Weltraumpartisanen 04: Aufstand Der Roboter
des Olympiastadions von Metropolis, in dem sich einst die Jugend der Völker zu friedlichem Wettkampf getroffen hatte.
Seit der Machtergreifung des Generals diente das Stadion einem anderen Zweck; in seinem Oval inszenierte die Reinigende Flamme ihre Schauprozesse, die in alle Welt und bis hinauf auf die Venus übertragen wurden. Eine johlende Menge auf den Rängen hatte hierbei das gesunde Volksempfinden darzustellen. Manches Mal hatte ich mir bei ihrem Anblick die Frage vorgelegt, ob denn niemand von diesen Männern und Frauen ahnte, dass es all dies schon einmal gegeben hatte und dass seitdem gerade erst hundert Jahre vergangen waren. Auch damals hatte es bereits Virtuosen gegeben, die mit der öffentlichen Meinung umgingen wie mit einem willfährigen Instrument. Das war in Moskau so gewesen, in Berlin und in all den anderen nachfolgenden rechten und linken Diktaturen, an denen im 20. Jahrhundert kein Mangel gewesen war.
Das Porträt des Generals ersetzte seine Anwesenheit. Die Aburteilung von ein paar Weltraum-Partisanen erschien ihm als nicht besuchenswert.
Quer über den Himmel zog sich in jener im Allgemeinen nur der Reklame dienenden Lichtschrift, die sowohl in der Nacht als auch am Tage sichtbar ist, die neue Devise der Reinigenden Flamme:
UNSER IST DIE ERDE! UNSER IST DER HIMMEL! UNSER IST ALLES!
Für den geschulten Blick, der etwas genauer hinsah, gab es darüber hinaus noch etwas anderes zu sehen – etwas, das dieseanmaßende Überheblichkeit als Lüge entlarvte: winzig kleine flimmernde Punkte, die darauf hinwiesen, dass dem General doch noch nicht alles gehörte. Raumpatrouillen wachten über Metropolis. Ein Verzweiflungsschlag der VOR und der Freien EAAU ließ sich eben doch nicht gänzlich ausschließen.
Während ich zusammen mit Captain Monnier und Lieutenant Stroganow auf das Urteil wartete, das Gesicht mit halb zugekniffenen Augen der Sonne zugekehrt, die ich in meiner unterirdischen Gefängniszelle zwei Wochen lang entbehren musste, dachte ich darüber nach, wie viele bereits vor uns diese endlosen, qualvollen Minuten durchlebt haben mochten, die Hoffnung vortäuschen, wo längst keine mehr ist, weil das Urteil längst feststand, noch bevor das Verfahren begann: EAAU gegen Mark Brandis und Komplizen. Dennoch hatte man in aller Breite und Ausführlichkeit verhandelt, Zeugen aufgerufen, Eide schwören lassen, Beweismaterial geprüft, Sachverständigen das Wort erteilt.
Für den oberflächlichen Betrachter war es ein korrekt und sachlich geführter Prozess gewesen. Sogar ein Pflichtverteidiger war da; zum Schluss der Verhandlung hatte er mit wohltönender Stimme und unter Berufung auf die bisherige Unbescholtenheit seiner Mandanten um ein weises und gerechtes Urteil gebeten.
Der Vertreter der Anklage begnügte sich damit, mich, Captain Monnier und Lieutenant Stroganow als die so genannte Delta-VII-Bande einiger sehr allgemein formulierter Verbrechen zu beschuldigen, die zu den drei Anklagepunkten »Raumpiraterie, Banditismus und Mord« zusammengefasst waren. Die darauf Bezug nehmenden Fragen waren in einer Art und Weise abgefasst, dass man sie nur mit einem Ja oder Nein beantworten konnte; darüber hinausgehende Erläuterungen oder gar klärende Diskussionen waren nicht zugelassen.
»Trifft es zu«, hatte es beispielsweise geheißen, »dass Sie im Besitz einer Waffe gewesen sind?« Erläuterungen des Sachverhalts, weshalb man sich im Besitz einer Waffe befunden hatte, mussten unterbleiben. Oder: »Trifft es zu, dass Sie sich hauptberuflich mit der Führung eines Schiffes beschäftigten, das keinerlei festen Heimathafen hatte?« Ein paar Sätze hätten genügt, um zu erklären, wie und warum es dazu gekommen war; das bloße Ja allein musste wie das Eingeständnis einer tatsächlichen Schuld klingen.
Ganz zu Anfang hatte Lieutenant Stroganow den Versuch unternommen, dem Prozess eine politische Note zu geben, indem er sich als einen, wie er hoffte, würdigen Nachfolger jener Partisanen bezeichnete, die schon einmal, 1812, einen größenwahnsinnigen General auf den Boden der Realitäten zurückgebracht hatten. Ein für den Prozessbetrachter unmerklicher Stromschlag hinderte ihn, das Thema auszuweiten. Mir erging es nicht besser, als ich einmal das Wort »Guerilla« in den Mund nahm. Der Stromschlag, den ich erhielt, war eine unmissverständliche Warnung; einige Sekunden lang blieb ich gelähmt. Mittels dieser Stromschläge wurden alle unsere Antworten zu den vorgelegten Fragen auf die allein
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