Welten - Roman
es aufgesogen, weggepisst und
geschnupft. Alle zwei Jahre tauchte er aus seiner Bar in Goa auf und verkündete seine Absicht, zurück nach London zu ziehen und zur Abwechslung mal was Nützliches zu machen. Aber das tat er nie. Letztlich zog es ihn immer wieder zu seiner Bar. Er war der Meinung, dass ihm sein Dad einen Job bei seiner Firma geben sollte, um ihn aus der Scheiße zu holen, doch Mr. N wollte nichts davon wissen. Blut mag dicker sein als Wasser, aber Liquidität zählt noch mehr, du verstehst schon. Bei Geld geht es ums Ganze. Damit rumzuspielen ist gefährlich.
Barney lag Mr. N ständig damit in den Ohren, ihm die Bar zu schenken, sie ihm legal zu überschreiben, aber auch dafür war Mr. N zu clever. Er wusste genau, dass Barney sie einfach verkaufen, bei einem Pokerspiel verlieren oder als Sicherheit für irgendein hirnloses Projekt einsetzen würde, das er wie üblich gegen die Wand fahren würde, um kurz darauf wieder mit der Almosenschale im Haus seiner Eltern aufzukreuzen.
Ehrlich gesagt glaube ich, dass Ed seinen Jungen ein bisschen peinlich fand. Er war froh, dass er sich meistens im fernen Goa rumtrieb. Auch ich kam nicht mehr so gut mit Barney aus wie früher. Er war ein Jammerer, der sich ständig darüber beklagte, wie schlecht es ihm ging, obwohl das reiner Quatsch war. Der kleine Scheißer hatte doch ein behütetes Leben mit allen Vorteilen.Was konnten ich oder sein Dad dafür, dass er sich das versaut hatte? Und diese Bar am Strand. Für die meisten Leute ist das doch der Jackpot, also das, was ein Durchschnittstyp als optimalen Ruhestand sehen würde. Bloß dass er sich das nicht hart hatte erarbeiten müssen.
Und dann hatte er noch den Nerv, mir die Schuld zu geben. Zumindest teilweise. Sagte es mir praktisch ins Gesicht,
als wir bei einem Wochenende in Spetley Hall einen über den Durst getrunken hatten. Alles war mein Fehler, weil ich ihn in der Gunst von Mr. und Mrs. N verdrängt hatte. Na und? Ich war ein besserer Freund für sie als er, obwohl er ihr Sohn war. Was für ein Penner.
Aber ich, ich war der Goldjunge. Egal, ob die Noyces wie eine zweite Familie für mich waren, Mr. Ns Firma war wie die erste Nationalbank von AC. Ich scheffelte Kohle ohne Ende. Das meiste bekam die Firma, aber einiges davon landete auch in meinen Taschen, in Form eines ordentlichen Gehalts und vor allem in Form satter Prämien. Manchmal führten Mr. N und ich hitzige Diskussionen zum Thema Bonuszahlungen, aber letztlich konnten wir uns immer einigen.
Wahrscheinlich war uns beiden von Anfang an klar, dass ich eines Tages meinen eigenen Weg gehen würde, doch erst mal machten wir das Beste draus und ließen es gemeinsam krachen.
Ich kaufte mir eine größere Wohnung in den schönen Docklands und immer unpraktischere Autos. Spielte mit dem Gedanken an eine Jacht, fand aber dann, dass so was einfach nicht zu mir passte - bei Bedarf konnte man ja jederzeit eine mieten. Urlaub in Aspen, auf den Malediven, in Klosters, auf den Bahamas, in Neuseeland und in Chile. Abgesehen von Mallorca und Kreta, wo ich mich in den großen, lauten Szeneclubs dem guten alten Raving hingab.
Und die Mädels. Gott segne ihre Baumwollhöschen. Saskia und Amanda und Juliette und Jayanti und Talia und June und Charley und Charlotte und Ffion und Jude und Maria und Esme und Simone. Es gab noch viele andere, aber das waren die nicht Zufälligen, an deren Namen ich mich erinnerte und die gern auch öfter bei mir übernachten
durften. Auf meine eigene Weise liebte ich sie alle, und das beruhte wohl auch auf Gegenseitigkeit. Die meisten von ihnen hätten die Sache gern vertieft, aber darauf hatte ich keinen Bock. Und so teilte ich ihnen mit, dass ich meine Prioritäten anders setzte. Sie konnten sich wirklich nicht beschweren. Ich war großzügig, und wenn es wirklich mal böses Blut gab, dann war es nicht meine Schuld.
Jeden Monat tauchten die zehn Riesen in US-Grün auf meinem Konto auf, und immer wenn ich den Posten auf dem Auszug bemerkte, kam mein Herzschlag ins Stottern bei der Erinnerung an das, was in dieser kalten Nacht im Moskauer Club Novy Pravda passiert oder zumindest scheinbar passiert war.
Nach unserem Besuch des Zimmers mit der schwarzen Einrichtung und dem bernsteinfarbenen Licht kehrten Mrs. M und ich zurück zu dem Tisch, wo Connie Sequorin mit zwei kräftigen russischen Typen plauderte. Sie wirkten nicht sehr erfreut, als sie Mrs. M und vor allem mich erblickten, aber sie ließen ihre Karten und eine Flasche
Weitere Kostenlose Bücher