WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
kämpfenden Seiten rätselten, unter welcher Fahne die Neuankömmlinge wohl stehen würden. Die Antwort, als die Pferde in des falschen Königs Truppen hinein galop-pierten, Menschen, die wie verbrauchte Spielzeuge davon geschleudert wurden. Dazu seine Erkenntnis, heute vielleicht doch nicht sterben zu müssen. Ein riesenhafter Kerl, der von seinem Reittier sprang und mit einem Zweihänder in den Feinden wütete, wie der Bauer im Kornfeld. Zwei Männer, die er mit einem einzigen Streich gleichzeitig fällte. Der das schwere Eisen schwang wie einen dünnen Stecken, bis Freund und Feind vor ihm zurückwichen, das sirrende Metall, das den Tod so sicher brachte, wie ein Blitz den Donner. Der Sieg, der sich nicht wie einer anfühlte. Ein ebenso unverdientes wie unerwartetes Geschenk, das fast noch zu spät gekommen war. Ein Feld voller Leichen. Verzerr-te Gesichter und verzweifelte Rufe der einsam Sterbenden, die langsam nach und nach verhallten.
Jemand , der ihn am Arm packte und wegführte vom Schlachtfeld, in ein Lager, das sie aufschlugen, um die Verwundeten zu pflegen.
Nun war es Abend geworden. Ralek stand am Rande des Hügels und sah hinab auf den Ort des Kampfes. Sie hatten die Truppen des fal-schen Königs in die Flucht geschlagen. Morgen würden sie sich daran machen sie zu verfolgen. Denn durch das Eintreffen der Reiter waren ihre eigenen Reihen gestärkt worden. Söldner waren es, so redete man im Lager, die schon dutzende Schlachten geschlagen hatten und fast immer gewannen. Ralek glaubte es gern, nachdem was er vorhin ge-sehen hatte.
Die hungrigen Vögel hatten sich nun endlich niedergelassen.
Der schwarze Schwarm kauerte am Boden und Ralek hörte die Krähen noch bis zu sich hinauf um die besten Stücke streiten.
Bis eine plötzliche Bewegung die Tiere aufschreckte, zornig stoben sie in die Höhe und umkreisten eine einzelne Gestalt. Selbst aus der Ent-fernung erkannte Ralek den Mann. Es war der Anführer der Söldner, derjenige mit dem Zweihänder. Der Hüne ging langsam zwischen den Toten umher, bis sich die Krähen wieder beruhigten und ungeachtet des Zwischenfalls erneut zu Boden sanken. Einer der Vögel landete auf dem breiten Arm und Ralek glaubte schon sich zu täuschen, als er sah wie der Krieger ihren Kopf zu streicheln schien.
„Unheimlich, nicht wahr?“
Der junge Mann erschrak, als plötzlich jemand neben ihm auftauchte. Eine Fremde, das eigentlich schöne Gesicht vernarbt und an der Kette um ihren Hals hing ein Büschel schwarzer Federn.
„Gehörst du zu seinen Leuten?“, fragte Ralek vorsichtig.
Die Frau nickte.
Ralek sah noch einmal hinab zu der einsamen Gestalt, die nun ganz unter einem Mantel aus flatternden Leibern verschwand. „Er kommt mir vor wie einer der Helden aus alten Sagen“, gestand der junge Mann. „Wie er sich in die Gegner gestürzt hat, ohne Furcht, ohne Gnade. So etwas habe ich noch nie erlebt.“
Die Frau setzte ein spitzes Lächeln auf. „Dein Leben währt ja auch noch nicht sonderlich lange, wenn ich das bemerken darf. Aber du hast Recht. Ich diene ihm nun schon seit einer Weile, doch selbst Jahre würden nicht ausreichen, um ihn gänzlich zu verstehen. Er ist der größte Krieger, den ich je gesehen habe und zugleich der unglücklichste Mensch, den ich kenne.“
„Wieso?“
„Seine Geschichte kennt keiner.“ Sie hob die Schultern und das Ketten-hemd rasselte. „Aber er lebt nur für den Kampf. Er muss töten, um sich selbst lebendig zu fühlen. Jedes Mal nach einer Schlacht über-kommt ihn diese Melancholie.“ Sie deutete nach unten. „Und er tut nichts anderes als auf den nächsten Kampf zu warten. Bis dahin ist er kaum mehr als eine leere Hülle. Ohne Freude, ohne Antrieb. Es ist furchtbar mit anzusehen.“
„Und warum sucht er ausgerechnet die Nähe der Krähen?“
„Das haben wir uns alle schon gefragt.“ Die Frau berührte die Kette an ihrem Hals. „Nicht nur, dass sie unser Wappen zieren, er scheint etwas mit ihnen zu teilen, was andere Menschen nicht verstehen können. Ich glaube es ist, weil sie ihm so ähnlich sind.“
„Ähnlich?“, fragte Ralek vorsichtig. Es konnte gefährlich sein, die Söld-ner mit einer Horde von Aasvögeln zu vergleichen.
Doch die Frau nickte nur. „Ja. Sieh sie dir an. Die Krähen sind der stete Begleiter des Krieges. Sie folgen ihm, wenn es sein muss. Und harren jeder Schlacht, die da kommt. Doch wozu? Sie fressen sich satt, pflan-zen sich fort, nur damit ihre Nachkommen ebenfalls dieses Schicksal
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