Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
lediglich gespielt gewesen: vorgetäuschte Unbekümmertheit, eine aufgesetzte Maske. Und nun war es offenbar sinnlos, weiter in ihn zu dringen.
Captain Romen versank in Nachdenken. Er versuchte, sich ein Bild zu machen von der astralen Landschaft, durch die die Vendetta ihre Bahn zog. Er strapazierte seine Erinnerung, indem er sich die Sternbilder vorstellte, denen sie folgte. Und er zerbrach sich den Kopf darüber, ob sich die Umlaufbahn von Serpens mit der des Kunstplaneten Astropolis überschnitt, der erst unlängst, im November des vergangenen Jahres, auf Position gebracht worden war. Die Antworten waren ihm nicht geläufig. Seine Gedanken verwirrten sich.
Lieutenant Krosanke rührte ihn an.
»Sir, reden Sie etwa mit mir?«
Captain Romens Blick wurde klar.
»Mit Ihnen? Nein, Lieutenant, ganz gewiß nicht.«
»Ich dachte«, erwiderte Lieutenant Krosanke. »Entschuldigen Sie, Sir.«
11.
Mark Brandis,
Chef Raumnotrettungsflotte UGzRR
Eingabe ins elektronische Bordbuch
Lieutenant O'Brien erschien auf der Brücke, um mir zu sagen, daß es ihm nicht gelungen war, das AMS wieder in Betrieb zu nehmen. In seinem sommersprossigen Gesicht unter dem roten Haarschopf standen die Zeichen der Unzufriedenheit mit sich selbst.
»Nichts zu machen, Sir. Wenn's nur der Sensor selbst gewesen wäre – irgendwie hätte ich das noch hingeflickt. Aber das ganze Relais macht nicht mehr mit.«
Er hatte nahezu die ganze Nacht daran gearbeitet und sah dementsprechend aus: übernächtigt, unrasiert, mit geschwollenen Augen und erschöpften Bewegungen.
Es waren diese selbstverständlichen Kleinigkeiten, die letztlich darüber entschieden, wie gut eine Besatzung war – oder wie schlecht. Das Relais ließ sich nicht reparieren – aber Lieutenant O'Brien hatte es zumindest versucht. Ich wies ihn an, sich ein paar Stunden Schlaf zu gönnen und schickte statt seiner Lieutenant Levy, für den es im FK vorerst nichts zu tun gab, aushilfsweise ins RC.
Nachdem ich die Brückenwache an Captess Kato abgetreten hatte, unternahm ich meinen üblichen Kontrollgang durch das Schiff, wobei ich auch einen Blick in das Hospital warf. Professor Deschehen kauerte mit untergeschlagenen Beinen auf dem Fußboden, und als ich ihn ansprach, gab er keine Antwort. Der Blick seiner Augen war auf eine kaum zu beschreibende Weise nach innen gekehrt. Die Ruhe und der Frieden der Kontemplation lagen wie ein ferner Glanz über seinem verwitterten Gesicht. Mir war klar, daß er, in Meditation versunken, mich weder sah noch hörte – aber das mochte auch nur geschauspielert sein, vorausgesetzt, er war der mit allen Wassern gewaschene Gaukler, für den ich ihn am liebsten hielt. Traf diese meine Einschätzung zu, dann hatte ich es mit einer hervorragenden Vorstellung zu tun. Andererseits – wer weiß? – glaubte dieser alte Mann vielleicht selbst an das, was er tat. Warum nicht? Unter der Sonne gab es die absonderlichsten Blüten. Und es gab genug harmlose Irre.
Ich ließ den Vorhang fallen, indem ich die Tür wieder schloß.
Nachdem ich in der Messe einen Kaffee getrunken hatte, schickte ich Lieutenant Levy zurück ins FK und ließ mir eine LF-Sprechverbindung zu Stellanorm XIV herstellen. Das Gespräch kam zustande, aber die Bedingungen waren miserabel. Die Störung war energiehaltiger Natur, und Lieutenant Levy nahm, ohne daß es einer Aufforderung bedurfte, eine Anzahl von Messungen vor.
Der Stationsmeister der nur noch wissenschaftlich genutzten Plattform, Dr. Michelson, war selbst am Apparat.
»Tut mir leid, Commander … Ich kann Sie kaum verstehen. Wir stecken mitten in einem ekelhaften Energiesturm. Wiederholen Sie doch Ihre Frage!«
Der Empfang lag bei 37 Prozent. Um überhaupt etwas zu verstehen, benutzte ich Filter, Aufbereiter, Umformer und Verstärker. Das eingehende Gespräch gewann dadurch an Lautstärke. Es wurde aber auch, mitunter bis zur Unkenntlichkeit, verzerrt.
»Ich ersuchte Sie um Auskunft über die Florence Nightingale , Doktor. Was hat sich da wirklich abgespielt?«
»Oh, eigentlich nichts, Commander, das heißt, nicht viel. Die Florence Nightingale – wissen Sie, ich gehe immer davon aus, daß sie es gewesen ist –, also, sie wurde zunächst von unserem Radar geortet. Ein paar Stunden später geriet sie in Sicht.«
Ich hakte ein: »Genauer, Doktor.«
Aus dem Lautsprecher kam ein gequältes Krächzen: »Negativ, Commander.«
Ein paar Minuten noch, und die Verbindung würde zusammenbrechen. Ich beeilte mich, meine Fragen
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