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Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet

Titel: Weltraumpartisanen 17: Der Spiegelplanet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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mittlere Fernsehmonitor eröffnete den Prozeß im Namen des Wohlstandes gegen Oliva Babel und einen Baraträer , männlich, ausgewiesen als Mark Brandis.
    Der goldbetreßte Polizeigeneral ergriff das Wort.
    „Hohes Gericht, hochzuverehrende Ingenieure! Erlauben Sie mir, Ihnen zunächst den Fall Oliva Babel zur Aburteilung vorzulegen. Die Anklage gegen sie, die ich gleich durch Beweise erhärten werde, lautet auf unerlaubtes Entfernen aus der Stadt in Tateinheit mit dem Betreten der Sperrzone sowie auf Hochverrat in Tateinheit mit dem Ausüben einer unerlaubten, teils geistigen, teils manuellen Tätigkeit und dem Verteilen von revolutionären Schriften..."
    In diesem Sinne sprach der Polizeigeneral noch eine Weile weiter. Inzwischen wußte ich genug über die Sitten und Bräuche auf Mir, um über die für meine Ohren absurd klingende Anklage nicht weiter erstaunt zu sein.
    Ich hörte auf, der Aufzählung der einschlägigen Paragraphen des Wohlstands-Gesetzbuches zu lauschen, und konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf meine beiden Wächter. Der ältere von ihnen, ein Mann mit eisgrauem Haar und rotem Gesicht, war am Einnicken. Die Maschinenpistole lag lose auf seinen Knien.
    Bis heute weiß ich nicht, ob ich den Ausbruch wirklich riskiert hätte - wahrscheinlich ja, denn was hatte ich noch zu verlieren? -, jedoch die Probe aufs Exempel zu machen blieb mir versagt. Gerade, als ich mich anspannte, um nach der Waffe zu greifen, schlug der rotgesichtige Polizist die Augen auf.
    „Nur zu, Baraträer ", sagte er, „nur zu! Du tätest mir geradezu einen Gefallen."
    Fortan blieb er auf der Hut.
    Es gab bei diesem Prozeß einen Augenblick tiefer Verzweiflung.
    Das war, als der Polizeigeneral das erste Beweisstück vor die elektronische Kamera hielt.
    „Als unsere Beamten in der Wohnung der Angeklagten eintrafen", erläuterte er dabei, „war diese verlassen - offenbar in größter Eile geräumt -, doch etwas war dabei versehentlich zurückgeblieben."
    Ich erkannte den Tannenzapfen, den ich Oliva im Wald gegeben hatte.
    Die Bilder der Erinnerung fielen über mich her. Mir war, als hörte ich wieder Olivas beseligtes Lachen, als sie den Tannenzapfen unter ihrem Hemd verwahrte, auf der nackten Haut.
    Bogulob Babel hatte, als er die verräterischen Tannennadeln verbrannte, geglaubt, alle Spuren unseres Ausfluges verwischt zu haben.
    Ich war zur Ruhe gegangen, ohne an den Tannenzapfen zu denken.
    Oliva lächelte.
    Mir war trostlos zumute. Ich hätte nicht zulassen dürfen, daß sich Oliva mit diesem Erinnerungsstück selbst ans Messer lieferte.
    Der rotgesichtige Polizist sagte barsch: „Die Kommunikation zwischen den Angeklagten ist verboten. Aber vielleicht braucht ein Baraträer wie du, um das zu kapieren, eine handgreifliche Belehrung."
    Ich überhörte die Herausforderung und schwieg.
    Andere, bessere Menschen als ich hatten ärgeren Hohn und Spott erdulden müssen - auf dem langen, leidvollen Weg der Menschheit zu mehr Menschlichkeit.
    Der Tannenzapfen wurde ad acta gelegt.
    Für mich bedeutete er aber eine bedeutsame Information:
    Olivas Familie befand sich auf freiem Fuß, und, was fast noch wichtiger war, auch meine beiden Männer waren, als das Durchsuchungskommando eintraf, nicht mehr in der Wohnung gewesen.
    Der Polizeigeneral ging über zum nächsten Punkt der Anklage.
    Die Beweisführung bereitete ihm keine Mühe. Er präsentierte der elektronischen Kamera eines der Flugblätter - und der linke Fernsehmonitor bemerkte nach einem Räuspern:
    „Mich würde interessieren, was die Angeklagte zu diesem Punkt zu sagen hat."
    Eine Sekunde lang glaubte ich aufatmen zu dürfen.
    Oliva war jung. Eine Bitte um Milde aus ihrem Munde mochte selbst das Herz eines hartgesottenen Ingenieurs erweichen.
    Oliva stand langsam auf - aber ihr Gesicht war nicht das einer reuigen Sünderin, wie ich es erhofft hatte, sondern das einer kämpferischen Jeanne d'Arc : gesammelter Ernst. Nie war Oliva mir schöner erschienen.
    „Von dem, was ich geschrieben habe, nehme ich kein Wort zurück. Ich möchte, daß Sie das verstehen. Wie jeder Mensch hänge ich am Leben. Aber für jemand, der die Wahrheit kennt, ist ein Leben, wie es die Wohlstandspartei den Bürgern von Mir aufzwingt, nur noch eine Qual."
    „Unverschämtheit", bemerkte der rechte Fernsehmonitor. „Man entziehe der Angeklagten das Wort!"
    Oliva rief: „Nieder mit BIG MOTHER und mit der Diktatur der Ingenieure!"
    Die Polizisten drückten sie auf die Bank zurück.
    Nur wenige

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