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Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange

Titel: Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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voll und ganz gebilligt. Als bedeutsamsten Faktor erachtete man den Anlaß dieses Fluges. Dahinter stand nicht die Laune eines ehrgeizigen Kommandanten, sondern das Bestreben einer möglichst raschen Hilfeleistung. Der direkte Kurs, der vom Rettungskreuzer Henri Dunant beibehalten wurde, war unter diesen Umständen gerechtfertigt.
    Vollends rehabilitiert wurde ich durch den Nachweis, daß die amtlichen RG-Konserven, die wir zum Zweck der Raumanalyse mit uns führten, und das in Metropolis gedruckte Kartenmaterial, auf das ich mich verließ, wider besseres Wissen nicht auf den neuesten Stand gebracht worden waren. Das faustgroße Rest des im Jahre 1987 außer Kontrolle geratenen und daraufhin gesprengten Killersatelliten Woina 71 aus ehemals sowjetischer Produktion war bereits im vergangenen Jahr mit exakter Umlaufbahn an das Amt für Raum-Vermessung gemeldet worden. Dort jedoch wurde die Meldung offenbar verschlampt. Auf jeden Fall unterblieb die Berichtigung des amtlichen Materials.
    Mit anderen Worten: Daß ich die Henri Dunant der Kollision mit einem rund hundertjährigen Metallsplitter entgegenführte, konnte ich nicht ahnen.
    Dabei war die Kollision alles andere als unvermeidlich. Ein funktionierendes AMS hätte den Splitter aufgespürt, ihn als Signal in das laufende Programm des Flightcomputers, Sequenz Navigation, eingespeist, und der auf diese Weise alarmierte Retlexator hätte mittels eines wiedereingeschalteten VKS die zur Vermeidung des Zusammenstoßes erforderliche Kurskorrektur vorgenommen. All das hätte gerade 0,03 Millisekunden gedauert.
    Aber das AMS – ohnehin kein zwingend vorgeschriebenes Bestandteil des Ausrüstungsbereichs Ortung – war an diesem Tag außer Betrieb. Das faustgroße Metallstück tauchte urplötzlich auf dem Radarschirm auf. Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes betrug die Position der Henri Dunant Papa Alfa Mike Zwo-Zwo-Sechs: PAM 226.
    Der Energiesturm, durch den sich die Henri Dunant zu diesem Zeitpunkt bewegte, übertraf an Heftigkeit alles, was ich diesbezüglich bisher erlebt hatte. Vor den Fenstern wetterleuchtete der samtschwarze Himmel und übergoß das Cockpit mit staubfahlem, manchmal auch gelbem und in Abständen rubinrotem Licht. Über meine Hände, die das vibrierende Steuer hielten, huschten alle Farben des Regenbogens. Das Knistern war zu einem monotonen Dröhnen angeschwollen. Die Henri Dunant schien sich im Zentrum eines unsichtbaren kosmischen Niagara-Falles zu befinden.
    Captess Kato unternahm einen Kontrollgang durch das Schiff und las auf den Innenfühlern die rem-Werte ab. Sie kehrte auf die Brücke zurück und nahm ihren Platz wieder ein: bereit, das Steuer zu übernehmen, falls ich aus dem einen oder anderen Grund ausfallen sollte.
    »Keine Leckagen, Sir.«
    Ich fühlte mich beruhigt. Die Henri Dunant war wirklich ein überaus solides Schiff. Sie hielt dem kosmischen Toben statt, ohne daß Strahlung einsickerte. Zumindest mit ein paar harmlosen Leckagen wäre zu rechnen gewesen, wie sie sich einstellen mochten als Folge nachlässiger Verarbeitung.
    Unmittelbar nach diesem Kontrollgang geriet auf dem Monitor die Kurslinie, der ich folgte, in Zuckungen, und ich rief das Kartenhaus und ersuchte Lieutenant Stroganow um Abhilfe. Er tat die Störung als sturmbedingt und vorübergehend ab; nichtsdestoweniger versprach er mir, den Kursgeber zu überprüfen – und in eben diesem Augenblick wurde er aus der Leitung gedrängt.
    Im Lautsprecher ertönte Lieutenant O'Briens warnender Zuruf: »Brücke – RC. Objekt auf Null Strich Null – rasch näherkommend!«
    Ich hob den Blick. Auf dem Radarschirm war in der Tat ein winziger, sich jedoch fulminant vergrößernder Lichtpunkt aufgetaucht, der mit null Grad Seite und mit null Grad Steigung, direkt von vorn, gleich einem Geschoß auf die Henri Dunant zuhielt. Ein versprengter Meteorit, ein Einzelgänger? Auf keinen Fall hatten wir es mit einem größeren Objekt zu tun. Der Kollisionskurs wurde ständig überwacht. Selbst ein Objekt von gerade 30 Zentimeter Durchmesser auf Null Strich Null hätte das Radar dazu veranlaßt, im Cockpit den zwiefachen Crash-Crash-Alarm auszulösen: in Form eines routierenden Blaulichts und eines schrillen Pieptons. Der Gegenstand, der auf die Henri Dunant zuhielt, war kleiner. Er näherte sich mit einer Geschwindigkeit von 55,55 km/sec, also verhältnismäßig langsam, während die Henri Dunant gleichzeitig mit knapp 23 LE auf ihn zuhielt.
    Die absolute Annäherungsgeschwindigkeit betrug

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