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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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alle vollkommen erschöpft und Tyark war erleichtert, als er Arana hörte: »Wir sollten hier rasten. Das Unwetter oben wird wohl noch eine Weile toben. Ich denke, wir haben es tatsächlich geschafft. Bei den Alten!«
    Mit einem lauten Seufzer sank auch sie herunter und lehnte sich entkräftet an die Zisternenwand. Tyark schaffte es noch, eine grobe Decke unter sich zu legen, dann fiel er sofort in einen tiefen Schlaf, der mehr einer Ohnmacht glich.
    ***

    Als er die Augen aufschlug, spürte er sofort, dass er noch schlief. Er richtete sich auf und blickte sich um. Schemenhaft erkannte er die dunklen Umrisse der Zisterne und sah auch den kleinen Bach, der sich in der Mitte des Raumes sammelte und in die beiden Kanäle floss – das Wasser schien vollkommen still zu stehen. Wundersames, schales Zwielicht erfüllte den ganzen Raum – doch Tyark konnte sich nur einen kurzen Augenblick verwundert umblicken. Denn spürte er sie . Hastig stand er auf, in seiner Brust glomm ein Funken auf, der sich sofort nach ihr sehnte aber gleichzeitig ihre schrecklichen, leeren Augen fürchtete.
    Tyark begann, den Kanal nach oben zu kriechen – die Wände, Wurzeln und Steine spürte er nicht. Als er sich oben umsah, wurde seine Angst kurz von der Faszination dessen verdrängt, was er hier sah. Der gesamte Sumpf glich einem Meer aus Schatten, die teilweise wie zerfetzte Flaggen von einem nicht spürbaren Wind geschüttelt wurden. Der Sumpf schien unendlich groß zu sein, in weiter Ferne sah Tyark seltsame Windhosen aus Schatten und funkelndem Licht, die über diese scheinbar ewige Einöde hinwegfegten.
    Tyark spürte, dass sich diese Vision auf den ersten Blick kaum merklich von seinen früheren unterschied. Andererseits hatte sich doch etwas grundlegend gewandelt - nämlich seine eigene Wahrnehmung. Er hatte das Gefühl, sich viel freier bewegen zu können, auch schien es so, als verfüge er über weitere Sinne, auch wenn er von diesen nur eine vage Ahnung hatte. Er verstand, dass in diesen Visionen vieles seltsam verdreht erschien. Lebendiges war schwarz und dunkel, während Totes manchmal wie aus Licht erschaffen wirkte. Sicherlich spielte auch Magie eine gewisse Rolle, da manche Orte in den Feuersümpfen geradezu strahlten, während andere nur still vor sich hin glommen oder nicht mehr als dumpfe, schwarze Flecken waren.
    Aber er verstand plötzlich auch, dass diese Visionen viel komplexer waren, als er zunächst vermutet hatte. Nicht nur Totes und Lebendiges warfen ihre Schatten in diese Welt, in verschiedensten Nuancen von Schwarz oder Grautönen. So beobachtete er staunend, wie sich am Horizont zu seiner Rechten gewaltige Gebäude, wie er sie noch niemals gesehen hatte, in den Himmel erhoben. Da begriff er staunend, dass in diesen Visionen auch die Grenzen von Raum und Zeit irgendwie ineinander verschoben sein mussten. Er war sich fast sicher, dass diese Gebäude, diese gewaltige Stadt, irgendwo tief im Herzen der Feuersümpfe zu finden mussten und damit so weit weg, dass er sie unmöglich von hier aus hätte sehen können. Aber er wusste auch, dass die Gebäude in seiner Vision nur eine Art Echo längst vergangener Zeiten sein konnten. Wie Schatten, die vor unendlich langer Zeit erzeugt worden waren und doch bis hierher reichen, obwohl die Gebäude selbst zum größten Teil schon längst zu Staub zerfallen oder im Sumpf versunken waren.
    Während er staunend dastand, spürte er plötzlich ihre Gegenwart, irgendwo in der Ferne. Wie ein falscher Ton in einer Harmonie war sie in sein Bewusstsein gebrochen. Irgendwo im Hinterland des Sumpfes würde er sie finden, das spürte er. Und er spürte auch, dass etwas Schreckliches geschehen war oder sogar noch im Geschehen begriffen war – vielleicht dasselbe, was die Medusa in den Graten angerichtet hatte. Er begann zu laufen.
    Er hätte nicht sagen können, wie lange es dauerte, bis er am Rande des Sumpfes angekommen war, da er auch viel schneller zu laufen schien, als dies eigentlich möglich gewesen wäre – und obwohl er gar nicht hätte sagen können, ob er überhaupt lief, oder ob es vielmehr die Umgebung war, die an ihm vorbeiglitt. Schemenhaft huschten die dunklen Abbilder uralter Gebäude an ihm vorbei, Wälder aus Licht, längst gestorben und im Sumpf versunken, aber dennoch leuchtend in den seltsamen Himmel ragend, an dem dunkle Wolken mit hoher Geschwindigkeit vorbeizogen.
    Dann verlangsamte er hastig seinen Lauf, denn ihre Präsenz wurde immer stärker – und noch etwas

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