Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Speht...Spektabilitäten? Und Anemer, der damaligen Erhabenheit des Ordens?«
Goswin nickte bedrückt und sagte: »Ja, selbst ich war damals noch nicht geboren, es dürfte bereits über 100 Jahre her sein.«
Der Bruder blickte mit glasigem Blick zum großen Feuer, dessen kräftiges Prasseln den Raum des Wirtshauses erfüllte. Nach einer Weile fuhr er fort: »Anemer ist damals mit der Elite der mundanen und magischen Welt aufgebrochen – angeblich, um den Wahrheitsgehalt einer Prophezeiung zu überprüfen, die er in einem uralten Folianten entdeckt haben soll. Nach dieser Prophezeiung soll vor vielen Jahrtausenden eine wahrhaft apokalyptische Schlacht stattgefunden haben: Der Weltenbrand . Du erinnerst dich an das, was ich dir über Drachen erzählt habe? Nun, nach dieser Schlacht soll es keine mehr gegeben haben – warum, ist leider nicht überliefert. Doch in der Prophezeiung war noch von etwas anderem die Rede, nämlich dass es den Menschen am Ende des Weltenbrandes endlich gelungen sein soll, Demogorgon , den Dunklen Fürsten, in eine Falle zu locken.
Allerdings erwies sich der Dunkle Fürst als so mächtig, dass sie ihn damals nicht haben töten konnten. So blieb ihnen nur, Das Biest gefangen zu nehmen und in einen Kerker zu sperren. In der Hoffnung, dass die Menschen eines Tages mächtig genug sein würden, ihn endgültig zu vernichten. Unglücklicherweise ist das Wissen über diesen Kerker im Laufe der folgenden, unruhigen Jahrtausende verloren gegangen.«
Goswin nahm einen tiefen Schluck aus seinem Krug und lachte gutmütig, als er Tyarks besorgtes Gesicht sah. »Habe keine Angst, junger Freund! Es sind alles Legenden, Mythen und wirre Prophezeiungen, wer weiß schon, was davon wahrhaftig passiert ist. Nun, jedenfalls hat Anemer fest daran geglaubt, dass dieses spezielle Detail des Weltenbrandes der Wahrheit entspricht - entgegen der anderen Würdenträger des Ordens. Man munkelt hinter vorgehaltener Hand, dass sein Streben nach diesem Kerker zuweilen sogar, nun, irrationale Züge angenommen haben soll.
Jedenfalls ist er eines Tages mit einem Kriegstross der Elite Teannas in den Norden aufgebrochen – darunter übrigens auch die vier Spektabilitäten der Magie! Man sah ihn zuletzt San Lorieth, der Juwel des Nordens. Angeblich ist er von dort nach Westen, ins Herz der Kristallwüste aufgebrochen. Aber was dann aus seiner Expedition geworden ist, weiß leider niemand.«
Tyark stutzte und sagte erstaunt: »Ich habe gehört, er wäre siegreich gewesen?«
Goswin lächelte schief und antwortete: »Nun, natürlich konnte der Orden nicht verkünden, dass Teannas Elite irgendwo spurlos verschollen ist! Oder dass man noch nicht einmal genau wusste, wo... Gut, natürlich ist es auch gut möglich, dass sie tatsächlich etwas gefunden haben. Ob es gerade Demogorgon war, wage ich allerdings zu bezweifeln. Niemand weiß, ob es den Fürsten aller Fürsten überhaupt gibt. Ich glaube, er ist ebenfalls vielmehr eine Art, hm, Allegorie. Also ein Symbol für das Wesen der Dämonen selbst. Ich bin mir allerdings sehr wohl sicher, dass etwas Schreckliches, ungemein Böses in der Kristallwüste lauerte und vielleicht haben sie es gefunden - ob nun Demogorgon oder etwas anderes. Und dass wir heute hier sitzen und miteinander darüber sprechen können, ist schließlich auch Beweis dafür, dass der Erhabene Anemer nicht vollkommen versagt haben kann, nicht wahr?«
Tyark betrachtete sein Gegenüber - einen kurzen Augenblick lang hatte er fast das Gefühl, Goswins Gedanken zu spüren. »Aber Ihr zweifelt doch, nicht wahr?«
Überrascht blickte Goswin ihn an und sagte leise: »In der Tat...du hast ein ausgesprochen gut ausgeprägtes Gespür für Menschen, wie es mir scheint!«
Er blickte Tyark nachdenklich an. Tyark konnte dem Blick nicht lange standhalten und nahm rasch einen langen Schluck aus seinem Becher.
»Nun, ich habe mich als junger Kerl sehr für die Legende von Anemer interessiert. Was wirklich interessant ist: Wie ich herausfand, soll viele Jahre später ein von schrecklichen Narben gezeichneter, vollkommen wahnsinniger Mann wieder in San Lorieth aufgetaucht sein und in einer Schenke einen Mann ohne Grund niedergestochen haben. Nach seiner Verhaftung hat er angeblich standhaft behauptet, er sei Gorim, der berühmte Kommandant der Expedition Anemers! Trotz oder vielleicht wegen seines Wahnsinns soll er selbst nach der peinlichen Befragung bei dieser Behauptung geblieben sein – und stetig von furchtbaren, wirren
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