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Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor

Titel: Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Pilotin.
    „Fertig?"
    Captess Kato entriegelte das Handruder. Sie strich sich eine vorwitzige Haarsträhne aus der Stirn und zeigte Brandis das unergründliche Lächeln Asiens.
    „Dem Tapferen wird die Erde überschrieben, Sir."
    Brandis' Blick suchte den Lautsprecher.
    Der Lautsprecher sagte: „Positiv voll plus hundertachtzig. Gemeint ist: Dem Mutigen gehört die Welt! In diesem Sinne: Hals- und Beinbruch, Sir. Positiv voll plus hundertvierundachtzig ... fünfundachtzig sechsundachtzig: JETZT!"
    Jetzt!" sagte auch Brandis.
    Es war, als krachten wir gegen eine Mauer. Krachen? Das Höllische an unserem Abpraller war, daß er sich in völliger Lautlosigkeit vollzog - das Röhren des Triebwerks außer acht gelassen. Die Mauer warf uns zurück: wie einen Tennisball. Captess Kato wurde das Ruder aus der Hand gerissen. Der kontrollierte Sturz ging über in das Rotieren eines tollgewordenen Karussells. Die Stabilisatoren gerieten aus dem Gleichgewicht, das interne Schwerefeld reagierte mit einem ekelhaften Schluckauf Jedesmal, wenn es schluckte, verwandelte sich die Brücke in ein absurdes Aquarium, in dem die absonderlichsten Fische schwammen: alles nämlich, was nicht niet- und nagelfest war. Und jedesmal, wenn das Schwerefeld sich beruhigte, regnete der ganze Fischsalat auf uns herab.
    Ein paar Sekunden später war die Ordnung wiederhergestellt. Captess Kato hatte das Steuer zurückerobert und dem bockenden Schiff ihren Willen aufgezwungen. Sie wandte Brandis ihr atemloses Gesicht zu.
    „Großer Himmel - was war das?"
    Brandis' Kommentar war knapp.
    „Ein Fehler in unserer Rechnung."
    „Mit anderen Worten, Sir, wir versuchen's nicht nochmal?"
    „Nicht auf diese Weise."
    „Gott sei Dank!" Captess Kato beruhigte sich nur langsam.
    „Ich dachte schon: jetzt ist die Heizung abgestellt. Sagt man so?"
    Brandis reagierte nicht. Ein paar Sekunden verstrichen, dann half der Lautsprecher nach.
    „Captess Kato hat gesagt, Sir: Sie habe schon befürchtet, der Ofen sei aus."
    Brandis brach sein nachdenkliches Schweigen. Er holte tief Luft und nickte.
    „Viel hat daran auch nicht gefehlt, Lieutenant. Das Loch ist tiefer, als wir dachten. Frage: Fahrt?"
    „Positiv voll plus drei. Zunehmend."
    Der Abpraller hatte die Eigenfahrt der Henri Dunant nahezu auf Null herabgedrückt, doch nun begannen ZG und Schub sich wieder zu addieren. Brandis drückte die nächste Taste.
    „RC - Brücke. Frage: Haben wir was auf dem Radar."
    Der Lautsprecher bediente sich diesmal der Stimme von Lieutenant O'Brien, um zu antworten.
    „Alles negativ, Sir, kein Echo."
    Brandis schien zu befürchten, daß wir uns der Quelle näherten, dem festen Boden auf dem Grund des Lochs, ohne uns beizeiten davon vergewissern zu können, was uns dort erwartete. Ich dachte an das, was ich über die Schwarzen Löcher wußte. Daß das Radar nicht auf die Quelle ansprach, brauchte nichts zu bedeuten zu haben - angesichts eines vermuteten Körpers, der seine Strahlung auf ein Mindestmaß - vielleicht auf Null - herabgesetzt hatte.
    „Danke, Lieutenant."
    Brandis stand auf, stellte sich hinter das Bikolar und schaltete es ein. Nach einer Weile winkte er mich zu sich heran. Der Blick durch die scharfe Optik machte mich nicht klüger. Ich protestierte.
    „Ich sehe nichts."
    „Richtig", bestätigte Brandis. „ Und jetzt sehen Sie sich das Nichts mal genau an, Martin."
    Ich tat ihm den Gefallen. Ich strengte meine Augen an und sah erneut nichts. Ich sah keine Quelle, ich sah keinen Himmel, ich sah keinen einzigen Stern. Ich sah NICHTS, ÜBERHAUPT NICHTS. Als ich das begriff, überlief es mich kalt. Ich sah ein NICHTS, das alles andere im Raum gleichsam auslöschte.
    Brandis schob mich auf meinen Sitz zurück. „Genug!" sagte er. „Wir drehen."
    Ich erinnere mich daran, daß die Henri Dunant erneut drehte -endlich wieder in die Gegenrichtung -, daß Brandis selbst das Handruder übernahm, das Triebwerk auf volle Leistung brachte, die Bremsdüsen dazuschaltete und - ich erlebte das zum ersten Mal - den für den Notfall gedachten Landefallschirm ausklinkte. Und ich erinnere mich an das ohrenbetäubende Schrillen der Alarmglocken, das jenem schmerzvollen Augenblick vorausging, in dem ich das Bewußtsein verlor.
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    8.
    18.11.2084
    Ich sah ein graues Nichts. Es stand vor einem riesigen Fenster, das zum riesigen Cockpit eines riesigen Schiffes gehörte, und war: denn ich konnte es an seiner Farbe identifizieren; und war auch nicht: denn es setzte meinem Blick keinen

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