Welten-Reise
entdeckte sie Grey, der neben ihr saß.
»Alles in Ordnung?« fragte er.
»Natürlich«, antwortete sie, setzte sich auf und schüttelte ein ve r irrtes Blatt aus ihrem Haar. »Warum fragst du?«
Er zuckte die Achseln. »Ich dachte, äh, du wärst unglücklich oder vielleicht krank oder so. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
Sie lächelte. »Ich muß ja schrecklich aussehen! Aber das kommt, weil ich es nicht gewohnt bin auszuschlafen. Laß uns einen Bach suchen, damit ich mich waschen kann, dann geht es mir besser.«
»Ja klar! Ich hätte mich schon umgesehen, aber ich wollte dich nicht allein lassen.«
»Und ich will nicht, daß du allein gehst«, erwiderte sie, »nicht s o lange du nicht daran glaubst, daß die Gefahren wirklich existieren.«
Sie gingen zusammen fort und fanden ganz in der Nähe eine Quelle. »Laß mich erst ausprobieren«, sagte Ivy. »Diese Dinger können gefährlich sein.«
»Wieso? Sind sie vergiftet?«
»Das nicht. Es sind Liebesquellen.«
»Ach, ja – und die machen, daß die Wesen, die davon trinken, sich ineinander verlieben. Wie entsetzlich, wenn wir aus so einer trinken würden!«
Ivy sah ihn scharf an. Grey versuchte, ernst zu bleiben, aber es gelang ihm nicht, und er mußte lachen. Sie lachte auch, weniger aus Belustigung als aus Erleichterung. »Ganz so nett ist es leider nicht«, warnte sie ihn. »Liebe mag ein Euphemismus sein. Sobald man getrunken hat, fängt man sofort an zu zeugen, unfähig, sich zu beherrschen, auch wenn man zwei verschiedenen Gattungen angehört. Man nimmt an, daß so die wichtigsten Kreuzungen en t standen sind – Zentauren, das Wasservolk, Harpyien und so we i ter. Du würdest also nicht zufällig aus solch einer Quelle trinken wollen?«
»Natürlich würde ich das nicht wollen«, stimmte er zu, aber sein Gesicht zeigte Zweifel.
Ivy kauerte sich neben der Quelle hin, konzentrierte sich und b e gann, sie zu verstärken. Wenn es eine Liebesquelle war, würde sie das dazu bringen, auf den Pflanzenwuchs ringsum einzuwirken, und diese würden anfangen, einander auf jede nur mögliche Weise zu lieben.
Aber nichts geschah. »Sie ist in Ordnung«, stellte sie fest. »Es ist nur Wasser.«
»Davon bin ich überzeugt«, stimmte er herablassend zu. Aufs neue mußte sie ihren Ärger unterdrücken. Er wußte es ja nicht besser. Das war die andere Seite der Medaille: seine Unwissenheit war die Ursache dafür, daß sie seinen Gefühlen nicht trauen kon n te, aber gleichzeitig war sie eine Quelle ständiger Irritation. Ivy war solche gegensätzlichen Gefühle nicht gewohnt.
Zweimal schöpften sie das Wasser mit den Händen und tranken, dann wuschen sie sich Gesicht und Hände. Ansonsten fühlte sie sich etwas schmuddelig, aber sie war entschlossen, sich nicht au s zuziehen und zu waschen. Schließlich würde sie ja wieder in die gleichen schmutzigen Klamotten steigen müssen. Sie hatte in jener Nacht im falschen Schloß Roogna zum letztenmal frische Kleider angezogen und hatte sie dann auf ihrer Wanderung entlang des Blutstroms und beim Schieben des Findlings schmutzig gemacht. Vermutlich würde sie die mundanische Ausstattung wegwerfen müssen, sobald sie auf Schloß Roogna angekommen waren, und sie hoffte nur, daß Agenda, der die Kleider gehörten, es ihr nicht übelnehmen würde.
Komisch war die Art und Weise, wie Grey all die vielen selts a men Mädchen kennengelernt hatte, die den Raum bewohnt hatten, bevor sie vom Himmelstaler dorthin gesandt worden war. Und die Art, wie Com-Puter dort existierte, mit seinem bißchen Zaube r kunst, war merkwürdig. Grey hatte ihr erzählt, daß ein seltsames ›Programm‹ von jemandem namens Vaporware Limited die M a schine verändert hatte. Sie fragte sich, ob Vaporware in Xanth lebte, und manches erklären würde. Aber trotzdem – in Mundania glaubte absolut niemand an Zauberei. Also, ein Rätsel blieb das in jedem Fall.
»Wie konnte Com-Puter eigentlich in Mundania zaubern?« fragte sie.
»Mein Computer hat nicht gezaubert«, sagte Grey. »Er hatte ei n fach ein gutes Übersetzungsprogramm, so daß wir uns unterhalten konnten. Nehme ich jedenfalls an.« Diese Erklärung schien ihn selbst auch nicht restlos zu befriedigen. »Was er getan hat, war sicherlich höchst seltsam. Am Schluß gestand er sogar, daß er mich auf dich vorbereitet hatte.«
»Dich vorbereitet?«
»Es hatte etwas mit all diesen seltsamen Frauenzimmern zu tun. Als ich dann um eine ohne Makel bat, brachte er dich. Wie er es tat, weiß ich nicht,
Weitere Kostenlose Bücher