Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
ist, darf kein weiteres Unheil anrichten!«
Tyark stimmte ihr wortlos zu. Sie standen noch eine ganze Weile dicht beieinander und irgendwann lag Zajas Hand in der von Tyark. Vor ihnen ragten die Riesengrate majestätisch und bedrohlich zugleich in den grauen Himmel.
DAS GESICHT DER GRATE
S ie waren bereits einige Tage unterwegs. Und alle schienen erleichtert aufgeatmet zu haben, sobald die ärmlichen Hütten Schwarzbachs hinter ihnen im Wald verschwunden waren.
Jeder von ihnen hatte gespürt, dass etwas über dem Dorf zu schweben schien wie ein dunkler Schatten. Tyark verkrampfte sich der Magen bei der Vorstellung, diesem Schatten wahrscheinlich leibhaftig begegne zu sein.
Mandolf und eine Handvoll Dorfbewohner hatten sie bald nach dem Aufstehen verabschiedet und ihnen viel Glück für die kommende Reise gewünscht. Mandolfs Vater war wiederrum abseits gestanden und hatte außer Hörweite weiter Gift versprüht. Immer wieder hatte er dabei an das zarte Gesicht der Frau denken müssen - und wie es Unhörbares in die Ohren des Alten geträufelt hatte.
Aber das lag nun hinter ihnen und vor ihnen lag nichts als die Wildnis der Riesengrate. Trotz aller Trauer und Aufregung begann Tyark sich besser zu fühlen.
Die Bewegung tat ihm gut, sein Lederzeug schmiegte sich angenehm an ihn und behinderte ihn nicht. Humbor der Schmied hatte ihm sogar eine leichte Lederrüstung mitgegeben, die schwer an seinem Rucksack hing. Zaja hatte es abgelehnt, mehr als Arm- und Beinschienen zu tragen, zum völligen Unverständnis des Schmieds und Pereos. Doch nun ging sie leichtfüßig voran – und immer, wenn sie zum schwer dahinstapfenden Pereo hinter sich zurückblickte, meinte Tyark ein gewisses schelmisches Funkeln in ihren Augen lesen zu können.
Manchmal konnten sie schlecht ausgetretene Wege oder Wildpfade nutzen, oft aber mussten sie sich meist mühselig über Felsen, Geröll und dichtesten Wald kämpfen.
Tyark fragte sich immer öfter, wie es der Bruder mit den Kindern geschafft haben konnte, hier durchzukommen! Aber die Spuren hatten fraglos ins Hochgebirge gedeutet, auch wenn dies immer weniger Sinn zu ergeben schien. Was wollte Rynn dort oben bloß erreichen? Wofür brauchte er die Kinder? Tyark erschauderte.
Jobdan erwies sich als ausgezeichneter Kenner des Waldes und sie folgten der Route, die er vor einiger Zeit mit seinem Freund genommen hatte. Auf Grund des Bergsturzes plante Jobdan, eine Route unterhalb des fraglichen Passes zu nehmen und anschließend von der anderen Seite zu dem freigelegten Durchgang vorzustoßen, bei dem Jobdan seinen Freund verloren hatte. Zwar war diese Route einige Tage länger, allerdings wesentlich gefahrloser.
Nachts schliefen sie unter Felsvorhängen oder unter freiem Himmel. Das Wetter war bislang ausgezeichnet gewesen, so dass sie abends meist einen hervorragenden Blick auf das Firmament mit den funkelnden Großen Alten darin hatten. Ihre Götter schienen ihnen wohlgesonnen zu sein: Die Nächte waren zwar oft bitterlich kalt, aber dafür wärmte ihnen die Spätsommersonne rasch die Glieder wieder auf.
Am dritten Tag erreichten sie in den Fels gehauene Plateaus, welche zwar größtenteils durch die strengen Winter oder Felsstürze zerstört oder schwer beschädigt waren, aber immer noch deutlich erkennbar ins Hochgebirge führten. Auf Tyarks Nachfrage erklärte ihm Jobdan, dass dies Reste uralter Straßen der Nihilim seien, die auch nach all den Jahrtausenden immer noch erstaunlich gut erhalten waren. »Sie waren mit Sicherheit große Handwerker. Sie sollen den Graten unglaubliche Festungen abgerungen haben. Selbst der Palast des Kaisers soll dagegen geradezu eine kleine Hütte sein!«
Tyark verzog anerkennend sein Gesicht und fragte dann: »Was ist mit den Nihilim geschehen?«
»Hm...da fragst du den Falschen. Ich weiß nur, dass sie vor undenkbar langer Zeit plötzlich verschwunden sind...«
Er deutete mit dem Kopf in Richtung Zaja, die sofort begeistert den Faden aufnahm: »Ja, du hast Recht! In der Tat lehrt der Orden einiges über die sagenumwobenen Nihilim. Zumindest soweit wir das heute noch nachvollziehen können. Denn die Nihilim waren – soweit wir das wissen – nicht nur ein Volk großer handwerklicher Finesse, sondern auch überragende Krieger. Wobei dies wohl auch mit ihren Fähigkeiten im Waffenbau zu tun haben dürfte: Die dunklen Nihilim-Klingen stammen aus den Riesengraten und sind bis in unsere Zeit so hart, dass ein geübter Krieger im Kampf sogar ein
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