Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Menschen in einem Zustand ewiger und vollkommener Glückseligkeit existierten und noch heute existieren könnten - wenn die Schwäche des menschlichen Geistes nicht zu unsäglicher Hybris geführt hätte! Wenn die Menschen nicht in unendlicher, blasphemischer Anmaßung glaubten, auf einer Stufe mit den Großen Alten - ihren Schöpfern! – stehen zu können! Der dunkle Dämonenfürst selbst hat den Großen Alten durch List den göttlichen Funken der Magie gestohlen und den Menschen angeboten. Und die Menschen haben ihn ergriffen und damit die Große Sünde geschaffen, die uns bis heute von unseren Schöpfern entzweit – denn die Großen Alten verließen Teanna, enttäuscht von dem Versagen ihrer Kinder.«
Er schwieg einen Moment betroffen, dann wurde sein Blick hoffnungsvoller. »Allerdings nicht ohne uns die Gewissheit zu hinterlassen, dass sie uns eines Tages wieder bei sich aufnehmen werden, wenn wir uns als würdig erweisen.«
Das Feuer knisterte, der Regen schien nach einer kurzen Verschnaufpause umso heftiger herunter zu prasseln. Lange Zeit saßen die drei Menschen gedankenversunken um den großen Eichentisch herum.
Nach einer Weile fragte Tyark schließlich: »Ihr sagtet, die Drachen verschwanden im Zweiten Zeitalter. Warum verschwanden sie? Und könnten sie vielleicht wiederkommen?«
Goswin runzelte die Stirn und sagte schließlich: »Keiner weiß so recht, weshalb diese mächtigen Kreaturen verschwanden. Manche sagten, sie wurden alle von den Menschen getötet, als unser Geschlecht sich anschickte, die rechtmäßige Herrschaft über Teanna zu übernehmen. Die steinernen Knochen dieser gewaltigen Kreaturen finden sich manchmal noch, daher müssen wir in der Tat davon ausgehen, dass es so etwas wie Drachen wohl gegeben hat. Aber ob sie so waren wie überliefert worden ist – wer weiß das schon! Nun, die Drachenbrut ist vor langer Zeit ausgemerzt worden und sie werden nicht wiederkehren, auch nicht in Zukunft.«
Goswin lächelte Tyark und Zaja an. Tyark spürte, wie Zaja neben sich entspannte. Goswin stand derweil auf und begann, leise in der Stube auf und ab zu laufen. »Aber was die Zukunft angeht, gibt es auch so Anlass zur Sorge. Denn es gibt da eine einzelne, heftig umstrittene Prophezeiung.«, Goswin sprach nun leiser, »Wir wissen eigentlich auch nicht, ob es eine wirkliche Prophezeiung ist - aber sie hat uns viel über die Geschichte Teannas verraten, nur durch sie wissen wir überhaupt von den anderen Zeitaltern. Nur durch sie können wir heute ahnen, welches Schicksal unsere Vorfahren durchleiden mussten... und in dieser Prophezeiung werden jedenfalls noch Zeitalter erwähnt, die uns noch bevorstehen.«
Eine heftige Windböe trieb den Regen klatschend an die Fensterläden und ließ Tyark unmerklich zusammenzucken.
»Das Fünfte Zeitalter, an dessen Schwelle wir uns angeblich befinden, soll durch die Herrschaft der Magie gekennzeichnet sein. Etwas, das der Orden seit seiner Gründung zu verhindern sucht!
Zu schrecklich ist unser Wissen über die Zeit des Chaos, als die freie und ungebundene Magie grauenhaftes Leid und tausendfachen Tod verursacht hat! Im Anschluss an das Fünfte Zeitalter soll jedenfalls noch ein Zeitalter über die Menschen hereinbrechen, allerdings ist nicht bekannt, was dieses Zeitalter bestimmen wird... aber vielleicht wird auch alles ganz anders kommen, immerhin ist die Prophezeiung uralt und ihre Übersetzungen wurden oft unter widrigen Umständen angefertigt... Na, jedenfalls gibt es danach keine weiteren Prophezeiungen mehr, daher wurde in der Vergangenheit manchmal behauptet, dass dieses Zeitalter das Ende der Welt einläutet...«
Mit Blick in die erschrockenen Gesichter Zajas und Tyarks lachte er gutmütig und sagte: »Ha, ich wollte euch doch nicht erschrecken! Das Fehlen von Prophezeiungen bedeutet nur, dass die Zukunft noch nicht geschrieben worden ist! Habt keine Angst! Bis dorthin sind wir alle längst in den Hallen der Großen Alten, wo wir auf den Tag der Erlösung warten werden! Wann auch immer er kommen mag!«
***
Es verging fast ein Monat, bis es Goswin gelungen war, zu Adaque vorzudringen. Mal hieß es, sie sei nicht in der Stadt, dann wiederrum, sie habe dem Fürsten bei Dingen zu helfen, die keinerlei Aufschub duldeten.
Tyark bemerkte, dass diese Zurückweisungen Goswin kränkten, auch wenn sich der Bruder nichts davon anmerken ließ.
Der Sommer war mittlerweile endgültig in einen kaltnassen Herbst übergegangen, dessen Atem einen harten Winter
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