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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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gar nichts los, wenn sie nicht kämen“, meinte Marie.
    „Ob sie dabei schon an Jungs denkt?“, flüsterte Carl leise.
    „Kommen wir nicht gerade deswegen hierher, weil hier nichts los ist?“, fragte Jonas.
    „Ich komme wegen Mama und Papa“, antwortete Marie.
    Carl verzog nachdenklich das Gesicht und lächelte seine Schwester an.
    Auf dem H auptpier gab es einen Imbissstand, vor dem, obwohl noch mitten am Morgen, schon eine Schlange Kunden wartete. Der Duft von Frikadellen, Würstchen, Hotdogs und frittiertem Fisch lag in der Luft. Schilder priesen den Fisch als fangfrisch an, aber von Barney wussten sie, dass die Inhaberin ihn aus Fermten aus dem Großhandel bezog. Immerhin wohnte sie mittlerweile auf Rabensruh, nachdem sie jahrelang jeden Morgen mit der Fähre oder mit einem Motorboot herübergekommen war. Die Insulaner konnten sehr eigen sein, was derlei Dinge betraf. Aufs Festland zu fahren, um Geld zu verdienen, war normal und akzeptiert, aber umgekehrt, das gehörte sich einfach nicht.
    „Schaut mal, dahinten! Ist das die Solverig?“ Marie zeigte mit ausgestreckten Finger in den Hafen.
    „Sie hat einen blauen Rumpf und ich sehe keinen blauen Rumpf“, sagte Jonas.
    „ Die Brauns kommen nie vor September. Die Frau arbeitet in einem Hotel und sie kann nicht früher in den Urlaub“, entgegnete Carl.
    „ Hoffentlich kommen sie bald. Ich freu mich auf Eli.“
    „Du freust dich nur auf Elis Kuchen und auf den Hund. Wie heißt er gleich?“
    „Dogger“, antwortete Marie. Dogger war ein großer Barsoi mit glänzendem Fell. Er war menschenscheu, bellte meist wie ein Verrückter, sobald sich ihm irgendjemand näherte, den er nicht kannte - vor allem bei Männern -, nur an Marie hatte er vom ersten Tag an einen Narren gefressen gehabt.
    Auf dem Steg kamen ihnen drei Mädchen in Badeanzügen entgegen. „Kommt, lasst uns hier verschwinden!“, rief Carl prompt. Er versuchte mit den Händen in den Shorts einigermaßen lässig zu wirken, aber mit dem Korb auf dem Rücken war das kein leichtes Unterfangen.
    Hinter der Mole stiegen sie auf die Felsen und wanderten am Ufer verbleibend am Ort vorbei. Sie kamen zum Dorfanger, wo auch dieses Jahr wieder das Sonnenwendfest stattfinden würde, und schließlich stiegen sie hoch auf die Steilküste. Jonas trank von dem Eistee und Carl quengelte solange, bis er ihm endlich den Korb abnahm. Es gab hier nur einen fußbreiten Trampelpfad direkt am Rand der Felder knapp an der Felskante. Kurze Stücke waren mit Geländern versehen worden. Vielen Touristen begegneten sie nicht.
    Jonas schau te immer wieder über die Felder und dachte dabei unwillkürlich an den Höllenhund, obwohl er tagsüber nicht da sein konnte. Er überlegte, wie er die anderen abends zuhause halten konnte, freilich ohne ihnen die Wahrheit zu erzählen, die sie ohnehin nicht geglaubt hätten. Barneys Skatabende, Fannys Frauenrunde im Gemeindehaus, die Stadtratssitzungen und spätestens an Maries Geburtstag würden sie alle gar bei Wilma im Roten Segler zu Abend essen. Oder mussten sie gar nicht zuhause bleiben? Die Hunde konnten nicht überall sein und letztendlich suchten sie nur ihn. Doch wenn ein Hund während dieser Suche jemandem begegnete ... er riss sein Opfer in die Hölle hinab und das auf grausamste Art und Weise. Soweit Jonas wusste, war es fast unmöglich die Hunde zu kontrollieren und sie würden – und das war das gefährliche - auch kein anderes Opfer verschmähen, das ihnen unbeabsichtigt in den Weg kam.
    Sie erreichten den winzigen Flughafen , nicht viel mehr als eine abschüssige, sauber gemähte Wiese und eine kleine Halle für zwei Maschinen im Winter. Ein Flugtaxidienst bot von hier Rundflüge und Festlandsflüge an und zwei wohlhabende Inselbewohner besaßen eigene Maschinen, mit denen sie täglich zur Arbeit aufs Festland flogen.
    „Marie, hast du immer noch Angst vor dem Fliegen?“, fragte Carl.
    „Nein, ich hatte noch nie Angst vor dem Fliegen!“, entgegnete sie prompt.
    „Wir k önnten ja einen Rundflug machen“, stichelte Carl weiter.
    „Du hast nicht genug Geld“, konterte sie.
    „So teuer ist das nicht. Wir bekommen bestimmt Rabatt, schließlich sind wir von der Insel.“
    Amüsiert beobachtete Jonas seine Cousine. Dass sie Angst vor dem Fliegen hatte, war spätestens nach dem Urlaub in Spanien klar gewesen. Fanny hatte mit Engelszungen auf sie einreden müssen, um sie für den Rückflug in den Flieger zu bekommen.
    „Da für gibt Ma kein Geld aus.“ Sie drehte

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