Weltkrieg der Waehrungen
groÃen ausländischen Investoren â und die waren maÃgebend â in höchste Unruhe. Ebenso eilig, wie sie ihr Geld in die Tigerstaaten transferiert hatten, um Gewinne zu erzielen, zogen sie es jetzt wieder ab, um Verluste zu vermeiden. Die Baisse nährte die Baisse: Indem die sinkenden Preise von Aktien, Anleihen und Immobilien Investoren zu Verlustbegrenzungen nötigten, zogen die Verkäufe immer neuen Verkäufe hinterher. Die für das Zeitalter der dämonischen Dollars typische Spirale des Niedergangs kam in Bewegung â und beschleunigte sich. Indonesien war nicht der Ausgangspunkt des Zusammenbruchs gewesen, der bald unter dem Namen Asienkrise Furore machte, doch traf er den Archipel besonders heftig.
Binnen Wochen flohen Milliarden dämonischer Dollars aus Indonesien. Die Verkaufswelle setzte die Landeswährung einem Druck aus, dem sie nicht gewachsen war. Im August 1997 musste die Kopplung der Rupiah an den Dollar aufgehoben werden. In kürzester Zeit hatte die Notenbank ihre sämtlichen Devisenreserven bei dem Versuch verpulvert, den Kurs der Devise zu stützen. Auf den Sturm folgte die Sintflut: Der Kurs der Rupiah raste in die Tiefe. Das indonesische Zahlungsmittel verlor bis zu vier Fünftel seines Werts. Die Auswirkungen für die Volkswirtschaften waren desaströs und erinnerten vom Ausmaà an die GroÃe Depression der DreiÃigerjahre in den USA.
Im Jahr von Suhartos Sturz, 1998, schrumpfte Indonesiens Wirtschaftsleistung um dramatische 13,7 Prozent. Diese Zahl gibt jedoch lediglich den in Rupiah gemessenen Einbruch wieder. In hartem Geld kalkuliert, etwa in D-Mark oder Schweizer Franken, löste sich mehr als die Hälfte der indonesischen Wertschöpfung innerhalb von zwölf Monaten in Nichts auf. Aber nicht nur in der AuÃenwahrnehmung waren Staat und Gesellschaft im Begriff zu implodieren. Auch im Inneren wütete ein brutaler Vertrauensverlust. Die groÃen Banken erlebten einen Ansturm der Kunden auf ihre Spareinlagen. Sie mussten schlieÃen und, damit sie überhaupt überlebten, mit staatlichem Geld reanimiert werden.
Die Tragik von Suhartos Sturz bestand darin, dass ausgerechnet jenes Politikfeld, auf dem das Regime einige anerkannte Erfolge für sich verbuchen konnte, den Untergang brachte. Das Versagen bei der Demokratisierung, dem Minderheitenschutz und bei den Menschenrechten machte das Regime von mehreren Seiten angreifbar. Jedoch konnte der Diktator seine Verfehlungen mit dem auÃerordentlichen Wohlstandszuwachs überdecken, den er (so seine Sichtweise) dem Land beschert hatte. Das funktionierte â bis zu der Währungs- und Finanzkrise.
Der Albtraum der Kader
Gewiss sind die Unterschiede zwischen dem damaligen Indonesien und dem heutigen China nicht zu übersehen. Ein markanter Unterschied existierte an der Währungsfront: Während der Yuan zu billig gehandelt wird, war die Rupiah überbewertet, als sie an den Devisenmärkten »hingerichtet« wurde. Auch konnte Suharto die Opposition nie so effektiv unterdrücken, wie das Chinas Kommunistischer Partei gelingt. Die Volksrepublik ist einer der totalitärsten Staaten der Welt. Gleichwohl hält die Asienkrise für die KP, die eigentliche Machtzentrale des Landes, einige Lektionen parat, die sie sehr genau verinnerlichen wird. Eine für Peking beunruhigende Parallele muss sein, dass beide Regierungen, die Gewaltherrschaft von Suharto ebenso wie die Einparteienherrschaft der chinesischen Kommunisten, ihre Legitimation vor allem von wirtschaftlichen Errungenschaften ableiteten. Ein abrupter ökonomischer Rückschlag, ausgelöst durch Währungsturbulenzen, kann innenpolitischen Gegnern sehr schnell die rhetorische Munition liefern, die Regierung in Bedrängnis zu bringen.
Peking hat aus der Asienkrise die Lektion gelernt, alles zu tun, um eine ökonomische Destabilisierung des Landes durch erratische, unkontrollierte Kapitalflüsse zu vermeiden. Das gilt umso mehr, als der Währungssturm von 1997 von Devisenspekulationen zumindest verstärkt, wenn nicht mitverursacht wurde. Spekulanten sind auch und gerade für kontrollwütige Regimes wie die Führung in Peking ein Albtraum. Denn auf Hedgefonds und andere Akteure, die die Kapitalmärkte unermüdlich nach Gewinnmöglichkeiten durchforsten, haben nicht einmal befreundete Regierungen nennenswerten Einfluss. Sie sind eine Marktmacht, die sich dem Zugriff entzieht,
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