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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Enttäuschung, was da hinter dem Schleier aufblitzte? Ich seufzte. »Ach, ich kann Ihnen sowieso nichts vormachen. Klar, natürlich nehme ich an. Entweder ich bin völlig durchgeknallt oder Sie haben den Schlüssel zum Universum in einer Pille. Beziehungsweise in einer praktischen Sprayversion.«
    »Nun, zumindest den Schlüssel zu verschiedenen Varianten der Erde«, erwiderte sie.
    »Keine anderen Planeten?«
    »Noch nicht. Auch keine echten Zeitreisen.«
    »Und wie steht’s mit unechten Zeitreisen?«
    »Es gibt offenbar ein Phänomen namens Rückstand - genauso gut könnte man aber wohl von Vorsprung sprechen. Es beschreibt ansonsten praktisch identische Welten, die sich nur dadurch voneinander unterscheiden, dass die eine der anderen um eine Zeitspanne voraus oder hinterher ist, die bis zu mehreren Millionen Jahren betragen
kann. Aber dieses Phänomen ist nicht realer als eine Sternenkonstellation. Diese Welten bleiben voneinander getrennt, und kein Ereignis in der einen kann sich direkt auf die andere auswirken.«
    »Tut mir leid, dass ich gefragt habe. Keine Aliens?«
    »Wir suchen noch.«
    Ich zögerte. »Sie haben selbst so was Außerirdisches, Mrs. M. Nichts für ungut.«
    »Kein Problem. Bereit für die Rückreise?«
    »Ich glaube schon.«
    »Kann sein, dass Sie sich noch länger ein wenig desorientiert fühlen.«
    »Meinen Sie?«
    »In den nächsten Tagen, Wochen und Monaten werden Sie mehr über sich erfahren, Adrian.«
    »Ach ja?«
    »Ich habe Ihnen die Wahrheit über die Pille gesagt, doch sie hat auch noch einen anderen Zweck. Sie soll Ihnen die Möglichkeit geben, dieses Erlebnis als eine von Drogen verursachte Halluzination abzuhaken.«
    Meine Miene war wohl skeptisch.
    Mrs. M breitete die Arme aus. »Im Moment wissen Sie, dass das hier real ist und dass es wirklich passiert ist. Aber wenn Sie wieder in Ihrem eigenen Körper sind, in Ihrer Welt, in Ihrem Land, in Ihrem Haus, in Ihrem Beruf und so weiter, und das Leben seinen gewohnten Gang geht, werden Sie Zweifel bekommen. Vielleicht gelangen Sie zu dem Schluss, dass das alles nicht geschehen ist, und möglicherweise ist diese Überzeugung notwendig, damit Sie nicht den Verstand verlieren. Oder Sie akzeptieren, dass es so war. Aus beidem können Sie etwas über sich selbst lernen.«

    »Kann es gar nicht erwarten.« Ich hielt kurz inne. »Jedenfalls, solange die Kasse stimmt, Sie verstehen schon.«
    Sie lachte. Ein glockenheller Laut. »Wir bemühen uns, pragmatische, egoistische Personen für solche Aufgaben auszusuchen, Adrian.«
    »Egoistisch - ich?«
    »Natürlich. Das wissen Sie genau. Kein hohes Lob, Adrian, aber auch keine Kritik. Nur eine Feststellung. Unsere besten Leute sind alle höchst egozentrisch. Das ist das Einzige, was sie in dem ganzen Chaos zusammenhält.« Sie grinste. »Ich glaube, Sie sind bestens geeignet. Zeit für die Rückreise.«
    Wir standen beide auf. Eine leichte Brise zupfte an meinen Haaren und ließ einige von ihren schwarzen Bändern aufflattern.
    Ich warf einen letzten Blick auf die sumpfige Ruinenlandschaft. »Was ist hier überhaupt passiert?«
    »Ich weiß nicht. Etwas Furchtbares, nehme ich an.«
    »Ja, das glaube ich auch.« Sogar ich wusste genug von der Geschichte, um an Napoleon, Hitler und einen möglichen Dritten Weltkrieg zu denken.
    »Ach.« Sie schnippte mit den Fingern. »Ich muss Sie vorwarnen.«
    »Weswegen?«
    »Die Körper, die wir im Novy Pravda zurückgelassen haben.«
    Ich starrte sie an. »Sie sind noch dort?«
    »Aber ja. Auf Standby, wenn Sie so wollen. Unser Bewusstsein, unser wahres Selbst ist in den Körpern, die wir hier vorgefunden haben, aber die Hüllen sind noch immer dort.«
    Wieder beäugte ich meine sommersprossige Hand. »Aber Sie sehen genauso aus wie vorher.«

    Sie lächelte. »Ich verstehe mich auf diese Dinge. Und es gibt eine unendliche Zahl von Welten, mit denen man arbeiten kann. Es gibt sogar unendlich viele Welten, in denen wir gerade genau die gleiche Unterhaltung führen, Welten, die sich nur in einem winzigen Detail unterscheiden - zum Beispiel ein tief unter dem Erdboden vergrabenes Uranatom in Venezuela, das eine Mikrosekunde eher zerfallen ist als hier, oder ein Photon, das bei einer Neuauflage des Doppelspaltversuchs an der University of Tasmania nicht den einen Spalt passiert, sondern den anderen. Vielleicht gibt es sogar eine unendliche Zahl von Welten, die von dieser völlig ununterscheidbar sind, weil die Divergenz erst in der Zukunft liegt. Vielleicht aber

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