WELTEN-NEBEL
hatte Zada da andeuten wollen? Sie fand Felkan sympathisch und die Gespräche mit ihm waren ein guter Zeitvertreib. Nun, sie musste zugeben, dass er sie oft zu Lachen brachte. Auch hatten sie schon so manches tiefgründige Gespräch geführt. Sie dachte daran, wie er ihr am Vortag eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht gestrichen hatte. Seine Berührungen hatten ein Kribbeln in ihrem Bauch ausgelöst, das noch lange anhielt. Ein solches Gefühl hatte sie noch nicht oft verspürt. Wenn sie darüber nachdachte, stellte sie fest, dass es stets im Zusammenhang mit Felkan stand. Konnte dies Liebe sein?
Sie erinnerte sich an ein Gespräch, dass sie einmal – sie war vielleicht fünfzehn gewesen – mit ihrer Mutter darüber geführt hatte. Sie hatte von ihrer Mutter wissen wollen, woran sie erkannt hatte, dass sie Aden liebt. Damals waren die Antworten für sie ziemlich wage und rätselhaft gewesen. Von einem Kribbeln hatte ihre Mutter auch gesprochen und davon, dass man sich einfach wohl bei Aden gefühlt habe. Als Darija es genauer wissen wollte, hatte ihre Mutter nur gemeint, sie würde es schon merken, wenn sie dem richtigen Mann begegnete.
War Felkan etwa der Richtige? Wenn man die Umstände ihrer Bekanntschaft bedachte, so war dies nur schwer vorstellbar. Schließlich war er einst so etwas wie ihr Feind gewesen. Andererseits hatten sie einander da noch nicht wirklich gekannt. Er war für sie einfach der Soldat gewesen und sie für ihn die Fremde, von der sein König behauptet hatte, sie sei gefährlich. Nun aber kannten sie einander besser. Sie wusste jetzt, dass Felkan ihr nie hatte schaden wollen. Er war ein guter Mensch. Wahrscheinlich hatte sie das schon erkannt gehabt, als sie ihr Leben aufs Spiel setzte, um ihn zu retten. Vielleicht sollte sie sich in dieser Sache wirklich auf ihr Gefühl verlassen und nicht zu lange darüber nachgrübeln. Sie merkte, wie ihre Gedanken begannen, sich im Kreis zu drehen. Musste sie sich etwa einfach eingestehen, dass sie sich in Felkan verliebt hatte?
Doch wie sollte es nun weitergehen? Sollte sie es ihm sagen? Wie würde er wohl reagieren? Und was wäre, wenn er nicht das Gleiche empfand wie sie? Vielleicht sollte sie mit Zada darüber sprechen. Aber nein, dies war etwas zwischen Felkan und ihr.
Sie hatte eine unruhige Nacht gehabt. Immer wieder hatte sie sich ausgemalt, wie er wohl reagieren würde, wenn sie ihm ihr Herz öffnete. Sie war sich der Gefahr, verletzt zu werden, bewusst. Aber war Liebe nicht jedes Risiko wert? Sobald der passende Moment gekommen war, würde sie es ihm sagen, das hatte sie sich fest vorgenommen.
Schon während ihres morgendlichen Sprachunterrichts erschien ihr die Gelegenheit günstig. Sie fragte ihn: "Wie sagt man bei Euch, dass man jemanden gern hat?"
"Nun, das kommt darauf an, ob man einem Freund sagen möchte, dass man ihn als Freund mag, oder ob man tiefere Gefühle ausdrücken will."
"Letzteres."
Felkan sagte einen Satz und wiederholte dann die einzelnen Wörter und erklärte ihre Bedeutung. Als er damit fertig war, sagte er: "Ihr solltet diesen Satz aber nur gebrauchen, wenn Ihr es wirklich ehrlich meint."
Sie nickte, schaute ihm in die Augen und bemühte sich, den Satz fehlerfrei auszusprechen. Hastig fügte sie in ihrer Muttersprache hinzu: "Ich hoffe, Ihr verzeiht mir meine Kühnheit, aber das ist es, was ich für Euch empfinde. Wenn Ihr diese Gefühle nicht teilt, so kann ich das verkraften, aber ich konnte es einfach nicht länger für mich behalten."
Sie wollte noch mehr sagen, doch Felkan unterbrach sie, indem er ihren Mund mit einem Kuss verschloss.
Sein Herz begann schneller zu schlagen, als sie ihn nach der Übersetzung für 'Ich liebe dich' fragte. Doch erst als sie es wirklich ausgesprochen und ihm versichert hatte, dass sie es auch wirklich so gemeint hatte, konnte er es glauben. Endlich durfte er tun, wovon er insgeheim schon lange geträumt hatte. Seine Lippen suchten die ihren und liebkosten sie zärtlich. Er spürte, wie sie seinen Kuss erwiderte. Er rückte näher an sie heran. Während seine Zunge erst ihre Lippen und dann ihren Mund erkundete, wanderten seine Hände über ihren Körper. Er streichelte ihren Hals und spielte mit dem Ende ihres Zopfes. Wie weich sich ihr Haar doch anfühlte.
Sie spürte, wie ihr Körper auf seine Berührungen reagierte. Die Berührungen seiner Hände und Lippen fühlten sich zugleich fremd und vertraut an. Was sich so anfühlte, konnte einfach nicht
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