Weltraumpartisanen 21: Blindflug zur Schlange
Stationen und wies die Lieutenants Levy und O'Brien an, sich bei mir einzufinden: in vollständiger Raumkombination.
Ein paar Minuten später waren sie zur Stelle. In ihren changierenden Gold-Silber-Anzügen mit den reflektierenden Helmen und fauchenden Atempaketen sahen sie aus wie mythologische Gestalten. Ich trat beiseite, als sie die Tür zum Hospital öffneten, und als sie mit dem alten Mann zurückkehrten, hütete ich mich, diesen zu berühren. Mir war nicht klar, ob er die volle Tragweite dessen begriff, was sich zugetragen hatte. Selbst einem technisch vorgebildeten Menschen fiel es schwer, den verhängnisvollen Zusammenhang zu verstehen.
Auf jeden Fall war der alte Mann bei vollem Bewußtsein.
Ich sprach ihn an.
»Haben Sie Schmerzen?«
Natürlich hatte er Schmerzen. Ein anderer an seiner Stelle hätte sich gekrümmt und gewunden und lauthals geschrien. Er wandte mir sein verwittertes Gesicht zu.
»Der Schmerz, Commander, ist wie ein Fensterglas. Den Blick kann er nicht aufhalten.«
Mir stand der Sinn nicht nach verschleierten Sprüchen. Begriff er oder begriff er nicht? Er war ein zum Sterben verurteilter Mann, bereits so gut wie tot.
»Gibt es etwas, was ich für Sie tun kann, Professor?«
In seinen Augen glornm ein Lächeln. Wahrhaftig, er lachte mich aus. Er lachte mich aus wegen meiner Nervosität, meinem Lautsein, meinem nur mühsam verkapptem Entsetzen.
»Wer alles tut, tut nichts«, erwiderte er. »Wer nichts tut, tut alles. Alles, was ich brauche, ist ein ruhiger Raum. Ich spreche mit Captain Romen …«
Die Zirkusnummer nahm kein Ende, nur daß er sie jetzt nicht länger zur Schau betrieb. Der sterbende Artist identifizierte sich mit seiner Nummer.
Ich hörte nicht hin und wandte mich an die Lieutenants: »Unter die Dusche mit ihm und dann in die Reservekammer! Wer von Ihnen ist ausgebildet in Erster Hilfe?«
Lieutenant Levy hob die Hand.
»Ich, Sir.«
Dem alten Mann war nicht mehr zu helfen. Auch ein Arzt hätte nichts mehr für ihn tun können. Im besten Fall blieben ihm noch ein paar Stunden. Uns blieb nur übrig, ihm das Ende leicht zu machen. Ich traf meine Entscheidung.
»Verabreichen Sie ihm Neutralin – in Abständen von jeweils fünfzehn Minuten.«
»Neutralin. Aye, aye, Sir.«
Danach verblieb mir nur noch die Aufgabe, Lieutenant Xuma zu rufen.
Als er sich meldete, gab ich ihm Order, das Hospital zu versiegeln. Mehr ließ sich zur Zeit nicht tun, und selbst auf der Rampe von Las Lunas würde sich der Schaden schwerlich beheben lassen. Der Auftrag der Isolierung erforderte Spezialmaschinen und bis zum Einbrennen eine konstant gehaltene Temperatur von 18 Grad: Voraussetzungen, über die die UGzRR auf ihrem lunaren Pachtgelände nicht verfügte.
Lieutenant Xuma erschien mit Werkzeug und Plombe und machte sich an die Arbeit, und ich ging derweilen die Innenfühler ab und kontrollierte sie auf rem-Werte. Den Konstrukteuren der Henri Dunant gehörte höchstes Lob. Dank ihrer ausgeklügelten Bauweise blieb der Strahleneinbruch auf den Hospital-Sektor beschränkt. In allen anderen Situationen waren die Anzeigen normal.
Bevor ich auf die Brücke zurückkehrte, warf ich noch einen Blick in die Reservekammer, die mit ihren sechs Kojen der Beherbergung etwaiger Raumschiffbrüchiger diente. Darin roch es nach frischer Wäsche und frischer Farbe. Der weiße Anstrich war erst wenige Tage alt.
Neben der Tür lag ein roter Isoliersack mit aufgedrucktem Totenkopf und wartete darauf, über Bord gepumpt zu werden. Darin befand sich der verseuchte Lendenschurz. Vom alten Mann war das Übel abgewaschen worden – mit Ausnahme von dem, was ihm bereits unter der Haut steckte. Wie er da in dem weißen Bett lag, wirkte er sehr alt und sehr zerbrechlich.
Lieutenant O'Brien war damit beschäftigt, mit einem Handfühler den Fußboden nach eingeschleppter Strahlung abzusuchen.
Lieutenant Levy zog die Injektionsspritze auf. Als ich neben ihm stehenblieb, schüttelte er kaum merklich den Kopf.
Dann fiel mir auf, daß der alte Mann mich ansah. Was mich verwirrte, war die völlige Abwesenheit von Furcht in seinem Blick. Der Blick, spürte ich, nahm mich sehr wohl zur Kenntnis, aber zugleich ging er durch mich hindurch und an mir vorbei.
»Wir werden Ihnen jetzt die Schmerzen nehmen, Professor«, sagte ich. »Und wenn wir Glück haben, gibt es auf Stellanorm XIV einen Arzt.«
Seine runzlige Hand gebot mir Einhalt.
»Der Glaube, sagt man, ist der Weg. Der Irrglaube führt den, der ihm folgt,
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