Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
stand, auf einige Kohlestücke glühten. Darüber war ein einem Gestellt ein seltsames Tier aufgespießt, das seltsam lange Ohren und einen lederartigen, langen Schwanz hatte. Es war fast wie eine Schlange überall mit Schuppen bedeckt. Hatte das jemand von ihnen bestellt? Norin hatte sich bereits ein gutes Stück herausgeschnitten und begeistert auf dem weißen, weichen Fleisch herumgekaut. »Esst! Gut Kalaksa ! Lecker!«
Muras zuckte mit den Schultern und schon bald war von dem Tier nur noch das Gerippe übrig. Während ihres Schmauses lauschten sie den gebrochenen Erzählungen Norins, der ihnen uralte Legenden über die Wanderin erzählte, offensichtlich einer wichtigen Gestalt aus der Welt der Sagen und Legenden des Nomadenvolkes. Und vor allem deshalb bekannt, da sie in der von Männern dominierten Welt der Nördlichen Wüsten die einzige Frau war, die nicht nur bekannt, sondern geradezu legendär geworden war.
Laut Norins Erzählungen war diese Wanderin nicht nur Magierin, sondern auch noch eine fast unbesiegbare Kriegerin. Und ihre außerordentliche Kraft und Gewandtheit hatte sie wohl nicht nur auf zahllosen Schlachtfeldern unter Beweis gestellt, sondern auch bei zahlreichen erotischen Gelegenheiten. Was davon Wahrheit und was davon vielleicht Wunschträume der zahllosen Erzähler dieser Legenden war, ließ sich nicht mehr auseinanderhalten.
Die Reise der Wanderin endete angeblich am Fuße des Lor, im Palast des damaligen Sultans Khalid. Muras hörte mit einem bierseligen Lächeln zu und ergänzte an manchen Stellen die Geschichte. Offensichtlich hatte er in seiner Zeit im Karzer Gelegenheit gehabt, die lokalen Geschichten ausgiebig zu lesen.
Tyark hatte gerade über einige seiner Abenteuer mit Lara erzählt, als Muras sich geheimnistuerisch umblickte, an hin heranrückte und mit deutlich schwerer Zunge sagte: »Und ich habe noch etwas rausfinden können, Tyark.«
Er blickte sich nochmals um. »Im Zirkel habe ich mich viel mit anderen Magiern unterhalten. Über die Häretiker.«
Tyark stellte erstaunt seinen Bierkrug auf den Tisch und lauschte mit halb geöffnetem Mund. »Ich glaube, sie sind tatsächlich viel mehr, als Goswin hatte durchblicken lassen! Alleine in den zwei Wochen habe ich bereits vier Magier getroffen, die zumindest mit den Häretikern sympathisieren. Du brauchst überhaupt nicht so komisch zu gucken, Tyark! Das sind keine bösen Menschen, sie werden auch nicht auf Seiten der Horde kämpfen - auch wenn hier manche so tun!«
Muras schnaufte empört. »Sie wollen einfach nur frei leben, nach dem Krieg. Einige sprachen sogar davon, eine Art Gemeinschaft zu gründen. Eine Ägide. Und sie wollen ihre Ziele friedlich erreichen, sie haben nichts gemeinsam mit den gefallenen Magiern, die sich mit Adaque verbündet haben.«
Tyark versuchte, einigermaßen klare Gedanken zu finden, doch es gelang ihm mehr schlecht als recht. »Aber Muras, was ist mit den... Gefahren der Magie? Jemand muss sie doch kontrollieren!«
Muras verzog abermals das Gesicht und sagte: »Vielleicht sollten es den Magiern erlaubt sein, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich denke nicht, dass durch die Kontrolle des Ordens alle... Unfälle wirklich vermieden werden können.«
Er starrte eine Weile in die schwach glimmende Glut vor sich. Dann zuckte er mit den Schultern und nahm einen tiefen Schluck. Tyark war verwirrt. Er spürte, dass Muras sehr wichtige Dinge gesagt hatte, aber er war zu betrunken, um sie verstehen zu können. Also zuckte er ebenfalls mit den Schultern, prostete Muras zu und nuschelte: »Egal! Auf dich! Darauf, dass du wieder da bist!«
Tyark öffnete die Augen und erst wusste er nicht mehr, wo er war. Doch dann sah er vor sich das dämmerige Panorama der Wüste und unter sich Teile San Lorieths und es fiel ihm wieder ein. Nach ihrem Gelage waren sie in die Stadt aufgebrochen und hatten dort etwas unternommen, von dem nur noch trübe Fetzen statt Erinnerungen vorhanden waren. Er wusste aber noch, dass sie sich auf eine Bank gesetzt hatten – und wahrscheinlich waren sie dort eingeschlafen.
Er stöhnte leise, als er seine bohrenden Kopfschmerzen spürte. Sein Kopf schien mit Nägeln gefüllt zu sein, doch er spürte sogleich, dass etwas nicht stimmte. Einige Augenblicke später war ihm klar, was es war: Der Beutel um seinen Hals fehlte! Und jetzt fiel ihm auch ein, weshalb er aufgewacht war. Etwas hatte an seinem Hals geruckt, wahrscheinlich, als das Lederbändchen des Beutels durchgeschnitten worden
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