Weltraumpartisanen 05: Vorstoss Zum Uranus
Warten zwingt.«
Wladimir Nekrassow, den Minister für Innere und Äußere Sicherheit, hatte ich übersehen. Erst nachdem mich Harris auf seine Anwesenheit aufmerksam gemacht hatte, entdeckte ich ihn in einem der Sessel. Als mein Blick dem seinen begegnete, nickte er mir zu. »Commander!«
»Exzellenz!«
Nekrassow, in Moskau geboren, auf der Venus aufgewachsen, war ein ungewöhnlicher Mann – und ungewöhnlich musste ein Mann in seinem Amt schon sein, seitdem die VOR – die Vereinigten Orientalischen Republiken – nach dem bestürzend frühen Tode ihres großen und friedliebenden Ministerpräsidenten Tschou Fang-Wu wieder zur Politik der Härte übergegangen waren und ihre Rüstungsanstrengungen vervielfacht hatten.
Die Anwesenheit des Ministers, fühlte ich, bedeutete nichts Gutes.
»Setzen Sie sich, Brandis!«, sagte Harris. »Und dann hören Sie mir zu! Und bitte, wundern Sie sich nicht, dass man Sie nicht bereits früher unterrichtet hat. Der Fall Scott unterlag der völligen Geheimhaltung.«
Bisher hatte es für mich nur eine Expedition Scott gegeben – eben jene Expedition, auf deren Leitung ich hatte verzichten müssen.
Dreihundertundzwölf Tage waren vergangen, seitdem sie aufgebrochen war, um den Uranus samt seinen fünf Monden zu erforschen, und, falls es sich lohnte, für die EAAU in Besitz zu nehmen, und seitdem hatte es darüber nur gute Meldungen gegeben. Und nun war plötzlich ein Fall daraus geworden.
»Ich weiß, was Sie zwangsläufig denken, Commander«, sagte Harris. »Sie sind davon überzeugt, dass Scott nach erfolgreicher Landung auf dem Uranus längst schon den Rückflug zur Erde angetreten hat. Aber das ist nicht der Fall, leider.«
Scott war in Schwierigkeiten. Einen Herzschlag lang war ich nahezu geneigt, es ihm zu gönnen. Aber dieses bösartige Gefühl hielt nicht lange vor. In Raumnot zu geraten, das wünschte man nicht einmal seinem ärgsten Feind – und ich hatte mich nie als Scotts Feind betrachtet. Ich konnte ihn lediglich nicht leiden, das war alles.
Harris, der sich gleichfalls gesetzt hatte, stand wieder auf und damit verriet er mir etwas von seiner Unruhe.
»Scott sitzt noch immer auf dem Uranus!«, sagte er. »Er hat, als er dort landete, eine perfekte Bruchlandung gebaut.«
»Großer Gott!«, ich hatte nicht vorgehabt dies zu sagen; es rutschte mir einfach so heraus. Nur zu gut begriff ich, in welch einer verzweifelten Situation sich Commander Scott mit seiner Besatzung befand. »Aber warum, um Himmels willen, Sir, halten Sie das geheim?«
»Ich glaube«, warf an dieser Stelle Minister Nekrassow ein, »für die Antwort auf diese Frage bin ich zuständig.«
Ich wandte mich ihm zu und mein ungutes Gefühl wuchs. Der Fall Scott bekam immer mehr politische und militärische Aspekte.
Der Vorsitzende des Rats für Innere und Äußere Sicherheit hatte sich so gesetzt, dass ich zugleich mit ihm das Emblem der EAAU ansehen musste, das hinter ihm an der Wand prangte: auf weißem Grund ein Ring goldener Planeten um drei kleeblattartig angeordnete grüne Kontinente.
Einer der Planeten, der siebente, war der Uranus, dessen mittlere Entfernung von der Sonne 2869,1 Millionen Kilometer beträgt: jener letzte Stern unseres Sonnensystems, der sich noch bis vor kurzem außer Reichweite unserer Schiffe befunden hatte. Erst die verbesserte Delta-Reihe – genauer gesagt: Delta IX – hatte seiner Unnahbarkeit ein Ende gemacht.
»Ja, Exzellenz.«
Nekrassow hob ein wenig die Hand – wie um meiner Ungeduld Einhalt zu gebieten. »Als ich die Geheimhaltung der Scottschen Misere anordnete, Commander Brandis, tat ich dies unter Berücksichtigung der gegenwärtigen militärischen Situation. Delta IX sollte uns dazu verhelfen, das verschobene Gleichgewicht der Kräfte wieder herzustellen und den Vorsprung der VOR auf dem Gebiet der strategischen Raumfahrt wieder einzuholen. Aus diesem Grunde muss unbedingt verhindert werden, dass Scotts Schiff den Chinesen in die Hände fällt.«
Ich neigte zustimmend den Kopf. »Das leuchtet mir ein, Exzellenz. Aber erlauben Sie mir die Bemerkung, dass mir kein VOR-Schiff bekannt ist, das in der Lage wäre, den Uranus zu erreichen.«
»Und dennoch«, sagte hinter mir John Harris’ schnarrende Stimme, »ist ein solches Schiff bereits unterwegs. Es ist langsam, aber ausdauernd. Der Geheimdienst ist, was dies anbetrifft, ziemlich gut unterrichtet. Es handelt sich dabei um einen auf atomaren Antrieb umgestellten Kreuzer vom Typ Pagode .«
Zum ersten
Weitere Kostenlose Bücher