Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall
beim Namen zu nennen. Auch der Vorfall mit dem Elektriker wurde durchgekaut. Es blieb unklar, woher die Medien diese Information bezogen hatten. Professor Jago sprach von schnödem Kollegenverrat.
Damals hatte ich ihn selbst bei passender Gelegenheit auf das absonderliche Verhalten von M 88 angesprochen. Er hatte nur mit den Achseln gezuckt.
„Na schön. Ich stelle nichts in Zweifel. Es hat Sie peinlich berührt. Aber Sie sind nicht der Maßstab.“ Und als ich ihn fragend ansah, fuhr er fort: „Commander, seien Sie kein Narr! Nur ein Narr glaubt an Vollkommenheit. Beim homo sapiens nehmen Sie Fehler in Kauf. Warum dann nicht beim Astraliden? Er ist schließlich auch nur eine Schöpfung - mit tausend Vorzügen und einer Handvoll Schönheitsfehlern.“
Auf die Art und Weise, wie er meine Bedenken zerpflückte, war ich nicht gefaßt gewesen. Seine Selbstsicherheit hätte jedem olympischen Gott zur Ehre gereicht: von Athene bis Zeus. In meinen Augen gab es zu dem Thema noch etliches anzumerken, doch er kam meiner Absicht zuvor.
„Ich weiß, was Sie mir, dem Schöpfer des Astraliden, seinem Gott, um es mal klipp und klar zu sagen, zum Vorwurf machen: daß ich bei allen guten Gaben, mit denen ich ihn ausgestattet habe, die Moral zu kurz kommen ließ.“
Erneut wollte ich einhaken, wieder ließ er mich nicht zu Worte kommen.
„Auch Ihr junger Freund war schon bei mir, ich glaube, sein Name ist Chesterfield. Er hat mich mit Begriffen bombardiert wie Mitleid, Menschlichkeit und immer wieder Moral. Und was ich ihm zur Antwort gegeben habe, sage ich in aller Klarheit jetzt auch Ihnen: Moral ist, was dem Lebenskampf nutzt.“
Zum ersten Mal reute es mich, den Vertrag unterschrieben zu haben.
Auf der Konferenz kam es zu einem weiteren Zusammenstoß.
Die Kampagne, die in der EAAU gegen PANDORA angelaufen war, bildete unausgesprochen den Hintergrund aller Erörterungen. Und daß Professor Jago, dessen Lebenswerk das Projekt Astralid darstellte, damit rasch zu einem Abschluß gelangen wollte, war durchaus menschlich und verständlich.
Die Altersfrage ließ er als Hintergrund nicht gelten. Die Astraliden, führte er an, seien von so hochgradiger Intelligenz, daß er nicht zweifle an ihrem Vermögen, das Problem der biologischen Kurve binnen kurzem auch ohne die Hilfe des homo sapiens zu lösen. Damit mochte er recht haben. Dr. Benzinger stimmte ihm in diesem Punkt vorbehaltlos zu.
Auch ich wurde zur Terminfrage gehört. Professor Jago erkundigte sich nach dem Ausbildungsstand meiner Zöglinge und wollte von mir verbindlich beantwortet wissen, ob die vier Wochen ausreichten, um den Astraliden bis zu ihrer Abnabelung jenes unumgängliche Maß an astronautischem Knowhow zu vermitteln, das ihnen ermöglichen sollte, die erste und kritische Phase der Eigenständigkeit wohlbehalten zu überstehen. In der zweiten Phase, so Professor Jago, würden sie dann mit neuen Erkenntnissen ihre Weiterbildung selbst in die Hand nehmen.
„Das letzte Wort“, sagte Professor Jago, an mich gewandt, „Liegt nun bei Ihnen, Commander. Sie sind der Ausbilder. Frage also auch an Sie: Ist der Termin zu halten?“
Die Antwort konnte ich guten Gewissens geben.
„Er ist zu halten.“
Ich war der Meinung, mich deutlich genug ausgedrückt zu haben, doch Jago gab sich nicht mit der Auskunft zufrieden. Als er den Mund wieder aufmachte, ahnte ich, was nun kommen würde.
„Nicht, daß ich Ihr Wort in Frage stellen möchte, Commander, das liegt mir fern - aber mir ist da etwas zu Ohren gekommen: von heimlich erteilten Nachhilfestunden.“
Auf die Dauer hatte es durchsickern müssen. Auf einer Plattform lebt und arbeitet man auf engstem Raum. Es gibt zu viele Augen, zu viele Ohren. Andererseits wußte Professor Jago offenbar nichts Genaues. Sollte ich Farbe bekennen? Etwas in mir sträubte sich dagegen, in M 87 nur das untaugliche Muster zu sehen. Der Junge war fleißig und willig. Und wenn ich nicht lockerließ in meinen Anstrengungen, würde er es schaffen. Mit meiner Antwort legte ich mich nicht fest.
„Man schwätzt viel, wenn der Tag lang ist, Professor“, gab ich zurück, „besonders auf PANDORA.“
Er ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn meine Auskunft verdroß, doch sein Blick teilte es mir mit.
„Es könnte sein, Commander“, bemerkte er, diesmal sehr deutlich von oben herab, „daß Sie Solidarität üben, wo keine angebracht ist.“ „Nicht angebracht?“
„Nicht angebracht!“ wiederholte er. „Sie sind kein
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