Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
der mehr als die Hälfte seiner Zeit in anderen Welten verbrachte und verschiedenste Befehle ausführte. Meistens handelte es sich um ganz banale Aufträge: das Zustellen von Gegenständen, der Transport von Personen (was ich nicht besonders gut beherrschte), das Lenken von Gesprächen, das Hinterlassen von Schriften oder Computerdateien, das verstohlene, meistens kaum spürbare Eingreifen in Hunderte von Lebenszusammenhängen.
    Nach der Rettung des jungen Arztes vor dem Einsturz des Gebäudes erlebte ich nur noch einmal eine ähnlich dramatische Mission. Ich wurde in das oberste Stockwerk eines Hochhauses in Manhattan geschickt, um einen jungen
Mann kurz vor dem Betreten des Lifts abzufangen. Er war Physiker in einer relativ rückständigen Welt, so dass es nicht weiter schwer war, ihn in ein Gespräch zu verwickeln durch die Erwähnung der einen oder anderen Idee, von der hier weder er noch sonst noch jemand bisher gehört hatte. Das hielt ihn davon ab, den Aufzug zu betreten, der prompt zwanzig Stockwerke in die Tiefe stürzte und alle Insassen in den Tod riss.
    Bei zwei weiteren Gelegenheiten wurde ich gebeten, gewaltsam einzuschreiten. Einmal bei einem Schwertkampf in einer verhältnismäßig frühen viktorianisch-großindonesischen Realität (ich musste einen großen Dichter verteidigen und zwei Angreifern die Arme abhacken) und das andere Mal beim direkten Sprung in das Bewusstsein eines äußerst brillanten und attraktiven, aber auch sehr halsstarrigen jungen Chemikers, der sich in einem simbabwischen Großafrika mächtige Feinde gemacht hatte. Ich wurde nur für die wenigen Sekunden zu ihm, die erforderlich waren, um sich zu drehen, zu zielen und seinem viel erfahreneren Gegner mit der Duellpistole eine Kugel durch den Kopf zu jagen, dann verschwand ich wieder.
    Meine Vorgesetzten waren sehr angetan. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich nach dem Vorfall in der venezianischen Bar als unberechenbaren Gewalttäter eingestuft hatten. Ich bat zwar darum, in Zukunft nicht mehr zu häufig für diese blutigen Aufgaben abgestellt zu werden, doch insgeheim war ich auch stolz darauf, meine Sache so gut gemacht zu haben. Auf jeden Fall bekam ich weiterhin Aufträge dieser Art und führte sie auch aus.
    Mit den Jahren hatte ich dazugelernt. Ich hatte den Konzern studiert, so wie er selbst andere Welten studiert,
und wusste inzwischen mehr über seine Geschichte und Organisation.
    Nicht aus offiziellen Kanälen, sondern gerüchteweise hatte ich erfahren, dass Mrs. Mulverhill die letzte einer sehr kleinen Zahl von Beamten war, die im Lauf der Jahrhunderte vom Konzern abgefallen waren. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich dem Netz von Spähern, Spürern und Voraussehern zu entziehen, die jeden Verrat dieser Art verhindern sollten. Möglicherweise verfügte sie auch über ihr eigenes Septus, was aber nicht heißen musste, dass sie die Droge selbst nachgebaut hatte. Vermutlich hatte sie einfach einen größeren Vorrat zusammengetragen, als sie noch zum Konzern gehörte.
    Sie galt als sonderbare, exotische, fast mythische Gestalt, die man aber angesichts ihrer Bedeutungslosigkeit und Machtlosigkeit eher bedauern als verdammen musste. Dennoch war man natürlich aufgefordert, jeden Kontakt mit Personen zu melden, die vielleicht auf ähnliche Weise wie die Expédience operierten, aber dies nicht mit ihrer Billigung und unter ihrer Aufsicht taten. Diese Anweisung erstreckte sich selbstverständlich auch auf Mrs. Mulverhill und ihr Verhalten. Abgesehen davon war ich mir immer noch nicht sicher, ob sie wirklich die kleine Piratenkapitänin gewesen war.
    Die grau gekleidete Frau im Kasino von Flesse trat an den Tisch und beobachtete das Geschehen. Das Klicken und Klacken der Kugel wurde langsamer, und schließlich blieb sie in einem Fach hängen, als das Rad zum Stillstand kam. Gold. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich mit meinem ersten Impuls - Chips auf Grün - auch nicht richtiger gelegen hatte als mit dem Wechsel zu Blau.
    Das Spiel ging weiter. Sie setzte sich nicht, obwohl ein
Platz frei wurde. Ich versuchte, ihr Gesicht zu erkennen, aber es lag verborgen hinter dem grauen Schleier. Zehn Minuten später wandte sie sich zum Gehen und verschwand in der Menge.
    Ich verlor relativ gleichmäßig, dann gewann ich wieder ein wenig und beendete den Abend mit leichten Verlusten.
    Auf der Barterrasse unter den Bäumen am Fluss schnupperte ich frische Luft und genoss den Trubel aus Musik und Verkehr, der vom Stadzentrum am

Weitere Kostenlose Bücher