren ihr in diesem Moment egal. Trotz mehrerer Stürze gelang es ihr, das Deck zu erreichen und sich an der Reling festzuklammern. Über selbige gelehnt, übergab sie sich, bis ihr Magen leer war. Danach fühlte sie sich zu schwach, um in ihre Kabine zurückzukehren.
Die Blitze, die in immer kürzeren Abständen den Himmel erhellten, ließen sie immer wieder zusammenzucken. Das Grollen des Donners mischte sich mit dem Tosen der Wellen.
Spielten ihm seine Augen einen Streich, oder stand dort eine Person an der Reling. Wirklich, es war jene junge Frau, deren Bekanntschaft er seit Beginn der Reise zu machen suchte, bisher ohne Erfolg. Was tat sie da? Sollte sie sich nicht unter Deck befinden? Er würde sie schnell wieder dorthin bringen, bevor irgendetwas geschah. Allzu leicht konnte sie über Bord gehen.
So schnell er es trotz des schwankenden Schiffes vermochte, näherte er sich ihr. Doch noch bevor er sie erreichte, neigte sich das Schiff so stark, dass sie den Halt verlor. Wie eine Feder wurde sie durch die Luft gewirbelt.
Es war Wahnsinn. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, sprang er ihr hinterher, hinein in die brausenden Fluten des Sees.
Er verlor die Orientierung, wusste nicht mehr, wo oben und unter war. Wild paddelnd versuchte er, wieder an die Wasseroberfläche zu gelangen. Seine Lungen schmerzten, so sehr brauchte er einen neuen Atemzug. Er konnte dem Drang nicht mehr widerstehen und öffnete den Mund. Augenblicklich füllte Wasser seine Lungen. Erst glaubte er, ertrinken zu müssen, doch dann fühlte er, wie neue Lebenskraft durch seine Adern strömte. Er konnte atmen, er konnte unter Wasser atmen! Er tat noch einen Atemzug und noch einen. Sein Geist war nun von erfrischender Klarheit, auch vermochten seine Augen nun die wirbelnde Schwärze des Wassers zu durchdringen. 'Die Frau', schoss es ihm durch den Kopf. Suchend blickte er sich um, konnte jedoch keine Spur von ihr entdecken. Immer tiefer tauchte er und mit zunehmender Tiefe beruhigte sich das Wasser. Was sich nun vor seinen Augen ausbreitete, war einfach unglaublich. Die Ruinen einer Stadt, größer noch als Gal, lagen dort auf dem Grund. Erst glaubte er, seine Sinne trögen ihn, doch als er die Steine schließlich berührte, waren sie so real wie die Mauern Gals. Doch ihm blieb keine Zeit, zu verweilen. Er musste die Frau finden, und zwar schnell.
Rihnall vermochte nicht zu sagen, wie viel Zeit verstrichen war, doch als er schließlich wieder aus den Fluten auftauchte, hatte sich das Wetter beruhigt. Er erblickte das Schiff ganz in der Nähe, mit einigen kräftigen Schwimmzügen hatte er es erreicht. Schon wurde ihm ein Seil zugeworfen und wenig später war er wieder an Bord. Ein jeder zeigte sich erstaunt, dass es ihm gelungen war, den Kräften des Wassers zu trotzen. Da ihm ohnehin niemand glauben würde, wie es ihm gelungen war, schwieg Rihnall, auch über seine Entdeckung am Grund verlor er kein Wort. Stattdessen äußerte er Bedauern darüber, dass er die junge Frau nicht hatte retten können. Doch kaum hatte er es ausgesprochen, stand sie vor ihm. Er erfuhr, dass sie nie über Bord gegangen war.
Süylin wäre wirklich beinahe von Bord gegangen, doch ihr Fuß hatte sich in einem Seil verfangen und sie hatte hilflos an der Bordwand gehangen. Wie es ihr gelungen war, sich aus dieser Lage
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