Weltraumpartisanen 04: Aufstand Der Roboter
die Welt für sich erobert: als Kind, als Jüngling, schließlich als erwachsener Mann. Er hatte es lernen müssen, mit Gefahren zu leben, Enttäuschungen hinzunehmen und zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. Später gesellten sich dann sanfte Erfahrungen wie Zärtlichkeit und Liebe hinzu, das Berufswissen, die Kenntnis politischer, historischer und sozialer Zusammenhänge.
Alles dies war nichts Außergewöhnliches. Millionen und Abermillionen Menschen in beiden Teilen der EAAU hatten die gleichen Erfahrungen gemacht. Zum Glück war dies nicht alles.
Antoine Ibaka war es nämlich vergönnt gewesen zu erfahren, was es bedeutet, als freier Bürger in einem humanen Rechtsstaat zu leben. Mit vollem Bewusstsein hatte er eine Staatsform kennen gelernt, die einen zivilisatorischen Höhepunkt darstellte: die EAAU in ihrer ursprünglichen Form. All jenes, was dazugehört, dem Leben eines Menschen Würde und Schönheit zu verleihen, war in dieser Erfahrung unverlierbar und untilgbar enthalten.
Das unterschied Lieutenant Ibakas Erinnerungsschatz von jenem der namenlosen Unbekannten. Doch dies war noch nicht das Wichtigste.
Stets, in jeder Phase seines Lebens, war Antoine Ibaka ein unerbittlicher und unbestechlicher Feind des Generals aus Texas und seiner Reinigenden-Flamme- Ideologie gewesen. Mehr als einmal hatte er sich von dieser Feindschaft in einen Kampf auf Tod und Leben führen lassen: gegen den Menschen verachtenden Machtanspruch einer kleinen despotischen Gruppe, für eine menschenwürdige Weltordnung.
Falls unsere Annahme über die Produktionsweise des Homo Factus zutraf – aber auch nur dann –, konnte sich dieser unscheinbare Staub, der all dies bewahrte, als eine Zündschnur erweisen, die zur großen, befreienden Explosion führte.
So jedenfalls lautete Lieutenant Ibakas letzter Wille, den zu erfüllen ich ihm mein Wort gegeben hatte.
Würde es zutreffen, woran er bis zuletzt geglaubt hatte: dass aus vergänglicher Materie unsterblicher Geist erwuchs – stark und groß genug für die ganze Welt?
Die Wissenschaftler stellten eine solche Möglichkeit nicht in Abrede; gleichwohl hatten sie es abgelehnt, ein verbindliches Gutachten zu unserem Vorhaben abzugeben, das in der diesbezüglichen Geheimakte als Aktion Trojanisches Pferd geführt wurde.
Vor Troja prallten die Kampfwagen der Trojaner und Griechen aufeinander. Mittlerweile waren aus den Kampfwagen gedankenschnelle schwer bewaffnete Raumschiffe geworden, die einander irgendwo in der samtschwarzen Unendlichkeit, die nur durch das Maß des Menschen eine vorübergehende Begrenzung fand, zum Kampf begegneten.
Am Prinzip eines solchen Duells hatte sich nichts geändert. Unverändert ging es um Sieg oder Niederlage.
Ich hatte längst wieder das Steuer der Najade übernommen, als das Radar seine erste Warnung übermittelte. Dies erfolgte unmittelbar nach der so genannten Kulmination unseres Fluges. Aus der eingesteuerten Umlaufbahn um die Erde drückte ich das Schiff herab zum Landeanflug auf Peking.
Ort und Zeitpunkt des Überfalls waren vom Gegner klug gewählt.
Als mir Lieutenant Stroganow die Alarmmeldung übermittelte, fühlte ich mich fast glücklich. Bis zuletzt hatte ich befürchtet, dass der General den ihm hingeworfenen Köder aus dem einen oder anderen Grunde verschmähen würde. Die Spannung, in der ich mich befand, zerriss. Nun, da die Entscheidung unmittelbar bevorstand, überkam mich eine große Gelassenheit.
»Wie viele sind es, Lieutenant?«
»Zwei Dutzend, Sir. Wir stecken gewissermaßen mitten drin im Sack.«
»Taurus-Zerstörer?«
»Einer wie der andere, Sir.«
»Wir haben wohl nicht mehr viele Chancen?«
»Nicht die geringste, Sir.«
»Sehr gut, Lieutenant. Der General macht es uns einfach.«
Selbst wenn wir Flucht im Sinn gehabt hätten, wäre ihr kein Erfolg beschieden gewesen. Im Vergleich mit den flinken Taurus-Zerstörern war die Najade ein langsames, schwerfälliges Schiff, das zudem nicht ein Mindestmaß an Bewaffnung besaß. Nur eine Besatzung von Selbstmördern hätte unter diesen Umständen einen Durchbruch versucht. An unserer Kapitulation würde es nichts auszusetzen geben – nicht einmal für die stets misstrauischen Kommissare und Offiziere der III. Abteilung.
»Eskorte an Najade!« Die Stimme aus dem Taurus-Zerstörer drang aus dem Lautsprecher. »Wir haben Radarkontakte. Es sieht nach einem massierten Angriff aus.«
Ich drückte auf die Sprechtaste. »Roger, Eskorte. Glauben Sie, Sie können uns die
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