Welten - Roman
gut. Das ist Mrs. Mulverhill, meine Chefin.«
»Es ist mir eine Ehre, Madame.«
»Und das ist Adrian. Er kommt aus London.«
»Hallo Adrian. Ich liebe London.«
»Super«, antwortete ich.
»Der Club gehört Kliment«, erklärte mir Connie.
Ich schaute mich um. Die Lautstärke nahm zu und die Helligkeit ab, als wir einen großen Raum mit langsam blitzenden Lichtern an der Decke betraten. Ein Lakai verbeugte sich vor Kliment und brachte Mrs. Ms Mantel sowie Connies und meine Jacke zur Garderobe, die mit zwei umwerfenden Mädels besetzt war: hohe Wangenknochen, langes schwarzes Haar und aufreizend gelangweilte Miene. Dröhnende Musik und ein Stroboskoplicht mit schnellerem Rhythmus drangen durch einen großen Säulentorbogen vor uns. »Klasse.« Ich lächelte Kliment freundlich zu.
Er nickte dankbar. »Bitte, wir haben den Tisch vorbereitet.«
Wodka und Champagner, Kaviar und Blini. An dem halbkreisförmigen Tisch, der direkt vor einer riesigen Tanzfläche
mit mehreren Ebenen stand, machten wir uns daran, uns gepflegt zu besaufen. Ich tanzte mit Connie, dann mit Mrs. Mulverhill, die seltsam schlangenartig herumwirbelte. In ihrem schwarzen Bandagenoutfit und dem Schleier - ja, der Schleier war noch dran - zog sie viele Blicke auf sich. Durchaus anerkennende Blicke, und der Grund war klar. Sie tanzte, als könnte sie Körperteile in Bewegung setzen, die andere Frauen gar nicht haben. Auch Connie hatte in der Hinsicht einiges drauf. Beide mussten mehrmals die Einladung zu einer Flasche Schampus von anderen Tischen ablehnen.
Als wir die dritte Flasche Salon öffneten, beugte sich Connie zu mir. »Kommen Sie auf eine Nase Koks mit zur Toilette?«
Inzwischen hatte ich so viel getrunken, dass mir das wie eine gute Idee vorkam und ich mir von dem Zeug eine fast schon medizinische Wirkung erhoffte. Das heißt, ich erwartete, davon wieder etwas nüchtern zu werden. Außerdem waren Connie und Mrs. M für mich im Lauf des Abends immer hinreißender geworden, und hier lud mich eine von den beiden aufs Klo ein. Also schön, warum nicht? Ich blickte von der blond leuchtenden Connie zur schattenhaften Mrs. M. Lächelnd schüttelte Connie den Kopf.
Mrs. Mulverhill musste es mitbekommen oder erraten haben und winkte uns mit einer Hand. »Viel Spaß.« Damit wandte sie sich wieder dem wogenden Treiben auf der Tanzfläche zu.
Niemand zuckte auch nur mit der Wimper, als wir die piekfeine Damentoilette betraten und eine Kabine belegten. Nacheinander schnupften wir von einem praktisch platzierten Glassims. Guter Stoff, fast ungeschnitten.
Wir standen auf und schauten uns von einem Ohr zum anderen grinsend an.
»Noch ein Tänzchen?«, fragte Connie.
Ich lehnte mich an die Wand und beäugte sie von oben bis unten. »Haben wir’s eilig?«
Lachend schüttelte sie den Kopf. »Zu schmuddelig. Gehen wir.«
Ich dachte, sie hätte vielleicht etwas gemeint wie: Gehen wir wohin, wo es ruhiger ist. Aber sie wollte nur auf die Tanzfläche und dann zu dem Tisch, wo Mrs. M den nächsten eiskalten Wodka kippte, ohne dass man ihr die geringste Wirkung ansah.
Sie nickte mir zu und stand auf. »Jetzt tanzen wir nochmal.«
»Kann ich vielleicht kurz verschnaufen?«
Sie schüttelte nur den Kopf und nahm mich an der Hand.
Der Tanz wurde ziemlich sexy. Das Lied hatte langsame Passagen, und sie wand sich auf- und abfedernd um mich herum, als wollte sie meine Aura liebkosen. Ich bin selbst kein schlechter Tänzer - habe immer viele Komplimente bekommen, du verstehst schon. Aber Mrs. M war wie von einem anderen Stern.Vielleicht waren es der Alkohol und der Schnee, aber ich hatte das Gefühl, hier mit der Göttin des Swing zu steppen. Sie schlängelte sich heran und drückte sich an mich. Durch ihre schwarze Bandagenkluft und meine Kleider spürte ich die Hitze ihres Körpers. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich. Als ich mich vorbeugte, legte sie den verschleierten Mund an mein Ohr. »Adrian.« Obwohl sie laut sprach, konnte ich sie wegen der hämmernden Musik kaum verstehen. »Ich möchte Ihnen was zeigen. Wollen Sie mich begleiten?«
Ich löste mich kurz von ihr, um ihr ein amüsiertes, angenehm überraschtes Gesicht zu zeigen. »Wirklich?«
»Wirklich.« Sie stockte ein wenig. »Ja, so kann man es ausdrücken.« Ein wenig rätselhaft. »Kommen Sie mit.«
»Bis ans Ende der Welt, Mrs. M.«
Sie lachte. Ein seltsamer Laut, fast wie ein Bellen. Ihre Hand war sehr warm, aber völlig trocken. Wir schoben uns durch das Getümmel. Als wir
Weitere Kostenlose Bücher