Weltraumpartisanen 23: Vargo-Faktor
plötzlich, wie festgehalten, rüttelnd im Wind, geriet außer Kontrolle, legte sich auf die Seite, fiel zurück und kippte um. Nach dem Aufprall begann sie zu brennen.
Eine Minute später ging die Schleuse auf. Man muß Busch zugutehalten, daß er nicht in Panik geriet. Mit kühler Stimme leitete er die Evakuierung. Den Leuten blieb keine andere Wahl als zu springen. Die beiden Krankenschwestern machten den Anfang. Sie standen wieder auf, aber die Blonde hatte sich offenbar den Knöchel verstaucht; die Dunkle mußte sie stützen.
Brandis sagte: „Was stehen Sie hier noch herum, Gentlemen? Sie sehen doch, daß Sie benötigt werden!"
Bald darauf waren alle Insassen der Avanti abgeborgen und wohlbehalten in Sicherheit gebracht. Wir alle hatten mit angefaßt, Brandis an der Spitze. Auch ich hatte mir ein Herz genommen und war eingedrungen in das Inferno aus Flammen, Hitze und Qualm. Unmittelbar vor mir war ein über und über versengter Mensch vom Himmel gefallen - und um ein Haar wäre ich erneut hysterisch geworden. Aber dann sah ich, daß es Mr. Goro war, der von Natur aus schwarzhäutige Paracelsus-Patient, der unter der Einwirkung von zu viel Licht einen seiner Anfälle der Raumblindheit hatte. Ich bekam ihn zu fassen und zerrte ihn hinter mir her an einen sicheren Ort.
Enrico Vargos Schiff blieb sich selbst überlassen.
Man konnte es nur ausbrennen lassen. Aufzeichnungen, Berechnungen, Tabellen, Filme -: alle Ergebnisse dieser letzten Forschungsreise, sah man vom Tagebuch ab, wurden ein Raub der Flammen.
Ich hörte Brandis zu Busch sagen:
„Ich hätte nicht übel Lust, den Paragraphen Dreizehn zu zitieren, um sie vor ein improvisiertes Bordgericht zu stellen, Mr. Busch. Der Himmel weiß, daß Sie das verdient hätten! Zu Ihrem Glück habe ich Wichtigeres zu tun."
Busch machte ein verkniffenes Gesicht und schwieg. Brandis ließ ihn stehen und kam zu mir.
„Haben Sie den Chemiker gesehen?"
„Meloni?"
„Es gibt nur diesen einen."
Ich hatte Meloni zuletzt in der Kiesgrube gesehen, als er sich mit dem Wasser, das darin stand, den Ruß aus dem Gesicht wusch.
Brandis erwiderte: „Kommen Sie mit!"
Meloni war noch unten. Erschöpft saß er auf einem großen Stein und rauchte eine Zigarette, während Schwester Clarissa damit beschäftigt war, die Platzwunde am Hinterkopf zu verarzten, die er sich beim Sprung aus dem brennenden Schiff zugezogen hatte. Er blickte auf, als Brandis ihn ansprach.
„Verstehen Sie etwas von Uranit?"
„Das fällt mehr ins Fach der Physik", erwiderte Meloni. „Warum?"
„Verstehen Sie was davon, Mr. Meloni? Ja oder nein?"
„Im Prinzip schon. Worauf wollen Sie hinaus, Sir?"
Brandis griff in die Tasche, zog Enrico Vargos Tagebuch hervor und schlug es auf.
„Lesen Sie!" sagte er. „Ich wollte es eigentlich heute früh schon mit Ihnen besprechen."
Ich beugte mich vor und las mit. Die eine Eintragung lautete:
Erkenntnis. Noch zu beweisen: Rückstart zur Erde ist jederzeit möglich bei Verwendung hiesiger Energie.
Die zweite Eintragung fand sich auf der gegenüberliegenden Seite.
Habe über die Frage des Rückstarts weiter nachgedacht. Brockstedt sitzt noch über den Tabellen und rechnet. Intuitiv möchte ich sagen, daß die zugetankte hiesige Energie die hierher eingeführte anteilmäßig nicht übersteigen darf. Ansonsten liefe man Gefahr, daß die faktorelle Ausdehnung des Treibstoffs unterwegs außer Kontrolle gerät.
„Die Tabellen haben wir nicht", sagte Brandis, „und wir haben auch keinen Beweis. Bevor Vargo ihn antreten konnte, ging er mit seinen Leuten hier elendig zu Grunde. Mit anderen Worten: Die Beweisführung liegt jetzt bei uns." Brandis Blick ruhte auf dem Chemiker. „Und dazu benötige ich Sie. Wie lange würden Sie zur Herstellung von acht Tonnen Uranit benötigen?"
Meloni sah sich um. „Hier - womit? Man braucht auf jeden Fall eine Anlage. Wenn man die hat, dauert die Herstellung so um die drei Tage."
Brandis nickte. „Dann lassen Sie uns an die Arbeit gehen, Mr. Meloni. Der heutige Tag ist ja noch eingermaßen jung."
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12.
21.11.2084
Sobald sich vor den Fenstern der erste graue Syrup zeigte, begann die Arbeit.
Es war wie ein Aufatmen. Zum ersten Mal, seitdem wir ins Loch gefallen waren, taten wir etwas für unsere Heimkehr, die unselige Avanti-Episode einmal außer acht gelassen. Wir krempelten die Ärmel auf spuckten in die Hände und machten uns ans Werk. Sinnvolle Arbeit war die beste Medizin gegen Verzweiflung. Resignation oder
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