Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
Er sagte: »Warum, zum Teufel, haben sie uns nicht umgebracht? Dann wäre die Sache jetzt erledigt.«
Er gab sich keinen Illusionen hin: es war ihm klar, daß ihm und Piersanti Schlimmeres zugedacht war als ein rasches, barmherziges Ende.
Captain Romen schwieg.
An den Tatsachen war nicht zu rütteln. Man mußte sich mit ihnen abfinden. Die beiden Fulgor -Piloten hatten Mut bewiesen und nichts bewirkt. War es ihnen überhaupt klar gewesen, in was sie sich da einließen, ebenso tapfer wie töricht? Versorger-Piloten waren rauhe Burschen, gewiß, aber sie hielten sich an die Regeln. Dem stiernackigen Tibetaner, dem chromköpfigen Fiorentino waren sie nicht gewachsen.
Und dann wäre da überdies noch die gesamte Besatzung gewesen: eine Bande erfahrener Halsabschneider und Totschläger – Ahmed Khans bis an die Zähne bewaffnete Gefolgschaft. An ihrer Treue war nicht zu zweifeln. Solange das Gehirn sie von einem Sieg zum anderen führte und mit reichlicher Beute überhäufte, war sie unerschütterlich. In gewisser Weise war Ahmed Khan in seiner gegenwärtigen Gestalt in einer besseren Position als je zuvor: Weder Hunger, Durst, Müdigkeit noch Krankheit vermochten ihn aufzuhalten. Und da er Tag und Nacht die Brücke besetzthielt und die Schiffsführung nicht aus der Hand gab, war er gefeit gegen jegliche Konkurrenz.
Albrecht stöhnte. Piersanti würgte. Captain Romen dachte an die gläserne Glocke, in der das Urteil über die beiden Fulgor -Piloten gefällt wurde, und sein Gesicht wurde hart.
Captain Romen preßte die Lippen aufeinander. Die Kerkermeister kehrten zurück – es mochte sein: diesmal als Vollstrecker. Der Riegel klirrte. Der Tibetaner zog die Tür auf, und der Erste Steuermann, mit der Bell im Anschlag, zeigte sich auf der Schwelle.
Fiorentino machte einen verdrossenen Eindruck; er sah aus wie ein Mensch, der unter starkem seelischen Druck steht. Seine Blicke wanderten wie züngelnde Schlangen über die beiden Fulgor -Piloten hinweg und richteten sich auf Captain Romen.
»Wer ist der Navigator?«
Lieutenant Kardorff seufzte und hob die Hand.
»Ich.«
»Mit allen Patenten?«
»Mit allen Patenten.«
Der Lauf der Bell schwenkte auf ihn ein.
»Mitkommen!«
Lieutenant Kardorff rückte die Brille zurecht. Sein Gesicht war bleich – aber darüber hinaus ließ er sich nicht anmerken, wie ihm zumute war. Er knöpfte seine Jacke zu, nickte seinen Kameraden zu und reichte Captain Romen die Hand.
»Alles Gute, Sir.«
Captain Romen erwiderte den Händedruck.
»Gott mit Ihnen, Lieutenant!«
Der Tibetaner kicherte. Fiorentino verzog keine Miene. Er war in Eile und ließ es Lieutenant Kardorff spüren.
»Vorwärts!« herrschte er den Navigator an. »Avanti!«
Über die nächsten Stunden lautet Captain Romens Aussage im amtlichen Protokoll:
Nachdem man Lieutenant Kardorff geholt hatte, waren wir eigentlich ziemlich sicher, daß wir ihn nicht wiedersehen würden. Die Piraten hatten keinerlei Erklärung abgegeben, und der Protest, zu dem ich ansetzte, wäre mir um ein Haar schlecht bekommen.
Fiorentino setzte mir den Lauf der Bell auf die Stirn, und Lieutenant Prado zischte mir zu: »Um Himmels willen, Sir, seien Sie still!«
Niedergeschlagen blieben wir zurück. Mit dem Gedanken an den Tod konnte man sich immerhin irgendwie vertraut machen, aber die Vorstellung, daß das an uns begangene Verbrechen wohl auf ewig ungesühnt bleiben würde, belastete uns doch sehr.
Irgendwann haben wir dann für Lieutenant Kardorff ein kurzes Gebet gesprochen, doch irgendwie wollte es mir nicht gelingen. Nach wie vor war etwas mit meinem Kopf nicht in Ordnung. Ohne jeden Grund fühlte ich mich zu den absonderlichsten Gesprächen herausgefordert …
Mit Lieutenant Kardorffs Rückkehr in die Zelle hatte niemand gerechnet. Der Tibetaner stieß ihn über die Schwelle und schlug hinter ihm die Tür zu. Lieutenant Kardorff blieb stehen, nahm die Brille ab, hauchte sie an – Oberseite, Unterseite – wischte sie mit einem Tuch umständlich blank und setzte sie wieder auf. Er machte einen wohlbehaltenen Eindruck.
Erst als die Prozedur der Brillenreinigung ein Ende gefunden hatte, erstattete er Bericht.
Er sagte: »Gentlemen, dreimal dürfen Sie raten!«
Captain Romen, dem der Sinn nicht nach Ratenspielen stand, wies ihn zurecht: »Zur Sache, Lieutenant!«
Lieutenant Kardorffs abgespreizter Daumen zielte aufwärts: dorthin, wo sich die Brücke befand.
»Gentlemen«, sagte Lieutenant Kardorff noch
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