Weltkrieg der Waehrungen
Jahrhundert so viele Währungen kommen und gehen (sprich verfallen), dass sie fast noch mehr Anlass für monetäre Phobien hätten als die inflationsneurotischen Deutschen.
Dass das Geld eines Landes ein ebenso kostbares wie gefährdetes Gut sein kann, lehrt die Chinesen aber nicht nur die eigene unruhige Vergangenheit, sondern auch die unruhige Eben-noch-Gegenwart ihres Erdteils. Der Schock der Asienkrise von vor gut einem Jahrzehnt ist ein weiterer Anlass und Vorwand für die rigide Devisenbewirtschaftung Pekings: Sie brach über einige der Länder in Chinas unmittelbarer Nachbarschaft herein und brannte jedem Politiker in der Region eine Lektion ins Bewusstsein: In dem Moment, in dem es darauf ankommt, muss man die eigene Währung verteidigen können. Keine Kontrolle über das Schicksal des eigenen Zahlungsmittels zu haben, kann in Schmach und Schande enden. Beim Nachdenken über den Yuan werden der kommunistischen Parteiführung in Peking so manches Mal die dramatischen und aus ihrer Sicht zutiefst beunruhigenden Ereignisse in den Sinn kommen, die 1998 über Indonesien hereinbrachen.
Pekings Angst vor den Spekulanten
Jakarta, Anfang 1998. Die 200-Millionen-Einwohner-Nation Indonesien steht am Rande eines Bürgerkriegs. Auf den brütend heiÃen StraÃen der Hauptstadt ist die Lage nach wochenlangen Studentenprotesten gegen die autoritäre Herrschaft von Haji Mohamed Suharto bis zum ÃuÃersten gespannt. Niemand weià zu diesem Zeitpunkt, wie es mit der gröÃten Volkswirtschaft Südostasiens weitergeht. Werden Polizei und Militär hart durchgreifen? Wird das Regime ein Massaker in Kauf nehmen? Oder wird es den Forderungen nach einem Ende von Vetternwirtschaft und Diktatur nachgeben? Endlich fällt, im Mai 1998, die Entscheidung: Präsident Suharto und seine Clique treten ab. Das Blutbad bleibt aus. Die Macht der StraÃe hat über die Macht der Gewehre gesiegt.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Haji Mohamed Suharto 30 Jahre lang an der Spitze der südostasiatischen Nation gehalten, hatte er linken und rechten Putschversuchen getrotzt (nachdem er 1965 selbst durch einen Militärcoup an die Macht gekommen war), hatte er das Land aus 17 500 Inseln mit eiserner Hand regiert und über die ethnischen Grenzen und Sprachgrenzen hinweg zusammengehalten. So diktatorisch und intolerant der Heeresgeneral in politischen Dingen agiert hatte, ökonomisch hatte er den Archipel ein gutes Stück vorangebracht. In den drei Jahrzehnten der »New Order«, wie Suharto seine Staatsideologie nannte, hatte sich die Wirtschaftsleistung pro Kopf von 70 auf 1000 Dollar verbessert. Bis 1996 flossen mehr ausländische Direktinvestitionen nach Indonesien als nach China, obwohl das Reich der Mitte eine sechsmal so groÃe Bevölkerung und eine fünfmal so groÃe Fläche hat.
Indonesien galt in den Achtzigerjahren und der ersten Hälfte der Neunzigerjahre zusammen mit Malaysia, Südkorea und Thailand als Tigerstaat, als kraftstrotzende Ãkonomie, die die Wohlstandslücke zum Westen mit einem kühnen Sprung zu überwinden trachtete. Es war eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsnationen der pazifischen Region. Indonesien rühmte sich relativ offener Kapitalmärkte und versüÃte Akteuren aus dem Dollarraum Investments zusätzlich dadurch, dass die Landeswährung zu einem festen Kurs an die US-Devise gekoppelt war. Währungsverluste waren dadurch beim Investieren ausgeschlossen, zumindest solange die Kopplung bestehen blieb. Kurzum, es war ein perfektes Domizil für die dämonischen Dollars, die reichlich ins Land strömten.
Westliche Finanzinstitute â immer darauf erpicht, einen jungen Trend als Erste auszurufen â priesen das Land als einer der interessantesten Schwellenmärkte überhaupt. Die Börse in Jakarta strebte Jahr für Jahr zu neuen Bestmarken. Doch es war ebendiese Popularität bei spekulativen Investoren, die der indonesischen Boom-Wirtschaft zum Verhängnis wurde.
Ausgehend von Thailand griff ab Sommer 1997 an den Börsen der Region Panik um sich. Der Auslöser für den Ausverkauf war marginal gewesen â wie fast bei jedem Crash: ein paar enttäuschende Wachstumszahlen da, ein paar schwache Geschäftsergebnisse dort. In Kombination mit den exorbitant hohen Bewertungen genügte das, um die Stimmung kippen zu lassen. Dass der Markt nach unten drehte, versetzte die
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