WELTEN-NEBEL
alles Wesentliche berichtet zu haben. Auch waren sie alle erschöpft. Doch Zada fing einen Blick von Tira auf, der ihr zeigte, dass es unbedingt notwendig war, noch über ihre Zukunft zu sprechen. Daher fragte sie ihre Eltern, ob sie bereit waren, ihre Schwester bei sich aufzunehmen. Die Antwort überraschte sie nicht, sie hatte gesehen, wie Galica Tira bei der Vorstellung angesehen hatte. Sie hatte das Mädchen auf den ersten Blick lieb gewonnen. Sie war froh, Tira versorgt zu wissen, wenn sie in den Tempel zurückkehrte.
Danach verständigten sie sich darauf, ihre Erlebnisse am nächsten Tag dem Regierungsrat vorzutragen. Nun aber brauchten sie alle eine Pause. Sie würden für die Zeit ihres Aufenthalts bei Galica und Tharet wohnen, auch wenn das Stadthaus sicher etwas eng würde. Zada hatte angeboten, im Tempel zu bleiben, doch sowohl ihre Eltern als auch Yerina hatten darauf bestanden, dass sie Zeit mit ihren Eltern verbrachte. Insgeheim war sie froh darüber.
Jahr 3620 Mond 5 Tag 15
Aaran
Ihr Bericht an den Regierungsrat nahm nun schon den zweiten Tag in Anspruch. Die Mitglieder hatten eine Vielzahl von Fragen und die drei bemühten sich nach Kräften, diese zu beantworten. Tira hatten sie am zweiten Tag bei Galica gelassen, sie war fast noch ein Kind und hatte nie mehr von ihrem Heimatland gesehen als ihr Dorf. Eine erneute Befragung wäre also wenig sinnvoll gewesen. Felkan konnte wesentlich umfassendere Angaben zu den Verhältnissen in Helwa machen. Auch wenn der Regierungsrat erst Teile der am Vortag überreichten Aufzeichnungen Mawens gelesen hatte, mussten sie auch Fragen dazu beantworten.
Darija hatte das Gefühl, der Tag würde niemals enden. Die ganze Zeit über saß sie direkt neben Felkan und konnte nicht einmal seine Hand halten, da solche Gefühlsbekundungen keinen Platz im Tagungssaal der Regierung hatten. Auch wagte sie es nicht, auch nur eine Minute unaufmerksam zu sein, da ja jederzeit jemand eine Frage an sie richten konnte. Sie hatte noch nie Gefallen daran gefunden, stundenlang untätig herumzusitzen. Schon damals, als ihre Eltern ihr Lesen und Schreiben beibrachten, hatte sie es gehasst, stundenlang am Küchentisch zu sitzen und aufzupassen. Aber damals hatte es wenigstens geholfen, wenn sie lange genug auf dem Stuhl hin- und hergerutscht war, irgendwann hatte ihre Mutter Erbarmen gehabt und sie zum Spielen nach draußen geschickt. Hier aber half alles nichts, sie musste sitzen bleiben. Ihre verstohlenen Blicke in Felkans Richtung verrieten ihr, dass auch er kaum noch stillsitzen konnte.
Endlich war die Befragung beendet. Der Regierungsrat wollte drei Tage über das Gehörte nachdenken und auch Mawens Aufzeichnungen in Gänze studieren. Sie sollten in vier Tagen erneut erscheinen.
Jahr 3620 Mond 5 Tag 16
Aaran
Es waren Zada und Galica, die sie durch Aaran führten. Tharet musste den Sitzungen des Rates beiwohnen und Yerina wurde im Tempel gebraucht. Felkan, der bisher nur wenig von Cytrias Hauptstadt gesehen hatte, war fasziniert von dem Leben, das auf den Straßen herrschte. Alles war bunt und lebhaft. Kein Vergleich zu der grauen Eintönigkeit Heets. Zwar waren ihm die Unterschiede schon in Jal aufgefallen, aber Aaran war um ein Vielfaches größer und es ging hier noch geschäftiger zu. Er wusste kaum, wohin er seinen Blick zuerst wenden sollte. Bisweilen war er froh, dass er Darijas Hand halten konnte, weil er sonst in einer Menschenmenge verloren gegangen wäre. Hatte er in den letzten zwei Tagen viele Fragen beantworten müssen, so war er es nun, der allerlei wissen wollte. Zada und Galica gaben ausführlich Auskunft, doch manches konnten auch sie nicht erklären. Langsam konnte er verstehen, wie sich Zada und Darija in Helwa gefühlt haben mussten.
Das Laufen durch Aaran war nicht unbedingt das, was sie sich nach den zwei Tagen vor dem Regierungsrat gewünscht hatte, lieber wäre sie auf ein kleines Boot gestiegen und hätte sich den Seewind um die Nase wehen lassen. Auch ein Ausflug durch Wiesen und Felder wäre nach ihrem Geschmack gewesen, aber wenigstens war sie in Bewegung und konnte Felkans Hand halten. Die Antworten, die Zada und Galica auf Felkans und Tiras Fragen gaben, hörte sie kaum. Sie hing ihren eigenen Gedanken nach. Bei der Anhörung vor dem Rat hatte sie Dinge über Helwa erfahren, die sie bis dahin noch nicht gewusst hatte. Nicht nur, was die Stellung der Frau in der Gesellschaft anging, waren die Unterschiede zu Cytria zum Teil
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