Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
Vom Netzwerk:
erwartet habe. Wir werden uns noch mehr beeilen müssen. Die Zeit drängt.“
    Die Männer waren vorbei, hatten Jonas offenbar nicht bemerkt. Wahrscheinlich waren sie zu schnell gewesen, dachte Jonas, oder Lennart hatte etwas unternommen, sie vor ihnen zu verhüllen.
    Lennart führte sie zurück auf die Straße und dann legte auch er eine schnellere Gangart an. Jonas war das Galoppieren alles andere als geheuer, schon gar nicht in einer fast stockfinsterer Nacht. Mehr als ein Ast schrammte sein Gesicht oder peitschte ihm gegen Brust und Arme. Er klammerte sich an den Sattel, bis seine Muskeln rebellierten. Wenn Marie auf einem Pferd saß, sah es so leicht und entspannt aus. Er beneidete sie darum.
    An einer Stelle, die für Jonas aussah, wie der übrige Wald, bog Lennart unvermittelt ab. Er führte ihn nach einem kurzen Stück querfeldein auf einen schmalen Weg, der sie nach einer halben Stunde in offenes Hügelland brachte. Auf den Wiesen weideten Rehe, Hirsche und Kühe und einige im Mondlicht grotesk wirkende andere Wesen.
    „Was sind d as für Viecher?“, wollte Jonas wissen.
    „ Gargoyles“, sagte Lennart leise und ganz selbstverständlich. „Und das da vorne ist eine Winterchimäre.“
    „No ch nie davon gehört“, entgegnete Jonas.
    „Ich denke, sie heißen bei euch anders. Ein fast menschlicher Kopf mit einem Löwenkörper und dem Schwanz eines D rachen. Die Männchen haben sogar Flügel.“
    „Ein Mantikor“, sagte Jonas. „Der Überlieferung nach fressen sie Menschen?“
    „Die sind nicht sehr wählerisch, was sie fressen, aber sie sind meist sehr scheu.“
    Wie als hätte er Lennart gehört, rannte der Mantikor erschrocken davon. Jonas blickte ungläubig auf die Gargoyles mit ihren kurzen hektischen Bewegungen und ihren Flügeln, die raschelten als wären sie aus Federn.
    Lennart zeigte auf ein einzelnes helles Licht am Horizont. „Da drüben!“
    „ Das Licht?“
    „Das, was du suchst, bekommst du dort.“
    „Du kommst nicht mit?“
    „Das hängt von dir ab.“
    „Ich will, dass du mitkommst“, sagte Jonas bestimmt und ein wenig zu schnell. Jonas sah keinen Grund, warum Lennart nicht mit ihm gehen sollte. Vor allem aber fürchtete er, dass er die Stelle hier auf dem Rückweg nicht wieder finden  würde.
    „ Du solltest voraus reiten“, sagte Lennart. Mit einem Schnalzen seiner Zunge setzte sich die Stute in Bewegung. Durch den langen schnellen Ritt waren die Pferde unruhig, stießen große weiße Wolken aus den Nüstern und tänzelten von einer Seite auf die andere.
    Jonas schärfte seine Sinne. Er versuchte ein Gefühl für die Gegend zu bekommen, versuchte Gefahren auszumachen, aber alles, was er spürte war ... nichts. Es war, als wäre er in eine dicke Schicht Watte gepackt, die seine Sinne abstumpfte oder gänzlich verhüllte. Nur die Augen waren übrig und selbst denen traute Jonas im spärlichen Mondlicht kaum.
    Das Licht, auf das sie zuritten, flackerte, änderte von Zeit zu Zeit die Farbe, wurde gelber und mal roter oder wieder grell weiß. Es musste ein Feuer sein, ein sehr großes Feuer, dachte Jonas.
    „Hey, ho, ich bin Lennart und ich bringe den Letzten vom Licht“, rief Lennart unvermittelt. Jonas zuckte zusammen. Wie aus dem Nichts waren ein gutes Dutzend Männer vor ihnen aufgetaucht, Klingen blitzten auf, Musketen wurden auf sie gerichtet. „Sprich laut die Parole!“, forderte einer der Männer.
    Alle Blicke waren auf Jonas gerichtet. Er wusste auch, dass die Männer nicht von der Ombrage waren, sonst hätte er es in seiner Hand gespürt, aber sie gehörten auch nicht zum Licht. Es waren die Hüter oder Wächter oder wie auch immer sie sich nannten. Sie arbeiteten weder für die eine noch für die andere Seite und doch waren sie mit ihnen verbunden, meist wachten sie über Artefakte, wie das Siegel und das Wachs oder auch über die Gegenstände, die den Sprung von einer Welt in die andere erlaubten.
    „Sprich laut die Parole!“ Die Aufforderung war eindringlich gerufen von allen, die vor ihnen standen. Jonas fror und schwitzte zugleich. Er kannte keine Parole, keinen Code, der ihn weiterbringen konnte. Er musste ihn kennen, aber da war nichts. Er dachte an das Buch, doch dieses Mal war sein Kopf leer. Die Männer forderten noch einmal die Parole. Schweiß rann über seine Stirn und den Rücken. Er wollte sagen, dass er es nicht wusste, aber dann ... „Cave lucem!“, rief er. Es war ihm eingefallen wie eine Vokabel, die man schon lange kannte. Hüte dich vor

Weitere Kostenlose Bücher