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WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

Titel: WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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So wurde ich zwölf und dreizehn und vierzehn, ohne, dass sie die Vernunft und Richtigkeit ihrer Worte mir je ganz hätten begreiflich machen können.
    Ich aber tat, was eine erwachsene Frau wohl zu vermeiden weiß, und ich verliebte mich in einen jungen Mann. Er war damals grade fünfzehn geworden und bereitete sich im Geiste schon auf den Tod vor, der ihn erwartete. Eine Tante von mir hatte viel Einfluss und so wurde mir trotz meiner Jugend erlaubt, mich ebenso mit ihm zu vergnügen wie die älteren Frauen des Dorfes.
    Manchmal durfte er sogar bei mir übernachten und an einigen wenigen Nachmittagen in jenem einen Sommer, den wir hatten, liefen wir mit meinen Freundinnen über die Blumenwiesen. Wir tanzten und lachten, aller Traurigkeit und Angst in sei nem Blick zum Trotz. Denn er wusste nur zu gut, dass der Stein auf ihn wartete, und selbst, wenn ihm die Flucht aus dem Dorfe gelungen wäre, so hätte man ihn ja doch über kurz oder lang wieder eingefangen, wenn er nicht den Hungertod vor-gezogen hätte.
    Dieser Sommer kam und ging und mit ihm der Herbst und der Winter. Und als die Zeit des Frühlings wieder anbrechen wo llte, da war es dann soweit, dass sich sein Geburtstag nahte. Ich flehte und bettelte zu den älteren Frauen, dass sie diesen Einen doch am Leben lassen möchten, doch sie schüttelten nur ihre Köpfe und seufzten sorgenvoll wegen mir.
    Ich aber konnte nicht aufhören, zu bitten und zu betteln, denn ich li ebte ihn damals mehr als alles andere. Und gerade dadurch machte ich alles nur noch schlimmer für mich und ihn, denn die Alten begannen zu fürchten, dass ich etwas Dummes tun könnte in meiner Verliebtheit.
    Und so ersannen sie mir einen Weg, wie sie mich doch zu einer der ihren machen konnten. Wobei es sein mag, dass dieser Weg auch in alten Schriften oder Traditionen schon vorher festgehalten worden war. Denn an dem Tage, da mein Geliebter sterben sollte, da schrie und zeterte ich und gebärdete mich wie wild.
    Er aber war schon gefesselt von seiner Verzweiflung und ließ sich ohne Gegenwehr von ihnen abführen. Sie brachten ihn zum Opferstein und schleiften mich an den Haaren hinterher, aller meiner Wut und meinen Tränen zum Trotze.
    Und dann drängten sie mich an den Stein, auf dem er bereits festge-bunden lag, und sagten zu mir, dass ich es sei, die ihn nun zu töten hätte. So hofften sie, mir Verstand beizubringen und in mir die Härte zu wecken, die das Leben nun einmal erfordert. Und alle meine Freun-dinnen nickten dabei ernst und wehmütig.
    Ich wehrte mich immer noch und schrie und warf das Messer weg, das man mir hinhielt. Eine gute Weile ging das so, bis ich schließlich ganz erschöpft war. Dann aber trat eine der alten Frauen an mich heran und drückte mir selbst das Messer an die Kehle und sie sagte mir, dass ich nun wählen könnte, ob ich töten oder getötet werden wollte. Denn, wenn ich ihn nicht tötete, so sagte sie, so wäre ich für immer ein Feind aller rechten Frauen, und würde entsprechend behandelt werden. Und dann, so sagte sie, würden sie mich nach ihm auf den Stein legen und töten und danach mein Fleisch verspeisen. Und alle meine Freundinnen nickten dazu.
    Da war es, dass für einen kurzen Moment meine Angst größer wurde als meine Verzweiflung und ich nahm das Messer und stolperte zum Stein und ich bohrte die scharfe Spitze in die Kehle des Wesens, das ich lange geglaubt hatte, mehr zu lieben als mein eigenes Leben. Nur durch meine Tränen hindurch sah ich noch den letzten Blick in seinen bre-chenden Augen und dies allein ließ alle Zuversicht und allen Glauben in mir für immer vergehen.
    Und nachdem ich dies getan hatte, da nahmen die alten Frauen den toten Körper vom Stein und zerteilten ihn vor meinen Augen. Sie e rrichteten einen großen Holzstoß und sie brieten sein Fleisch. Und alle die alten Frauen und alle meine Freundinnen aßen davon.
    Schließlich kamen sie auch zu mir und sagten, auch ich müsse essen, und dann hielten sie mich wieder und stopften das Fleisch in mich hinein und hielten mir dann den Mund zu, damit ich auch schlucken musste.
    Später am Abend gingen sie schließlich und ließen mich allein zurück. Das Feuer war heruntergebrannt und alles war dunkel und kalt, in mir wie um mich herum. Da saß ich eine Nacht lang und weinte, bis ich keine Tränen mehr hatte.
    Dann ging ich hierhin. Hierhin, wo sie seine Gebeine verscharrt hatten. Ungewiss, was ich eigentlich machen wollte, stocherte ich im Boden, bis ich auf die Knochen stieß.

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