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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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absonderliche Vision ihn im Turmzimmer befallen hatte!
    Tyark betrachtete das Gesicht Zajas. Sein Blick wanderte über ihren Kopf, auf dem sich die Stoppeln neuer Haare zeigten, fuhr über ihr zerschnittenes Ohr, ahnte die Qualen im Kerker, und blieb auf ihren dünnen, rosigen Lippen haften.
    Er hatte das verführerische und falsche Antlitz der Medusa gesehen, hatte ihre pervertierte Liebe tief in seinem Herzen gespürt. Und lange hatte er Angst gehabt, dass keine sterbliche Frau ihn jemals wieder reizen konnte. Und doch – trotz den Narben und Spuren des Lebens in Zajas Gesicht spürte er, dass Schönheit vielleicht etwas war, das nicht nur an makelloser Haut festzumachen war. Zaja hatte gewiss nicht die Ausstrahlung und Schönheit der Magistra, aber war dies überhaupt notwendig? Nein - langsam begann Tyark etwas in Zaja zu sehen, das weit über das Äußere hinausging. Er begann, hinter die skeptische Stirnfalte zu blicken, welche sich so häufig bildete. Hinter die Narben, welche sie nicht nur auf der Haut trug.
    Er stützte sich auf seine Ellenbogen und rückte nah an sie heran. Ohne weiter darüber nachzudenken, neigte sich sein Kopf wie von allein herunter - er schloss seine Augen küsste Zaja vorsichtig auf den Mund.
    Als Tyark wieder auf Zaja hinunterblickte, sah er, dass ihre grünen Augen geöffnet waren und ihn anblickten. Sein Herz klopfte laut. Eine kleine Ewigkeit blickte sie in schweigend an und für einen Moment war Tyark überzeugt, dass auch sie ihn nun küssen würde - doch dann schien plötzlich ein Anflug von Sorge über ihr Gesicht zu huschen und sie zuckte zurück. »Tyark – bei den Großen... was ist mit deinen Augen geschehen?«
    Ihre Worte waren wie ein Schlag in Tyarks Magengrube – war es das, was der Räuber hatte sagen wollen? Was ist mit deinen Augen ? In seinen Ohren rauschte es. Zaja richtete sich auf und ergriff sein Gesicht mit ihren Händen. Während sie ihm forschend ins Gesicht blickte, sagte sie: »Seltsam...sie...sahen gerade ganz anders aus. Sie, hm, sie hatten gerade einen fast... goldenen Schimmer in sich! Es war unheimlich!«
    Tyark lächelte angestrengt und es kostete ihn viel Überwindung, zu schmunzeln. Er sagte leise: »Bitte?! Was ist mit meinen Augen?!«
    Schweigend musterte Zaja sein Gesicht sorgfältig und sagte schließlich verunsichert: »Verzeih mir - ich war wohl noch nicht ganz wach. Es...ist nichts mit deinen Augen. Sie sind wie immer... Ich weiß auch nicht, was gerade los war!«
    Sie grinste unsicher.
    » Goldene Augen? Unheimlich noch dazu...bist du sicher? Ich meine, Gold wäre ja noch in Ordnung...aber unheimlich ...!«
    Tyark rang sich ein keckes Grinsen ab.
    Zaja schnaufte und lächelte unsicher: »Ja, ja – zieh mich auch noch auf damit! Ich war einfach nicht ganz wach. Deine Augen haben dasselbe schöne Braun wie immer, ich...«
    Sie errötete und sprach nicht weiter. Tyark spürte eine intensive Wärme in sich aufsteigen. Sein Gesicht war nur wenige Fingerbreit von ihrem entfernt. Er spürte, wie ihre Hände plötzlich seine Oberarme hielten. Sein Mund näherte sich wie von alleine dem ihren. Zaja schloss langsam ihre Augen, ihre Lippen öffneten sich leicht.
    Beide zuckten zusammen, als Goswin unter ihnen plötzlich polternd die Tür öffnete, mit einer Tasche unter dem Arm eintrat und rief: »Guten Morgen, meine Freunde! Aufgestanden, rasch, rasch!«
    Klamme Morgenluft strömte in den Raum. Zaja wand sich sofort unter Tyark heraus und begann dann rasch damit, die knarrende Leiter in den Wohnraum hinabzusteigen. Tyark blieb seufzend liegen und folgte ihr erst nach einer Weile.
    Unten war Goswin damit beschäftigt, das Feuer im Kamin wieder anzuzünden. Während er sich die kalten Hände an den leise knisternden Flammen wärmte, sagte er: »Ihr schlaft zu lange! Zaja, gerade von dir erwarte ich eigentlich, dass du mit den ersten Sonnenstrahlen das Lager verlässt! Die Großen Alten haben die Morgenröte nicht erschaffen, damit wir sie verschlafen!«
    Er zwinkerte ihr zu und fuhr dann ernster fort: »Wobei ihr natürlich auch Recht habt – bei einem solchen kalten, wolkenverhangenen Sommer besteht wenig Grund, das warme Lager zu verlassen...«
    Müde wusch sich Zaja das Gesicht und verrichtete ein kurzes Morgengebet, begleitet von ihrem Mentor und Tyark, der stumm seine eigenen Gebete sprach.

    Die Nacht kündigte sich bereits an, als Goswin Tyark in der Stube beiseite nahm und sagte: »Was hältst du davon, wenn wir beide in den Vollen Mond

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