Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Buchstaben geschrieben worden war.
Doch das Siegel des Barons sollte eigentlich genug sein. Misstrauisch blickte der Mann zu Arthan, der ruhig im Gang stehengeblieben war. Er fragte Tyark: »Der gehört zu dir?«
Tyark nickte stumm. Die Wache warf einen letzten Blick auf den Söldner und sagte, während sie die Tür öffnete: »Es is‘ ungewöhnlich, so spät hierher zu kommen. Normalerweis‘ werden die Gefangenen im Morgengrauen abgeholt. Und über der Erde. Beim Verwalter des Kerkers...«
Er runzelte die Stirn und blickte Tyark fragend an. Tyark spürte, wie das Misstrauen des Mannes vor ihm wuchs und er war froh, dass er sich für diesen Fall bereits einige Gedanken zurechtgelegt hatte. Er antwortete ruhig: »Mag sein. Aber dem Baron sind diese Gefangenen besonders wichtig. Warum auch immer.«
Tyark lächelte und zuckte mit den Schultern. »Mann, auch ich kann mir auch Besseres vorstellen, als in der Nacht durch die Keller der Stadt zu schleichen, um irgendwelche verurteilen Mörder abzuholen! Ich würde auch gerne in irgendeiner Schenke sitzen oder vielleicht in einem Freudenhaus, es ist ja auch nicht gerade warm hier unten bei euch...«
Er lachte und griff dabei in den Beutel, den er am Gürtel trug. Er holte die kleine Falsche heraus, die er bei seinem Wirt erstanden hatte. Grinsend sagte er: »Und damit ihr und nicht völlig umsonst helfen müsst, habe ich sogar was Feines mitgebracht. Damit der Abend nicht ganz so trostlos weitergeht. Natürlich nur, wenn ihr wollt... ansonsten wissen mein Begleiter und ich sicher auch, was mit dieser feinen Falsche Sanddrachenblut anzufangen ist! Dann hätten wir ja frei diese Nacht...«
Er strahlte den Mann an. Dieser blickte unsicher zu der anderen Wache, welche mittlerweile aufgestanden war und neugierig nähergekommen war. Schließlich sagte die zweite Wache, ein rothaariger, verschlagen aussehender Jüngling: »Wat? Sanddraachnblut? Dat lass‘ ich mir doch nit zweemal sachen...! Kommt, ick bring‘ euch zum Keekermeisa.«
Tyark drückte die kleine Flasche in die Hand der ersten Wache und gab Arthan ein Zeichen, ihm zu folgen. Der Rothaarige öffnete die schwere Tür und führte Tyark und Arthan in die Katakomben des Kerkers.
Die Anlagen des Kerkers gruben sich tief in die Eingeweide des Lor und die Erbauer schienen teilweise natürliche Höhlen und Risse im Gestein ausgenutzt zu haben. Tyark meinte sich daran zu erinnern, dass der Kerker tatsächlich der älteste Teil der Stadt war und wohl vor undenklich langer Zeit als unterirdische Festung gedient hatte. Und wer weiß, für was davor. Doch seit über 1000 Jahren waren hier nur noch Gefangene untergebracht, die manchmal vielleicht sogar den Rest ihres erbärmlichen Lebens hier unten schmachten mussten. Tyark spürte eine zunehmende Beklemmung in der Brust.
Sie kamen an vier weiteren Wachen vorbei, die sie neugierig anblickten. Die Luft wurde schlechter und der Gestank nach Exkrementen, Blut und Schweiß erzeugte eine neue Welle von Übelkeit in Tyark.
Sie stiegen eine enge Treppe hinunter und standen dann in einer riesigen Halle. An ihren Wänden waren Dutzende von Stahlkäfigen angebracht, in manchen von ihnen saßen zusammengesunkene, elende Gestalten. Waren dies noch Menschen?
Leuchtende Kristalle waren an speziellen Halterungen an den Wänden und Säulen befestigt und tauchten alles in diffuses, kaltes Licht. An einem Tisch saßen weitere Wachen.
Der Rothaarige gab ihnen ein Zeichen, dass sie hier warten sollten und ging auf den Tisch zu. Er wechselte ein paar Worte mit einem älteren, dürren Mann und übergab ihm dann den Brief, den Tyark ihm zuvor gegeben hatte. Der Mann und einige der anderen Wachen warfen einige gelangweilte Blicke auf Tyark und Arthan. Schließlich stand der Alte auf und schlurfte auf Tyark zu. Tyark verspürte Abscheu, als der Mann mit seltsam ungelenken Bewegungen auf sie zukam. Blasse, blaue Augen musterten ihn und Tyark konnte den Gedanken nicht loswerden, dass in dies die Augen eines Henkers waren. Eines Mannes, der durchaus Gefallen an seiner Arbeit fand.
Mit trockener, aber überraschend kräftig klingender Stimme sagte der Alte: »Seit gegrüßt! In der Tat eine seltsame Stunde, die ihr euch ausgesucht habt! Es kommt selten vor, dass Gefangene in der Nacht geholt werden. Selten, wenn auch nicht so selten, wie man vielleicht annehmen mag. Besonders, wenn es die Gefangenen der hiesigen Adelshäuser sind.«
Der Alte grinste schief, doch der Blick seiner Augen blieb
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