Weltenende (German Edition)
Fanny.
„Kann sie dann in die Wohnung ziehen?“
„Ich denke darüber nach, aber nächsten Dienstag kommen neue Gäste, eine Familie aus Berlin.“
„ Ik hoff’, sie blebt net so lang“, sagte Carl. „Sprechen die so?“
„Man hat gehört, dass sie aus Berlin kommen. Sei nicht immer so böse, Carl. Das sind bestimmt ganz nette Leute.“
„Jonas, kannst du nach dem Essen mit in die Scheune kommen? Ich brauche deine Hilfe“, bat Barney kauend. Jonas dachte sich nichts dabei.
Nach dem Kuchen und dem Kaffee ging er mit ihm. Barney schob das Tor ein Stück zur Seite und der Duft von frischem Heu juckte Jonas in der Nase. Er hatte erwartet, dass sein Onkel bei irgendetwas, vermutlich einer Reparatur - auf so einem Hof gab es immer etwas zu reparieren - Hilfe brauchte, aber er sah nichts. Durch die beiden Oberlichter fiel nur spärliches Licht und die Wärme des Tages hatte sich gestaut. „Jonas, ich muss mit dir reden“, begann Barney zögerlich und zeigte auf zwei Sattelbänke. Jonas setzte sich kerzengerade, legte seine Hände in den Schoß und schaute Barney fragend an. Er ahnte bereits, worauf sein Onkel hinauswollte. „Ich weiß, dass du nicht mein Sohn bist, Jonas“, begann Barney umständlich, „aber solange du hier bist, bin ich für dich verantwortlich. Ich weiß, dass du in Dinge verwickelt bist, von denen ich und Fanny nichts wissen und ich weiß von Mathilda, dass sie wichtig sind, aber ich ...“, Barney rückte auf seiner Bank vor, „ich will nicht, dass du dich oder Carl in Gefahr bringst.“
Jonas senkte den Blick. „Ich habe alles getan, damit Carl nicht in Gefahr war.“
„Das glaube ich dir, aber ich will, dass du aufhörst.“
„ Ich auch, aber es liegt nicht in meiner Macht, dass es aufhört, und auch das wird dir Mathilda bestätigen. Ich habe keine Kontrolle darüber und Mathilda auch nicht und dass sie mit meiner Vorgehensweise nicht einverstanden war, hast du ja bemerkt. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es auch Personen gibt, die es gut geheißen haben“, antwortete Jonas so neutral, wie es ihm nur gelang. Ihm war klar, dass Barney natürlich auf Mathilda hören würde. Die alte Frau war seine Stiefmutter und Jonas war, wann immer es wichtig wurde, nichts weiter als ein sechzehnjähriger Junge, ein Alter das Erwachsene nicht ernst nahmen. „Der Hof ist der sicherste Ort auf der Insel, dafür haben wir gesorgt, aber ich ...“
„Du wirst damit aufhören! “, zischte Barney streng. „Du wirst dich nicht weiter in Gefahr bringen, sonst werde ich dir und Carl Hausarrest geben.“
Jonas senkte den Blick. „Ich wünschte, es würde nach dir gehen“, sagte Jonas resigniert und stand auf.
Barney verzog den Mund. Dieses Gespräch verlief ganz und gar anders, als er es sich vorgestellt hatte. „Wenn ich dir Befehle hier auf dem Hof zu bleiben, wirst du es tun?“
„Nein , das geht nicht“, antwortete Jonas direkt und ohne jeden Trotz in der Stimme. Es entsprach einfach nur der Wahrheit. Die Ombrage würde nicht zulassen, dass er sich einfach nur auf den Hof setzte.
„ Aber du wirst mir versprechen, Carl aus der Sache herauszuhalten!“
Jonas zögerte . Er dachte nach, aber was blieb ihm schon übrig, als es Barney zu versprechen. Im selben Augenblick, in dem er es aussprach, wusste er, dass es ein Fehler war. Carl war schon einmal das entscheidende Zünglein an der Waage gewesen und er würde es vielleicht wieder sein. Letztendlich verstand Jonas auch Barneys Haltung, denn Carl war sein Sohn und er wusste nicht, dass alles verloren war, wenn er verlor.
Ohne ein weiteres Wort ging Jonas aus der Scheune und Barney rief ihm hinterher: „Ich will euch nur beschützen.“
„ Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert …“, entgegnete Jonas leise genug, dass sein Onkel es nicht hörte.
Später stritt Jonas mit Carl. Er sollte zuhause bleiben, was er natürlich nicht wollte, denn Ludwig hatte sie ja beide zu Agnes geschickt. Jonas flehte ihn an, trotzdem zu bleiben, weil er es Barney versprochen hatte.
Viertel vor elf verließ er allein den Hof, nahm den direkten Weg über die Wiese und bog erst vor Marots Hof auf die Straße ab. Bis zur Schwitzhütte war es nicht weit, zu Fuß vielleicht zehn Minuten, ohne sich zu beeilen. Trotzdem war ihm mulmig zumute, und das nicht nur wegen der Hunde.
Durch den dicken Vorhang fiel ein Streifen Licht auf die Holzroste im Eingangsbereich. Er spürte eine Präsenz, eine lichte
Weitere Kostenlose Bücher