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Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Titel: Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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das der Menschen auf der Han Wu Ti – oder aber wir würden, ausgerüstet mit einem neuen Hauptsteuermodul, wieder über ein betriebsfähiges BMS verfügen, um dann endgültig die Heimreise zur Erde anzutreten.
    Die Ungewißheit zerrte an den Nerven.
    Um mit dem Atemvorrat sparsam umzugehen, herrschte Ruhe an Bord. Jede überflüssige Bewegung, jedes überflüssige Wort mußten vermieden werden.
    Ein Problem war es, das der kleinen Tschang Li zu verdeutlichen: daß auch sie sich still verhalten sollte – und weshalb. Als sie schließlich begriffen hatte, was ich von ihr erwartete, schmiegte sie ihre Wange an meine Hand, sah zu mir auf und bestätigte im schönsten VEGA-Metro: »Logel, Commandel Blandis!«
    Ihre Anwesenheit an Bord flößte mir Zuversicht ein. Der Himmel war ihr schon einmal gnädig gewesen. Nun mußte er sich ein zweites Mal gnädig erweisen – und sei es nur, um dieses Kind in die Arme seiner Mutter zurückzuführen.
    Tschang Li hatte sich mit Lieutenant Wagner angefreundet. Er brachte ihr Metro bei und sie ihm Chinesisch. Was er aus dem Chinesischen machte, hörte sich für meine Ohren ganz sonderbar Wienerisch an, aber es trug dazu bei, seine Lebensgeister aufzumuntern, und vorläufig war das immer noch die beste Medizin, die ich ihm verabreichen konnte.
    Einmal griff er nach meiner Hand.
    »Sir, ich möchte nicht, daß Sie denken, ich hätte Captain Miller …«
    Ich beruhigte ihn.
    »Sie haben mit der Sache nichts zu tun, Lieutenant.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Mit mir hat es angefangen, Sir. Ich hoffe, wir sitzen nicht zur arg in der Klemme.«
    »Wir werden einen Ausweg finden.«
    Der Ausweg: das war der Phoebe mit seinem Faktor x. Wenn wir darauf landeten, riskierten wir, dort elendig zugrunde zu gehen. Wenn wir jedoch unsere Reise ohne Hauptsteuermodul fortsetzten, waren unsere Stunden gleichfalls gezählt – und früher oder später würde die antriebs- und führerlose Explorator mit einer zu Stein gefrorenen Besatzung einschwingen in die große Umlaufbahn um die Sonne.
    Lieutenant Wagner klammerte sich an meine Hand.
    »Sir, seien Sie offen! Haben wir überhaupt eine Chance? Ich frage nicht wegen mir, aber …«
    Er dachte an seine alten Bordkameraden. Er dachte an mich. Er dachte vor allem an Tschang Li.
    »Wir haben sie«, sagte ich. »Verlassen Sie sich darauf. Wenn es eine Möglichkeit gibt, die Explorator zu retten, werden wir sie ergreifen.«
    Ich gab mich zuversichtlicher, als ich war. Der Stern, den ich trug, verpflichtete mich dazu. Von einem Commander erwartet man, daß er niemals die Flinte ins Korn wirft. Von einem Commander erwartet man, daß er seiner Besatzung mit gutem Beispiel vorangeht. Von einem Commander erwartet man, daß er mehr weiß und mehr kann als die anderen – und vor allem erwartet man von ihm, daß er die Bordmoral stützt. Ich gab mich zuversichtlich, weil ich ruhige und besonnene Männer um mich haben wollte. Nur dann gab es für uns alle eine Überlebenschance. Was ich nicht brauchen konnte, waren Nervosität, Kleinmut und vorzeitiges Aufgeben. Noch war nicht alles verloren.
    Was ich an berechtigten Zweifeln hegte, behielt ich für mich: meine Sorge um die zu knapp bemessene Zeit für die Reparatur, mein Mißtrauen gegenüber dem andersartigen Hauptsteuermodul. Haltung zu wahren war ein Teil meines Berufs. Man hatte mich geschult, ausgebildet und in die Verantwortung eingesetzt. Nun mußte ich sie tragen, ohne unter ihrem Gewicht zu stöhnen.
     
    Am letzten Tag vor der Landung zog ich mich in meine Kammer zurück, schaltete das Diktafon ein und sprach einen ausführlichen Brief an meine Frau, in dem ich ihr beschrieb, was sich ereignet hatte, und ihr noch einmal meine unerschütterliche Liebe versicherte. Dieser Brief war gewissermaßen mein Testament. Es mochte sein, daß man die Botschaft finden würde, nach ein paar Monaten, nach ein paar Jahren – in jenem Fall, den ich leider nicht ausschließen konnte.
    Ich hatte geruht. Schlaf stellte sich nicht ein. Die verbrauchte Luft, schwer und stickig, ließ selbst die Untätigkeit zur Qual werden. 
    Der Lautsprecher schlug an. Captain Miller sprach vom Cockpit aus, in dem er seine Wache ging.
    »Commander – Brücke.«
    Schweißüberströmt stemmte ich mich hoch. Mein Kopf schmerzte, meine Augen brannten. Ich fühlte mich auf besorgniserregende Weise schlapp und lustlos.
    »Ich höre, Captain.«
    »Es ist so weit, Sir. Phoebe in Sicht.« 
    Ich riß mich zusammen.
    »Roger, Captain. Ich

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