Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall
einen raschen Blick mit M 99. Sie kicherte ein wenig.
„Ich glaube, Sir“, erwiderte sie, „M 99 ist genau so gut.“
11.
An einem dieser Tage geschah es, daß ich unerwarteten Besuch erhielt. Es war spät am Abend, und ich war mit M 87 am Pauken, ohne mich durch den Lärm beirren zu lassen, den die Aufräumarbeiten im Deck über mir verursachten. McBride, wieder auf den Beinen, führte dabei die Aufsicht. Die Nachhilfe trug Früchte. M 87 entwickelte sich mehr und mehr zu einem völlig normalen Schüler, an dem selbst Professor Jago nichts mehr auszusetzen haben dürfte.
Als es an der Tür klopfte, sagte ich nicht gleich ,Herein’, sondern schob zuvor M 87 in den Duschraum. Von dort führte ein Notausgang, der nur von innen zu öffnen war, in eines der Treppenhäuser.
„Hast du alles verstanden?“
M 87 war von meinen Zöglingen der einzige, den ich, sobald wir unter vier Augen waren, duzte. Er strahlte mich an.
„Alles klar, Sir.“
„Dann hau ab! Verschwinde! Bis morgen!“
Als er fort war, ging ich zur Kammertür und machte auf. Vor mir stand der eulengesichtige Leiter der Fachgruppe Biochemie, Dr. Julius Benzinger. Blinzelnd spähte er über meine Schulter.
„Ist er weg ?“
„Wer?“
Dr. Benzinger winkte ab.
„M 87! Mir machen Sie doch nichts vor, Commander. Aber deswegen bin ich nicht hier.“
„Und weswegen dann?“
„Es gibt Dinge, die lassen sich nicht zwischen Tür und Angel bereden, Commander. Ich benötige Ihre Unterstützung.“
Dr. Benzinger schwäbelte sogar, wenn er Metro sprach. Er war ein ruhiger Mann von umgänglichem Wesen und, wie man sich so erzählte, einem guten Tropfen nicht abgeneigt. Dienstlich hatten wir nichts miteinander zu tun. Ich räumte einen Sessel frei, und er ließ sich nieder. Seine dicken Brillengläser glänzten, als sein Blick den meinen suchte.
„Sie stellen keine Fragen, Commander?“
„Ich kann warten.“
Er nickte.
„Schön. Kommen wir gleich zur Sache.“ Er griff in die Tasche, brachte eines der üblichen LT-Kurierpostblätter zum Vorschein und legte es vor mich auf den Tisch. Das Schreiben war gerichtet an die aufsichtführende Kommission. „Die Wahrheit, Sir.“
Ich fühlte mich peinlich berührt. Mit den Querelen der Wissenschaftler wollte ich nichts zu tun haben.
„Welche Wahrheit, Doktor?“
Er beugte sich vor, und nun erst roch ich seine Fahne.
„Über das, was hier so läuft, Commander. Professor Jagos Berichte sind unvollständig und einseitig.“
In der Sprache, in der ich mich auszudrücken gewohnt war, nannte man, was geschah, kurz und bündig Meuterei. Von rechtswegen mußte ich Dr. Benzinger die Tür weisen. Ich wollte es tun - und tat es dann doch nicht, weil es in der schwäbelnden Stimme dieses Mannes etwas gab, was mich zögern ließ: Entschlossenheit und Ernst. Es mochte sein, daß er sich Mut angetrunken hatte, bevor er zu mir kam, aber er war alles andere als betrunken.
„Sie stellen sich gegen Ihren Vorgesetzten“, sagte ich. „Warum?“
Er sah mich an.
„Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf“, erwiderte er, „auch nicht als Wissenschaftler. Das Projekt hätte schon längst abgebrochen werden müssen.“
„Aber Professor Jago ist nicht dieser Ansicht?“
„Er lehnt jede Diskussion darüber ab.“
„Und was habe ich damit zu tun, Doktor?“
Dr. Benzinger deutete auf das Schriftstück, das ich noch nicht angerührt hatte.
„Es ist ein Appell. Ich sammle Unterschriften. Die Ihre, Sir, hätte etliches Gewicht.“
Einen Mann, der im Begriff steht, seine Karriere zu ruinieren, weil er sich der Wahrheit verpflichtet fühlt, stößt man selbst dann nicht gern vor den Kopf, wenn er eine Fahne hat. Ich zog das Schreiben an mich heran und überflog es.
Drei Punkte waren herausgegriffen.
Der tragische Tod des Elektrikers im Zusammenhang mit dem empörenden Benehmen von M 88.
Die unterlassene Hilfeleistung im Fall McBride: einem der unseren.
Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod von M 95: einem der ihren.
Ich blickte auf.
„Ich gebe zu, daß auch ich mir Gedanken mache, Doktor“, sagte ich. „Und deshalb vermisse ich bei Ihrer Art der Darstellung den positiven Gesichtspunkt: die Bergung von M 95. Daß er hernach seinen schweren Verletzungen erlag, kann nun wirklich nicht meinen Schülern angelastet werden.“
Dr. Benzinger wiegte den Kopf.
„Sie lassen sich von diesem Ereignis blenden, Commander!“
„Die Muster haben den Jungen aus dem Feuer geholt!“ beharrte
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