Weltenende (German Edition)
Präsenz, und er fühlte sich beobachtet, während er sich auszog. Wahrscheinlich war Agnes, wenn sie denn so wichtig war, nicht alleine hier. Jonas wickelte ein Handtuch um die Hüfte und trat ein.
Gl eich neben dem Eingang saß eine Frau, weit jünger als er erwartet hatte. Ihre schulterlangen Haare klebten feucht am Kopf, was ihrem bildschönen Gesicht keinen Abbruch tat. Glasklare blaue Augen leuchteten umrandet von tiefschwarzen Wimpern. Ihre Haut war bis auf ein paar Sommersprossen glatt und makellos. Kein Handtuch bedeckte ihre Brüste oder Lenden, was Jonas noch nervöser machte, als er ohnehin schon war.
„ Nimm Platz, Jonas Markwarth!“, sagte sie und mit einer sanften Bewegung deutete sie auf die Bank gegenüber. Jonas setzte sich und presste die Beine zusammen.
„Du weißt, was eine Prophetin ist?“
„Sie können die Zukunft sehen.“ Es war unerträglich heiß in der Hütte. Der Schweiß brach ihm aus, rann ihm über die Stirn und den Rücken und der Finger wie auch die nicht gänzlich verheilte Schramme an der Wade brannten schmerzhaft wie Feuer.
„ Ich kann Dinge aus allen Zeiten sehen, aber letztendlich empfange ich nur Nachrichten von dort oben.“
„Ich glaube nicht, dass es oben ist“, entgegnete Jonas.
Agnes lächelte. „Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Ludwig sagte schon, du seist ein schlaues Kerlchen.“
„Carl ist zuhause. Er …“
„Ich weiß.“
Ein Moment unangenehmer Stille entstand, in der Agnes Jonas musterte.
„Kann ich die Lottozahlen für nächsten Samstag haben?“ , fragte er.
Agnes lächelte wieder und es war selbstgefällig, wie sie antwortete: „Vergiss nicht, dass ich nur sehe, was mir gezeigt wird.“
Jonas wollte wieder weg und es war ihm egal, dass er unfreundlich war. „Warum treffen wir uns?“
„Ich habe gesehen, dass wir uns treffen.“
„ Wissen Sie, ob ich die Apokalypse aufhalte oder nicht?“
Agnes senkte den Blick. „Ich habe keine Vision gehabt, die mit Gewissh eit aus der ferneren Zukunft stammen würde. Deswegen bin ich auch hier, Jonas. Ich bin beunruhigt.“
Jonas wischte sich den Schweiß von der Stirn. „ Es ist zu warm hier drinnen.“
„ Ich komme aus dem langen Winter der Anderswelt. Ich finde es angenehm.
Minutenlang saßen sie nur da. Die Hitze schlug Jonas auf den Kreislauf, während Agnes entspannt an der Wand lehnte und die Augen geschlossen hielt, schien es ihm, als ließe sie ihn dennoch nicht aus den Augen. Die nackten Brüste zogen seine Blicke magnetisch an. Sie waren Apfelsinen groß, straff und ... Er musste sich ablenken. Nur mit Mühe gelang es ihm, nicht darauf zu starren. „Das heißt, ich werde versagen?“, fragte er.
„Die Apokalypse wird ausgelöst werden , das habe ich gesehen, nicht mehr und nicht weniger.“
„Als o kann ich nichts dagegen tun?“ Jonas schnürte es den Hals zusammen.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Agnes.
„Sie sind eine großartige Hilfe.“
Agnes öffnete kurz die Augen und schloss sie wieder. „25-50-95-28-4. Es liegt alles an dir!“, flüsterte sie mit einer Stimme, die nicht ihre war. Und genauso schnell kehrte sie zu ihrer, wie Jonas fand, leicht selbstgefälligen Art zurück. „Du kannst gehen. Draußen liegt ein Brief, der ist für deinen Cousin. Ich möchte nicht, dass du ihn liest, hast du verstanden?“
Jonas stand auf. „Was bedeuten die Zahlen?“
„ Es ist deine Aufgabe das herauszufinden.“
Jonas seufzte. „Werde ich sterben?“, fragte er gereizt.
„Willst du das wirklich wissen?“
„Ja.“
„Würde es denn etwas ändern?“
Jonas zögerte. „Ich will es wissen“, sagte er mit einer überraschenden Festigkeit in der Stimme.
„ Ich habe es nicht gesehen, aber ich glaube, dass es noch nicht entschieden ist. Es hängt alles von dir ab!“
Jonas eilte aus dem Raum. Die frische Luft tat gut auf seiner nackten Haut, umschloss ihn wie kühles Wasser. Er schlüpfte in seine Hose. Das Hemd ließ er aus. Er schwitzte.
KAPITEL XXVII
Am nächsten Tag zofften sich Carl und Barney und Jonas geriet dazwischen. Mathilda tauchte auf und schließlich, obwohl Jonas nur wenig gesagt hatte, schien es ihm, als läge die Schuld allein bei ihm. Er und Carl bekamen Hausarrest für unbestimmte Zeit aufgebrummt und Carl tobte erst recht. Zum einen hatte er noch nie in seinem Leben Hausarrest bekommen, zum anderen war er sechzehn und mit sechzehn bekam man keinen Hausarrest mehr, dachte er. Jonas verbrachte den Nachmittag am Schreibtisch und ackerte
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