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Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Titel: Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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sein. Sie geben auf der Explorator ja nur ein Gastspiel. Normalerweise ist ein Schiff wie dieses unter Ihrer Würde. Aber ich habe vor, mit dem Mann noch ein paar Flüge zu unternehmen. Was haben Sie vor – ihn umzubringen wegen einer Abdrift von lächerlichen paar Grad?«
    Das war die wunde Stelle. Aber nicht Captain Miller hatte mit ihr zu leben. Ich war der Commander und hatte die Last der Entscheidung zu tragen. Mit der Explorator war ich vorgestoßen bis zum Neptun – und nun war es meine Aufgabe, sie heil und sicher zurückzuführen zur Erde.
    Wie weit durfte ich Rücksicht nehmen auf Lieutenant Wagner? An seinem Mißgeschick war er letztlich selber schuld. Auf einem Schiff mit einer disziplinierten Besatzung wäre es zu diesem Unfall gar nicht erst gekommen. Und auch jetzt ging es um die Disziplin. Captain Miller hatte mit seinem Widerspruch die Grenzen des Zulässigen überschritten.
    »Sie verweigern die Ausführung? Nur zu, Miller, sprechen Sie sich aus! Sagen Sie schon, was Sie von mir denken. Seien Sie ein Mann und sagen Sie mir klipp und klar ins Gesicht, daß Sie die Ausführung des Befehles verweigern. Was dann geschieht, ist Ihnen klar. Ich werde Sie unter Arrest stellen. Und in Metropolis wird man Ihnen die Lizenz entziehen.«
    Captain Miller war von Satz zu Satz bleicher geworden. Immerhin: Er zwängte sich in seinen Sitz zurück und schaltete den VKS ab.
    »Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, Brandis!«
    Es war mir klar, woran er dachte. Der Erfolg der Expedition war bescheiden. Im Direktorium der VEGA bahnten sich Veränderungen an. Unter Dr. Mildrich mochte Captain Miller durchaus der kommende Mann sein.
    »Führen Sie meinen Befehl aus, Captain!« sagte ich hart. »Und befleißigen Sie sich in Zukunft der Anreden, die an Bord üblich sind.«
    Captain Miller sah mich nicht an, als er mit zusammengebissenen Zähnen zurückgab: »Aye, aye, Sir.«
    Eine halbe Minute später sprang das Triebwerk an, und die Explorator schwenkte ab, um Kurs zu nehmen auf den Andromeda-Nebel.

12.
    Nachdem ich mich vergewissert hatte, daß die ZG-Werte rückläufig waren, trat ich, erschöpft vom sechsstündigen nervenaufreibenden Törn im Cockpit, die Mittelwache an Captain Miller ab und zog mich zurück. Der Wachwechsel vollzog sich in eisiger Atmosphäre – aber darüber vermochte ich hinwegzusehen, solange ich nur wußte, daß die Explorator auf sicherem Kurs lag.
    Die Lage hatte sich geringfügig gebessert.
    Das halbe Etmal, das ich mir von Lieutenant Kardorff geben ließ – errechnet aus den Positionsdaten von 12.00 Mittag und Mitternacht –, wies aus, daß die ZG immerhin noch intensiv genug war, um unsere Fahrt voraus mit der Formel minus elf zu belasten. Weniger verklausuliert bedeutete das, daß wir um 11 Prozent hinter einer normalen Halbtagesleistung hinterherhinkten.
    Ich ging meinen mitternächtlichen Kontrollgang.
    Tschang Li hatte sich auf ihrem Lager zu einer Kugel zusammengerollt, den Daumen in den Mund gesteckt und schlief ruhig und entspannt; und auch Lieutenant Wagner machte nicht die Augen auf, als ich leise bei ihm eintrat.
    Was tun?
    Ihn an Bord operieren, mit eigenen Händen – unerfahren und ungeübt in diese Kunst, wie ich war? Vergleichbare Fälle gab es genug: Commander, die zum Skalpell griffen; Patienten, die unter dem Messer entweder starben oder durchkamen. Vorerst war daran nicht zu denken. Die Funkverbindung zu VEGA-Metropolis war ebenso schlecht wie die zum Uranus, und ohne funkärztliche Beratung würde ich, falls ich zum Skalpell griff, mehr Schaden als Nutzen anrichten.
    Lieutenant Wagners Zustand machte mir zu schaffen – mehr, als Captain Miller in seinem blinden Eifer ahnte. Das Wohl des ganzen Schiffes jedoch ging vor.
    Im Gang stieß ich auf Lieutenant Kardorff, der sich gleichfalls anschickte, die Koje aufzusuchen.
    »Gute Nacht, Sir.«
    »Gute Nacht, Lieutenant. Ist der Alarm geschaltet?«
    »Ist geschaltet, Sir.«
    »Angenehme Ruhe.«
    »Ihnen auch, Sir.«
    Hinter mir lag ein anstrengender Tag: ein Tag der Entscheidungen und Zweifel; ein Tag, an dem man es zu spüren bekam, daß man den Stern über den vier goldenen Streifen nicht nur zur Zierde trug. Als Commander war man verantwortlich: vor der Welt und vor seinem Gewissen.
    Ich zog mich aus und ließ mich in die Koje fallen. Nach menschlichem Ermessen wurde ich bis zum nächsten Wachwechsel im Cockpit nicht benötigt: bis 06.00 Uhr Bordzeit.
    Eine Weile lang noch war ich damit beschäftigt, über die

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