Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
kribbelten. Voller Grauen und Sehnsucht stand er vor dem Zimmer, sein Herz raste. Es brauchte einen Moment, bis er sich endlich dazu durchringen konnte, hineinzuspähen. Dann sah er sie .
Im Zimmer waren zwei Betten, das eine leer, in dem anderen konnte er die Gestalt von Mandolfs Vater erkennen, der etwas heller als das ihn umgebende Zwielicht schien.
Die Frau kniete am Kopfende, ihre Hand ruhte zärtlich auf der Brust des alten Mannes. Ihr makelloses Gesicht war nah an seinem Ohr. Erleichtert stelle Tyark fest, dass sie ihre Augen geschlossen hielt.
Dann nahm er irritiert wahr, dass sie ihre Lippen bewegte – sprach sie etwa mit dem Alten? Tyark konnte nichts hören, lediglich das bekannte, ferne Rauschen lag wieder wie das Donnern einer Meeresbrandung im Hintergrund.
Seine Blicke huschten begierig auf ihrem wunderbaren Körper, folgte ihren langen Haaren, die sich über den Fußboden ergossen. Erneut bewegten sie sich sanft, als spiele ein zarter Windhauch mit ihnen...
Tyarks Geist spürte die intensive Liebe, die wie ein Strom von ihr auszugehen schien und drohte, ihn mitzureißen. Tyark wurde seltsam ruhig, seine Angst verschwand. Ihre Liebe war unendlich, gütig, universell – sein Geist fand keine Wörter, die Empfingen und Bilder zu beschreiben, die sie in ihm auslöste.
Bald schon erschien es ihm richtig, nein, es erschien ihm einzig richtig , zu ihr zu gehen. Das Verlangen, sie zu berühren wurde so stark, dass er sich nicht mehr zurückhalten konnte. Die letzte Angst wandelte sich zu Begierde und er streckte seine Hand aus. Die Frau hob ihren Kopf, blickte aber nicht auf.
Der fast völlig erstarrte Verstand Tyarks meinte, so etwas wie einen Hauch von Überraschung und Unsicherheit zu spüren, die sich wie Farben in den Strom aus Liebe mischten. Dann öffnete sie langsam die Augen. Dunkelheit flutete heraus wie ein reißender Strom. Sein Körper drohte, ihm nicht mehr zu gehorchen.
Aber es war nicht nur die Dunkelheit, welche sich aus ihren Augen ergoss. Mit ihr zusammen wurde das Empfinden von Gefühlen zu einem kreischenden Chaos, das Tyark den Verstand zu rauben drohte. Es waren Gefühle in einer rohen, ursprünglichen Form, wie Tyark sie nicht begreifen konnte.
Ihre Augen öffneten sich stetig, Tyark sah, wie sie langsam ihren Kopf in seine Richtung zu drehen begann. Er spürte eine unersättliche, grausame Neugier. Und etwas anderes - etwas unglaublich Altes.
Dann begann die Frau, in seinen Verstand einzudringen. Schlangen gleich schlich sie sich durch Ritzen und Löcher der Wände, die er um sein Selbst aufzurichten versuchte.
Er spürte das intensive und lockende Gefühl von Liebe. Allerdings als ein einziges, wimmelndes Chaos: Die Liebe seiner Mutter, die Anerkennung seines Vaters, die innige Liebe zu Mayra... Gleichzeitig erlahmte sein Verstand, tödliche Kälte breitete sich aus, betäubte ihn und begann, ihn wie Schnee sanft zuzudecken. Wohlig und todbringend zugleich.
Er versuchte zu schreien, doch kein Laut kam über seine Lippen.
Wie durch einen Nebel sah er, dass sich seine Hand wie von selbst zur ihr bewegte - nur noch wenige Augenblicke, dann würde er sie berühren.
Tyark schloss schicksalsergeben die Augen. Doch kurz bevor er damit rechnet von ihr verschlungen zu werden, breitete sich ein dumpfer Schmerz über seine linke Wange aus.
Wie in Trance öffnete er seine Augen. Dann weiterer, ferner Schmerz, diesmal auf der rechten Wange.
Tyark taumelte zurück. Fort von dieser Kreatur, die sich in einer menschlichen Gestalt versteckt hielt.
Der Gedanke an Zaja zuckte durch seinen vernebelten Verstand. Er spürte sie – als sei sie hier irgendwo in der Nähe!
Tyark zwang sich, seinen Kopf ein wenig zu drehen. Sein Verstand wurde etwas klarer.
Verzweifelt rief er Zajas Namen, denn er wusste, dass der Blick der Frau nun fast vollständig auf ihm ruhte. Eine nie gekannte Panik erfüllte sein Herz. Dann spürte er erneut den Schmerz auf der Wange diesmal weniger dumpf, ja geradezu erfrischend heftig.
Die ohnehin blassen Farben des Zwielichts um ihn verblassten, es wurde dunkler. Die Hand der Frau war plötzlich vor seinem Gesicht, obwohl er nicht gesehen hatte, dass sie sich bewegte hätte. Es war, als ob sie direkt nach seiner Seele greifen wolle.
Erneut Schmerzen im Gesicht, heftiger. Mit unendlicher Erleichterung spürte er, wie sie ihm halfen, sich aus dem Zwielicht zu lösen.
Kurz bevor auch die furchtbare Frau - oder was auch immer sie in Wirklichkeit war – von dem
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