Weltraumpartisanen 18: Sirius-Patrouille
dieser plötzlich anberaumten Konferenz unter vier Augen auf sich hatte – war doch, wollte man die Spur des flüchtenden Wildes nicht verlieren – jede Minute kostbar, doch aus irgendeinem Grunde bekam er die Frage nicht über die Lippen.
Major Degenhardt kehrte auf die Brücke zurück – allein –, mit bleichem Gesicht. Seebeck wagte nicht zu atmen.
Major Degenhardt drückte im Stehen eine Taste. Seine Stimme hatte einen brüchigen Klang.
»An alle Stationen. Hier spricht der Kommandant. Die Verfolgung des VOR-Schiffs wird eingestellt. Wir bleiben auf Uranus-Kurs und kümmern uns zunächst um etwaige Überlebende. Der Alarm ist aufgehoben.«
Major Degenhardt machte abrupt kehrt und polterte den Niedergang hinab.
Neben Seebeck war ein tiefes Atemholen zu hören. Lieutenant Stroganow schälte sich aus seinen Gurten.
6.
Seebeck wußte nicht mehr, woran er war. Anfangs war er aus dem Kommandanten nicht klug geworden; mittlerweile glaubte er ihn zu kennen. Desto weniger verständlich war ihm neuerdings das Verhalten von Commander Brandis, der sich, ungeachtet des verheerenden Sonnensturmes, durch den sich die Invictus ihren Weg erkämpfte, nur sporadisch auf der Brücke zeigte.
Der Sonnensturm war von erschreckender Heftigkeit, und nach Seebecks Meinung hätte jeder Mensch, der seinen Verstand auch nur halbwegs beisammen hatte, nichts eiliger zu tun gehabt, als das Schiff auf einen Kurs zu legen, der es aus der unmittelbaren Gefahrenzone führte. Doch die Invictus behielt ihren Kurs bei; Major Degenhardt traf keine Anstalten, ihn abzuändern – was Seebeck auch nicht erwartete; und Commander Brandis griff nicht ein – was Seebeck inständig erhoffte.
Mitten in der Nacht schrillten die Alarmglocken – doch diesmal ging es um keinen verdächtigen Kontakt und um keine Gefechtsbereitschaft, sondern lediglich darum, die Stationen zwecks Strahlenmessung besetzt zu halten. Der Kommandant war sich der Gefahr, in der das Schiff schwebte, demnach durchaus bewußt. Seebeck kam sich vor wie auf einem Seeschiff im Orkan, das, weil sein ehrgeiziger Kapitän nicht beidrehte, jeden Augenblick leckgeschlagen werden konnte.
Die Isolierung der Invictus hielt wider Erwarten stand. Lediglich im Frachtraum wurde eine Strahlendosis gemessen, die geringfügig über normal lag. Als der Sonnensturm schließlich abflaute und Seebeck sich mit Lieutenant Stroganow über seine Befürchtungen unterhielt, gab dieser unumwunden zu, daß es auch anders hätte kommen können.
»Aber warum, um Himmels willen, hat Commander Brandis das zugelassen und ist dieses Risiko eingegangen?« erkundigte sich Seebeck. »Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, daß Major Degenhardt auf ihn hätte hören müssen.«
Lieutenant Stroganow bedachte Seebeck mit einem langen Blick.
»Sir, wenn Sie schiffbrüchig wären – dann würde auch Ihnen das Warten verdammt lang werden.«
»Aber Sie wissen doch überhaupt nicht, ob es Überlebende gibt.«
Etwas wie ein Schatten stahl sich in den Blick des Sibiriaken.
»Wenn wir uns weiter beeilen, Mr. Seebeck, werden wir vielleicht schon morgen Gewißheit haben.«
Seebeck erholte sich nur langsam von seinem Schrecken.
Der Alptraum verfolgte ihn. Erschaudernd dachte er an die zahlreichen Gerüchte, die im Umlauf waren: von Schiffen, die, völlig intakt und unversehrt, jedoch mit mumifizierten Leichen an Bord, durch den Raum trieben: Opfer von Sonnenstürmen, die urplötzlich über sie hergefallen waren. Auch die besten Isolierungen hatten ihre Schwachstellen.
Die einzige Kursänderung, die Major Degenhardt anordnete, stand mit keinem Sonnensturm im Zusammenhang, sondern wurde verursacht durch ein weitgefächertes Meteoritenfeld, das Lieutenant Stroganow gerade noch rechtzeitig hatte ausmachen können. Die Invictus ging der Gefahr eines Zusammenstoßes aus dem Weg und kehrte danach wieder auf ihren alten Kurs zurück.
Tags darauf sprangen die Triebwerke an. Seebeck enterte hoch zur Brücke. Dort befand sich nur der Pilot. Die Automatik war abgeschaltet. Captain Tuomi steuerte die Invictus von Hand.
»Was ist los, Captain?«
Captain Tuomi machte eine abwehrende Bewegung.
»Nichts, Mr. Seebeck – nur daß wir jetzt das fragliche Raumgebiet erreicht haben und mit der Suche beginnen.«
Seebeck starrte aus dem Fenster. Was immer sich in diesem Raumgebiet zugetragen hatte – ein Kampf, ein Unfall, eine Tragödie –: es war nur noch irgendeine Legende. Außer dem samtschwarzen Himmel und
Weitere Kostenlose Bücher