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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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wenn ich sie gar nicht kennen will“, sagte er ernst.
    Jonas schluckte. Es waren die beiden Männer der Ombrage vom gestrigen Abend und wie zur Bestätigung lief Georg aus dem Publikum zu ihnen, diesmal nicht im Blaumann, sondern in einer Stoffhose und einem Hemd, in dem er grauenhaft unbeholfen aussah.
    „Waren die vorhin schon da?“ , fragte Jonas.
    „ Nein, ich habe nur Georg gesehen. Er saß ganz hinten neben einer Frau, könnte sein älteres Stelldichein gewesen sein.“
    Jonas trank von dem Bier. „Fanny wird riechen, dass wir Bier getrunken haben“, sagte Jonas beiläufig. Er ließ die drei Männer nicht aus den Augen. 
    „Ach, Jonas, wir sind alt genug dafür. Nur weil sie immer noch die kleinen Kinder in uns sieht. Irgendwann muss sie das kapieren.“
    „ Mir macht es nichts aus, wenn wir auf Rabensruh die lieben Kinder spielen. In diesem Sommer ist die heile Welt sowieso kaputt genug und so oft sind wir nicht hier.“ Vor allem reichte ihm der Ärger mit Mathilda voll und ganz.
    „ Hier, ich habe Kaugummis“, entgegnete Carl. Er holte die Packung heraus und gab Jonas einen.
    „ Bäh, ich hasse Zimt“, sagte Jonas und nahm trotzdem einen Streifen.
    „Was meinst du, wollen die da?“
    Jonas hatte keine Ahnung, aber er fürchtete, dass sie nicht wegen der Aufführung hier waren. Über den Lautsprecher wurden die Besucher auf ihre Plätze gerufen. Jonas und Carl ließen die Flaschen hinter der seitlichen Begrenzung verschwinden und machten sich selbst auf den Weg. Georg machte keine Anstalten zurück zu seinem Sitzplatz zu gehen und die Männer rührten sich gleichfalls nicht von der Stelle, sondern starrten in ihre Richtung.
    Einer hantierte mit etwas herum, das im Licht der Scheinwerfer kurz metallen aufblitzte. „Ist das ein Messer?“, flüsterte Carl. Er hatte es als erster bemerkt.
    „ Nein“, Jonas fiel es wie Schuppen von den Augen, „Scheiße, das ist das …“ Weiter kam er nicht. Der Mann hatte das Horn an die Lippen gehoben und der Ton schallte laut über den Platz. Er bohrte sich schmerzhaft in Jonas Kopf, nahm ihm den Atem und zwang ihn auf die Knie, noch viel stärker als am Abend, wo sie im Haus zumindest ein wenig geschützt gewesen waren. Er presste die Hände auf die Ohren, was kein bisschen Linderung brachte, und als der Ton endlich endete, hörten sie die Hunde, wie sie jaulten. Die Ombrage hatte nur darauf gewartet, dass es dunkel genug geworden war.
    Schon der Ton, auch wenn er für normale Leute weit weniger schmerzhaft war, hatte das Publikum beunruhigt und das näherkommende Jaulen der Höllenhunde tat den Rest. Die Leute, die sich gerade gesetzt hatten, standen wieder auf, ein Raunen ging durch die Reihen, dann ein einzelner panischer Schrei. Jonas und Carl drehten sich um. „Es muss auf der anderen Seite sein!“, sagte Carl. Sie drängelten sich durch die Menge. Nun es war Jonas klar, was ihn erwartete, und doch bekam er Panik, als er sah, dass es nicht ein oder zwei Hunde waren, sondern vier dieser grauenhaften Bestien. Die gewaltigen Tiere näherten sich mit gefletschten Zähnen, knurrend und fauchend. Kurz dahinter lief ein einzelner, sehr großer Mann von fast übermenschlicher Größe. Sein schlohweißes Haar schimmerte im schwindenden Licht und er strahlte deutlich aus, dass er zur Ombrage gehörte, so sehr wie kein Mann zuvor, den Jonas je gesehen hatte.
    „Werft die Tische um!“ , rief einer der Zuschauer beherzt. Noch ehe irgendjemand reagieren konnte, rannte der erste Hund mit katzengleicher Gewandtheit auf die Menge zu. Mit einem gewaltigen Sprung riss er eine Frau, die ganz vorne gestanden hatte, rücklings zu Boden. Jonas sah sie bluten, obwohl der Hund keine Anstalten machte nach der Kehle zu fassen. Panik brach aus. Die Menge kreischte, drängte zurück, Leute stürzten über die Stühle, wurden von anderen getreten und mit einem Mal standen Carl und Jonas in der ersten Reihe.
    Jonas suchte nach Ludwig und Mathilda, konnte sie aber nicht sehen; erst Carl entdeckte sie, seitlich neben der Bühne, wo nur sie beide und ein paar der Schauspieler standen. Carl drehte sich wieder um, starrte auf die verletzte Frau. Sie lebte, blutete aber aus einzelnen Kratzern auf Brust und Bauch. Der Hund stand neben ihr. Es war Jonas klar, was oder viel mehr wen das Tier suchte. Er griff einen Stuhl, riss ihn aus der Verkettung mit dem nächsten und schrie Carl zu: „Bring deine Eltern und Marie in Sicherheit!“ Carl zögerte. Jonas ging zu ihm, stand dicht vor

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