Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
vor, diesen Ort endgültig reinigen zu lassen. Aber im Moment dürften diese Pläne wohl ruhen.«
Er lachte tonlos und verzog dabei das Gesicht. Tyark lächelte still zurück und fragte vorsichtig: »Das klingt ja alles überraschend gut... aber was bei den 99 Höllen ist eine Myse?«
»Angeblich waren die Mysen so etwas wie ein kleiner Orden von Priesterinnen zu Zeiten Khalids. Ich muss das noch genauer nachlesen. Jedenfalls, sie sagten ihm wohl durch aufwändige Rituale die Zukunft voraus und sicherten so seine Regentschaft, die ja bis heute als weise und großartig gilt. Legendär war allerdings vor allem ihre Fähigkeit zum Blick der Erkenntnis , der einem Menschen direkt in die Seele blicken konnte, wie es heißt. Was auch immer das bedeuten soll. Angeblich sind selbst manche gestandene Krieger weinend und zitternd aus dem Tempel gekommen, nachdem sie mit diesem... Blick konfrontiert worden waren. Während andere geradezu beglückt herauskamen oder sich selbst fortan als Erleuchtete bezeichnet haben. Was auch immer damit gemeint ist.«
Muras zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Na ja, allerdings ist eines Tages diese sagenumwobene Wanderin aufgetaucht. Sie hat Khalid eröffnet, dass die Mysen nur durch finstere Pakte zu verschiedenen Dämonen die Fähigkeit der Prophetie erlangten! Khalid hat wohl nicht lange gezögert und ist mit der Elite seiner Soldaten zum Tempel geritten - zunächst, um sich von der Wahrhaftigkeit dieser furchtbaren Behauptungen zu überzeugen. Was auch immer Khalid im Tempel gesehen hat, es entbrannte noch am selben Tag eine heftige Schlacht im Tempel, in deren Verlauf die Mysen wohl getötet wurden. Allerdings waren wohl nur ihre Körper tot und schon bald musste Khalid feststellen, dass er die Mysen – oder was von ihnen übrig war – nicht besiegen konnte. Sie waren bereits jenseits der Reichweite des Todes.
Der Autor schreibt weiter, dass die Mysen ein langwieriges, dunkles Ritual vollzogen, welches ihnen mithilfe eines geheimnisvollen und unglaublich mächtigen Artefakts die Kontrolle über das letzte aller Elemente geben sollte - Gesetz...«
Tyark runzelte die Stirn. »Aber wenn die Mysen die Zukunft sehen konnten, warum haben sie nicht...«
Muras grinste breit und zuckte mit den Schultern. »Eine kluge Frage! Nun, ich nehme an, dass es nicht so einfach ist, die Zukunft vorherzusagen. Außerdem beruhte ihre Fähigkeit wohl auf Pakten mit Dämonen – und Dämonen werden immer versuchen, den Paktierer zu hintergehen, wenn sie ihn nicht mehr brauchen. Vielleicht war die Zeit der Mysen also... abgelaufen? Vielleicht hatten die Dämonen längst bekommen, was sie brauchten? Oder sie waren ihrer überdrüssig?«
Tyark kratzte sich am Kinn. Skeptisch fragte er: »Du meinst, die Dämonen hatten erreicht, was sie wollten? Und deshalb ließen sie die Mysen im Stich, natürlich genau dann, als es um ihr eigenes Leben ging?«
Muras nickte. »Ja. Und als Khalid klar wurde, dass in Wirklichkeit dämonischer Einfluss in die Prophezeiungen eingewirkt hatte, ist er innerlich daran zerbrochen. Denn wer konnte ihm dann noch garantieren, dass die Entscheidungen seiner Regentschaft wirklich richtig gewesen waren? Schließlich hatte er sich von den Mysen beraten lassen, angeblich war sogar eine seiner Frauen eine von ihnen! Vielleicht hatte er ja sogar unwillentlich dem Bösen den Weg bereitet!«
Muras blickte nachdenklich durch das Fenster nach draußen, wo das silbrige Mondlicht die hellen Mauern der Stadt auf geheimnisvolle Weise beleuchtete. »Die Dämonen werden ihr Spiel gespielt haben. Und gegen Khalid haben sie zumindest eine Schlacht gewonnen, wenn auch nicht den Krieg. Der Große Khalid ist wenig später alleine in die Grate gewandert, niemand weiß, was aus ihm geworden ist. Aber es ist ja auch nur ein Mythos, Tyark. Das Ganze ist gut 2000 Jahre her, kein Mensch weiß mehr, was damals wirklich passiert ist! Ich persönlich bezweifle sogar, dass es diese ominöse Wanderin wirklich gegeben hat. Wer weiß!«
Tyark runzelte die Stirn. Dann streckte er sich ächzend und nahm einen tiefen Schluck aus einer Wasserkaraffe, die Muras geholt hatte, als er geschlafen hatte. Er spürte, wie aufgeregt er innerlich war, als er sagte: »Also du weißt, wie wir das Ritual zum Öffnen der Pforten wirken können. Und du weißt auch, wo wir eine, äh, geweihte Pforte finden können...«
Muras nickte schließlich und sagte: »Ja, ich denke, wir können es versuchen. Ich brauche noch einige Sachen
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